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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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gestatteten ihm Besuch und Aufenthalt. Um diese Zeit war es auch, daß er, lange vor seinem Hinscheiden, sich einen Sarg anfertigen ließ, den er mit der Standhaftigkeit eines hoffenden Christen zu betrachten liebte. Den 27. März 1682 starb er, seines Alters im zweiundsiebzigsten, und ward einen Monat später, am 27. April, von Küstrin aus nach Friedersdorf in seine Gruft übergeführt. Hans Otto von der Marwitz hat ihm die Standrede, Garnisonprediger Johann Heinrich Grunelius die Leichenrede gehalten.
    Aus seiner Ehe mit der Lucie von Schlieben waren ihm drei Töchter: Maria Elisabeth, Barbara und Lucie Hedwig, geboren worden. Die mittlere (Barbara) starb jung, während sich die älteste mit dem anhalt-zerbstischen Hofmarschall Johann Georg von der Marwitz, die jüngste mit dem brandenburgischen Obersten und Kommandanten von Küstrin, Ulrich von Lüderitz, vermählte.
    Der »alte Paladin« selbst aber muß im Rat und Herzen seines Kurfürsten in hohem und besonderem Ansehn gestanden haben.
    Dennoch gebricht es an Erinnerungsstücken an ihn, auch die Tradition schweigt, und alles, was die Stätte seines Heimganges von ihm aufweist, ist das Schloß, das er sich schuf, und die beiden Bildnisse, die seine Züge der Nachwelt überliefert haben.
     
    Soviel über den »Paladin«. Aber zurücktretend von seinem Bilde, werden wir bei weiterer Umschau gewahr, daß andere jetzt an dieser Stelle zu Hause sind. Den Marwitzen gehört das Feld. Und vor allem auch diese Kirche. Von rechts her Gestalten und Inschriften, die der Epoche vor dem Siebenjährigen Kriege zugehören, von links her die Namen und Bildnisse derer, die seitdem gekommen und gegangen sind.
    Da sind zunächst (zur Rechten) die Bildnisse Hans Georgs und seiner zwei Frauen, Medaillonportraits, deren eines träumerisch und wehmutsvoll aus dem weißen Kopftuche hervorblickt. Da sind, an derselben Stelle, die Monumente seiner beiden Söhne, von denen der eine, voll Eifer für die Wissenschaften, jung und unvermählt verstarb, während der andere (August Gebhard) in die Armee trat und, als Gardecapitain den Dienst quittierend, seine Tage auf Friedersdorf beschloß.
    Von diesem August Gebhard von der Marwitz, dem Urgroßvater des gegenwärtigen Besitzers, existieren noch ein paar Überlieferungen, die hier Platz finden mögen, weil sie ein anschauliches Bild von dem Leben geben, das ein märkischer Edelmann vor den Tagen des Siebenjährigen Krieges zu führen pflegte.
    August Gebhard lebte noch völlig als Patriarch. Die Bauern fürchteten sein grimmiges Ansehen und vermieden ihn lieber, als daß sie ihn suchten. Er war etwa der »Soldatenkönig im kleinen«, und das bekannte »Lieben sollt ihr mich« ward auch hier mit dem spanischen Rohr auf die Rücken geschrieben. Von besonderer Wichtigkeit war der sonntägliche Kirchgang. In vollem Staat gefolgt von Frau und Kindern, erschien dann der alte Gardecapitain auf seinem Chor und teilte seine Aufmerksamkeit zwischen dem Prediger und der Gemeine. Sein kontrollierender Blick war über dem Ganzen. Ein eigens bestallter Kirchenvogt mußte aufmerken, wer von den Bauern ausgeblieben war, von denen jeder, der ohne triftige Ursache fehlte, an seinem Beutel oder seinem Leibe bestraft wurde. Dabei war August Gebhard ein Lebemann. Sein Haus stand gastlich offen, und in heiterer Gesellschaft vergingen die Tage. Man aß von silbernem Geschirr, und eine zahlreiche Dienerschaft wartete auf. Der Sommer gehörte dem Leben auf dem Lande, aber der Winter rief alles nach Berlin. In einem mit sechs Hengsten bespannten Wagen brach man auf, und ein Läufer in voller Livrée lief vor dem Zuge her. Auch in Berlin machte August Gebhard ein Haus; vornehme Gesellschaft ging aus und ein, angezogen durch den feinen und geistreichen Ton seiner zweiten Gemahlin, einer geborenen von der Goltz. Das Weihnachtsfest führte die Familie auf kurze Zeit nach Friedersdorf zurück, bis mit dem herannahenden Karneval der Läufer und die sechs Hengste wieder aus dem Stall mußten.
     
    Das waren die Zeiten August Gebhards. Die kommenden Jahre trugen von allen Seiten her Verwüstung in das Land und zerstörten die Wohlhabenheit, die die gesunde Basis dieses patriarchalischen Lebens war. August Gebhard starb 1753. Er hinterließ drei Söhne, von denen wir jedem einzelnen, statt der Verwirrung stiftenden Vornamen, lieber ein bezeichnendes Beiwort geben wollen. So nennen wir denn den ältesten den Hubertsburg -Marwitz, den zweiten den Hochkirch -Marwitz, den

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