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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Bedeutung«, so darf ich brieflichen
    Mitteilungen entnehmen, »stand Frau von Scharn-
    horst der Gräfin Leo Schlabrendorf nach, aber sie
    war dieser an Gemüt und Zartheit überlegen. Und
    dieser Zartheit unerachtet auch an Originalität . Es war dies der Schlabrendorfsche Zug in ihr, etwas
    Geniales, Sprunghaftes und Blitzendes, das, so ge-
    mildert es auftrat, doch gelegentlich an den exzentri-
    schen Vater erinnerte.

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    Ihrer Liebenswürdigkeit vermochte nicht leicht wer
    zu widerstehn, und Personen gegenüber, zu denen
    sie sich hingezogen fühlte, bezeigte sie sich von ei-
    ner Anmut, von der schwer zu sagen war, ob sie
    mehr aus ihrer Gefühls- oder ihrer Denkart entsproß.
    Sie hatte den ganzen Zauber der Wahrhaftigkeit und
    einer christlich edlen Gesinnung.
    Am ausgesprochensten aber erwies sich ihr Wesen in
    ihrer Pflichterfüllung und Hingebung, die vielfach den
    Charakter absoluter Selbstverleugnung an sich trug.
    Es war ihr Bedürfnis, ihr eignes Glück dem andrer
    zum Opfer zu bringen. Vielleicht (wenn dies je mög-
    lich ist) ging sie hierin um einen Schritt zu weit.«
    Ein andrer Zug ihres Charakters war ihre Gleichgül-
    tigkeit gegen irdischen Besitz, ja fast ihre Verach-
    tung desselben, und noch ihre letzten Lebensjahre
    gaben einen glänzenden Beweis davon. In derselben
    Stunde fast, in der seitens des Herrn von Jagow die
    Kaufsumme für Gröben und Siethen an sie gezahlt
    worden war, erschien ein Anverwandter von ihr, um
    ihr seine Verlegenheiten zu schildern. Verlegenhei-
    ten, die nicht klein waren und ungefähr wenigstens
    an die Höhe der eben empfangenen großen Summe
    heranreichten. Einen Augenblick zögerte sie, weil die
    Plötzlichkeit und Berechnetheit des Überfalls ihr eine
    nur zu begreifliche Mißstimmung bereitete, dann a-
    ber holte sie mit nervöser Hast alle die kaum erst in
    ihren Taschen untergebrachten Päckchen aus eben-
    diesen Taschen wieder hervor und schob sie hastig
    und stoßweise dem fast ebenso verdutzt wie glück-
    selig und verhimmelnd Dastehenden zu, der aus je-

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    der dieser Bewegungen entnehmen mußte, daß sie
    das Geld, aber freilich auch den Empfänger so bald
    wie möglich los zu sein wünsche.
    Hieran knöpf ich noch, was ich den Aufzeichnungen
    einer schon an anderer Stelle zitierten Kaisers-
    werther Schwester entnehmen konnte: »Mit Frau
    von Scharnhorst zu verkehren oder sie zu kennen,
    ohne sie zu lieben, wäre für jeden Menschen unmög-
    lich gewesen. Wenn eins unserer Kinder erkrankte,
    bestand sie darauf, die Nachtwachen mit uns zu tei-
    len. Ein andermal, als Fräulein Johanna noch spät am
    Abend nach einem eine Stunde Wegs entfernten Dor-
    fe gerufen wurde, wollte sie die Tochter bei so später
    Stunde den einsamen Weg nicht machen lassen, und
    als diese hinwiederum nicht abließ, auf die Hilfe hin-
    zuweisen, die zu bringen ihre Pflicht sei, ging die
    Mutter selbst aller Tagesmüdigkeit unerachtet.
    Unter dem vielen, was ihr oblag, war auch das Öko-
    nomische, die gesamte Wirtschaftsführung, und es
    zählte mitunter zu den allerschwierigsten Aufgaben,
    alle Kranken und sonstigen Hausinsassen aus ihrer,
    der Frau von Scharnhorst, Küche mit zu versorgen.
    Als ich dann später selbst das Wirtschaftliche lernte,
    schien es mir mitunter, als verführe sie zu peinlich
    und akkurat und mache mir die Lehrzeit schwerer als
    nötig. Aber später hab ich einsehen gelernt, wie
    dankbar ich ihr gerade für diese strenge Schule zu
    sein hatte.
    Schön war auch das an ihr, daß sie durch Enttäuschungen und Fälle von Vertrauensbruch – immer

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    vorausgesetzt, daß es ein Sachliches war und nicht
    allerunmittelbarst ihre Person traf – in ihrem Allge-
    meinvertrauen nicht erschüttert wurde. Sie beklagte dann wohl das einzelne Vorkommnis, aber ließ es
    keinen Einfluß auf ihre nur auf Trost und Hilfe gerich-
    teten Entschlüsse gewinnen.«
    Selbstverständlich mischten sich auch menschliche
    Schwächen in ihr Tun, und das Nachstehende, das
    mir von andrer Seite her zugeht und ihrem Bildnis ein paar Schattentöne gibt, wird dasselbe nur um so
    sprechender und anziehender machen.
    »Unzweifelhaft, Frau von S. war eine durchaus vor-
    nehme Natur und ausgerüstet mit allen Tugenden
    eines edlen und großmütigen Herzens. Aber eines
    fehlte ihr: die rechte Freudigkeit der Seele, was ich
    doch mehr als einmal als einen wirklichen Mangel
    empfunden habe. Sie stand nicht nur in der Melan-
    cholie, nein, sie pflegte sie direkt, und das alte

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