Wanderungen II. Das Oderland.
Jagdschloß zu machen. Im Dezember, bei grauem Himmel, wenn Weg und Steg unter fußhohem Schnee liegen, dann wird es lebendig hier. Aber nur auf Stunden.
Dann, um Mitternacht, mit Peitschenknall und Schellengeläut, jagen Schlitten durch die Straßen der tief stillen Stadt, den Berg hinauf, den Park hindurch, bis vor das verschneite Schloß. Fackeln und Windlichter werfen ihren Schein auf die aussteigenden Gäste – hohe, heitere Gestalten, die den Schnee von ihren Pelzen schütteln. Sie treten auf wie solche, die hier zu Hause sind. Diener mit Taschen und Jagdgerät, mit Büchsensäcken von rotem Juchtenleder fliegen treppauf, alle Fenster werden hell, hinter den herabgelassenen Rouleaux bewegen sich einzelne Schatten, dann wieder wird es stiller, und nur von Zimmer zu Zimmer knarrt noch der Ton, womit der müde Fuß aus dem Stiefel fährt. Noch ein kurzer Befehl, eine »gute Nacht«, und alle Lichter löschen aus.
Eh der Tag graut, ist das Schloß wieder leer. Nur halbverwehte Schlittengeleise und lange Streifen, die die Spitze der Parforcepeitsche durch den Schnee zog, zeigen noch den Weg, den die Gäste auf ihrer Weiterfahrt genommen.
Und das Schloß liegt stiller da wie zuvor.
Alles, was kam und ging, war wie ein Traum.
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Dieser Berg heißt jetzt der » Schloßgartenberg « und ist nicht mit dem »Schloßberg« zu verwechseln, der, halben Weges zwischen Freienwalde und Falkenberg gelegen, die Ruinen der alten Uchtenhagen-Burg auf seiner Kuppe trägt. [Image: Zurück]
Zu einem solchen Erschließen« war auch in Freienwalde, wie überall im Lande, noch vollauf Gelegenheit gegeben. Denn der Sinn für die »schöne Landschaft« ist wie die Landschaftsmalerei von sehr modernem Datum. Namentlich in der Mark. Die eigentliche märkische Bevölkerung hat noch jetzt diesen Sinn beinah gar nicht, wovon sich jeder überzeugen kann, der an hübsch gelegenen Orten einer Vergnügungspartie märkischer Stadt- und Dorfbewohner beiwohnt. Sie sind ganz bei ihrem Vergnügen , aber gar nicht bei der »Landschaft«, der sie in der Regel den Rücken zukehren. Der Berliner »Sommerwohner« ist nicht deshalb so bescheiden in seinen Ansprüchen, weil ihm die märkische Natur nichts bietet, sondern weil es ihm schließlich gar nicht darauf ankommt, ob die Sache so oder so ist. ._.
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4. Der Gesundbrunnen
Hier an der Bergeshalde
Verstummet ganz der Wind –
Die Zweige hängen nieder.
Th. Storm
»Der Freienwalder Gesundbrunnen liegt eine kleine Viertelmeile von der Stadt gen Süden hin, in einem von ziemlich hohen Bergen eingeschlossenen, anmutigen Tal; die Berge sind mit Eichen, Buchen, Fichten, auch niedrigem Baum- und Strauchwerk bewachsen und haben viele gute Kräuter.« So schrieb Thomas Philipp von der Hagen, dem wir die erste Beschreibung Freienwaldes verdanken, vor etwa hundert Jahren, und wir wüßten nicht, was wir an dieser Darstellung zu ändern hätten.
Aber wenn nicht das Brunnental selbst, so hat doch der Weg hinaus seinen Charakter verändert. Was damals eine »Allee« war, ist jetzt eine städtische »Straße« geworden, und hinter den schönen Lindenbäumen, die nach wie vor den Weg einfassen, erheben sich, des Schlosses und Schloßgartens zu geschweigen, allerhand Villen, Hôtels und Gärten, aus denen hervor im Mai die weißen Blüten und im September die roten Äpfel lachen. Der ganze Weg zum Brunnen hinaus der einen oder andern unserer Tiergartenstraßen nicht unähnlich!
Dieselben Hügelreihen, die den Weg zum Brunnen bilden, bilden schließlich auch das Brunnental selbst, das nichts anderes ist als eine etwas erweiterte Talschlucht, ein Kessel, zu dem sich der Weg verhält wie eine schmale Straße zu einem breiten Platz, auf den sie mündet.
Es ist ein Septembernachmittag. An Linden und Sommerhäusern, zuletzt an der reizend gelegenen Pappenmühle vorbei, über deren stillen Teich die Schwäne ziehn, haben wir unsern Gang von der Stadt aus gemacht und unser Ziel: den Gesundbrunnen, erreicht. Die Saison ist schon vorüber; aber die Quellen sprudeln weiter, und die Nachmittagssonne steht ruhig über dem Tal und wärmt mit ihren Strahlen die schon herbstesfrische Luft. Ein Kellner, der die traurige Verpflichtung hat, seine Zeit hier abzuwarten, bis die de facto bereits beendigte Saison auch de jure geschlossen sein wird, begrüßt uns, wie der Gefangene den Schmetterling begrüßt, der an seinem Fenster vorüberfliegt. Wir erschienen ihm wie Boten aus dem Lande seiner Sehnsucht. Jedenfalls
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