Wanderungen II. Das Oderland.
Mann der »großen Carrière« repräsentierte, so repräsentierte dieser den Mann der Anciennität und Subalternität. Freilich war er seinerseits wieder ein subalternes Genie und gehörte jener Klasse von Leuten an, die eine mäßige Begabung glücklich und segensreich für sich und mitunter auch für andere zu benutzen wissen. Ihre Tugenden sind Charaktersache, und ihre Genialität heißt: Abwarten, Ausdauer, Konsequenz.
Im Jahr 1670, fünfunddreißig Jahre alt, war unser Hans Albrecht noch Lieutenant, aber sei es, daß die immer rascher sich folgenden Kriegszüge ihm eine wachsende Gelegenheit boten, sich auszuzeichnen, oder daß das Glück, das ihm bis dahin so wenig hold gewesen war, plötzlich seine Gunst ihm zuwandte, gleichviel, mit fünfunddreißig Jahren noch Lieutenant, war er mit dreiundvierzig Jahren bereits Obrist eines Regiments und wenige Jahre später Generalmajor. 1) Als solcher machte Barfus zwei Türkenzüge mit, den ersten 1683 behufs Entsatzes von Wien, den andern 1686 wegen Eroberung von Ofen. Die Belagerung dieser Festung und den besonders ruhmreichen Anteil unseres Hans Albrecht daran hab ich unter »Tamsel« bereits ausführlicher erzählt. Schöning wird der Ruhm nicht genommen werden können, Brandenburg damals, sowohl durch sein persönliches Auftreten wie durch den Aplomb, mit dem er seine Truppen in den Vordergrund schob, glänzend repräsentiert zu haben, glänzender wahrscheinlich, als es der ihm unterstellte Barfus vermocht hätte; dem letzteren aber bleibt seinerseits das Verdienst, in der Nähe des »Ofens, der sehr heiß war«, am andauerndsten ausgehalten und zweimal allerpersönlichst die Kastanien aus dem Feuer geholt zu haben. Seine Sturmkolonne war es, die, neben der kaiserlichen des Herzogs von Croy, über das Schicksal Budas entschied.
Zwei ruhmreiche Türkenzüge lagen hinter ihm. Aber ein dritter, ruhmreicherer stand ihm bevor. Im Jahre 1691 stieß abermals ein Corps Brandenburger als Auxiliartruppe zu den Kaiserlichen, und am 19. August erfolgte angesichts von Peterwardein die große Türkenschlacht bei Szlankamen. Markgraf Ludwig von Baden führte das christliche Heer. Da Barfus diesen wichtigen Tag zu »Ehren der Christenheit« entschied, so ziemt es sich wohl, bei den Details dieses Tages etwas ausführlicher zu verweilen.
Die Türken, 100 000 Mann stark, hatten eine sehr feste, aber zugleich sehr gefährliche Position eingenommen, eine Position, in der sie siegen oder notwendig zugrunde gehen mußten. Sie standen nämlich mit ihrem Fußvolk, 50 000 Mann, meist Janitscharen, auf den Hügeln an der Donau, den Fluß im Rücken, die Ebene vor sich. Auf dieser Ebene standen andere 50 000 Mann, lauter Reiterei, Spahis. Die Janitscharen führte der Großvezier Köprülü, die Reiterei der Seraskier-Pascha. Die kaiserliche Armee war viel schwächer und betrug im ganzen kaum 50 000 Mann. Den rechten Flügel führte Feldzeugmeister Graf Souches, den linken Feldmarschall Graf Dünnewald, im Zentrum aber befehligte Hans Albrecht von Barfus. Siebzehn Bataillone und einunddreißig Schwadronen standen unter seinem Kommando.
Der Plan des Markgrafen Ludwig war vortrefflich. Graf Dünnewald sollte vom linken Hügel her mit fünfundachtzig Schwadronen die Spahis von der Ebene fortfegen und Graf Souches, in Benutzung dieses Moments, die Hügelposition erstürmen. Aber der große Reiterangriff unterblieb, und so griff denn Graf Souches unter sehr ungünstigen Verhältnissen an. Dreimal vordrängend, ward er dreimal zurückgeschlagen, und schon schickte die ganze türkische Reiterei sich an, die Vernichtung des rechten Flügels vollständig zu machen, als Barfus, mit seinen Bataillonen vorrückend, einfach rechts schwenkte und dadurch eine schützende Mauer zwischen den eben angreifenden Spahis und unsrem fliehenden rechten Flügel aufrichtete. Diese eine Bewegung stellte die Schlacht wieder her.
Aber Barfus sollte nicht nur die schon verlorene Schlacht wiederherstellen, er sollte sie bald darauf auch gewinnen .
Der sieghafte Sturm der Spahis war gehemmt, noch eh er seinen vollen Anlauf hatte nehmen können. Die Schlacht stand. Da endlich kam Graf Dünnewald mit dem linken Flügel heran. Markgraf Ludwig stellte sich selbst sofort an die Spitze der Reiterei und brach jetzt von links her in die Spahis ein, während 6000 Kürassiere, die gesamte Reserve des christlichen Heeres, denselben feindlichen Reiterschwarm in der Front angriffen. Dieser Angriff war unwiderstehlich.
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