Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Die Fortfegung der Spahis, womit die Schlacht hatte beginnen sollen, jetzt war sie vollzogen. Aber kein rechter Flügel existierte mehr, um die Gunst des Moments zu nutzen. Graf Souches selbst lag tot auf der Walstatt.
    Nur das Zentrum stand noch. Barfus erkannte die volle Bedeutung des Augenblicks. Was der rechte Hügel nicht mehr konnte, das konnte das Zentrum. Nur noch das Zentrum. Die Aufgabe jenes war auf dieses übergegangen. Barfus rückte vor, und siegreich, wie vor Buda, stieg er die Höhen hinauf. Ein rasendes Gemetzel begann. Was nicht in Stücke gehauen wurde, warf sich in die Donau und ertrank. Der Großvezier Köprülü, der Stolz und Abgott der Türken, der Janitscharen-Aga, achtzehn Paschas, funfzehn Torbaschis der Janitscharen und 20 000 Gemeine bedeckten das Schlachtfeld. Die Heeresfahne des Großveziers von grüner Farbe mit Gold, 145 Kanonen, die Kriegskasse, 10 000 Zelte etc. waren erbeutet, und wohl mochte Markgraf Ludwig berichten, »daß diese Schlacht die schärfste und blutigste in diesem Säculo gewesen, maßen die Türken wie verzweifelte Leut gefochten und mehr als eine Stunde den Sieg in Händen gehabt hätten«. Der Verlust des Christenheeres betrug 7300 Mann, darunter 1000 Brandenburger.
    Der Sieg bei Szlankamen, seiner allgemeinen Bedeutung zu geschweigen, war auch von einer sonderlichen Bedeutung für das Haus Brandenburg. Markgraf Ludwig schrieb an den Kurfürsten und drückte sich über die Mitwirkung der brandenburgischen Hülfsvölker in folgenden Worten aus: »Ich kann Euer Kurfürstlichen Durchlaucht den außerordentlichen Valor und das gute Benehmen von Dero Generallieutenant Barfus sowie Ihrer braven Truppen nicht genug rühmen, und ihnen allein hat der Kaiser den Sieg und die Vernichtung der Türken zu danken.«
    Eine ähnliche komplimentenreiche Sprache war zwar damals an der Tagesordnung und verfolgte den leicht begreiflichen Zweck, durch freigebig gespendetes Lob die verschiedenen Reichsfürsten und ihre Truppenbefehlshaber bei guter Laune zu erhalten. Im vorliegenden Fall indes drückten diese Worte mehr als ein bloßes Kompliment und in der Tat eine wohlverdiente Anerkennung aus. Dies ergibt sich zum Teil aus der Schlachtbeschreibung selbst, am meisten aber aus der nachfolgenden, überaus gnädigen Haltung des Wiener Hofes. Brandenburg, als es nach der Königswürde zu streben begann, verabsäumte nicht, auf seine siegreiche Mitwirkung am Tage von Szlankamen immer wieder und wieder zurückzukommen, und so mögen denn die Barfuse nicht ganz unrecht haben, wenn sie später noch den stolzen Ausspruch wagten: »ihr Ahnherr, Hans Albrecht, habe, auf dem Felde von Szlankamen, die preußische Königskrone mit erobern helfen«.
    Im Jahre 1692 kehrte Barfus mit seinem Hülfscorps nach Berlin zurück. Hier häuften sich jetzt die Ehren auf seinem Haupt. Ohne hofmännische Schulung, ja vielleicht selbst ohne den Ehrgeiz, sie haben zu wollen , trat er nichtsdestoweniger in das Parteigetriebe des Hofes ein. Was eigenes Verdienst ihm nicht erwarb, erwarb ihm die Coterie, der er angehörte. »Eine Hand wusch die andere« wie nicht zum zweitenmal in unserer Geschichte. Er hielt sich von Anfang an zur »Fraktion Dohna-Dönhoff«, und es gereicht ihm zur Ehre, in einer Zeit voll zynisch egoistischen Undanks in Treue bei der einmal erwählten Partei ausgehalten zu haben. Es kam freilich hinzu, daß er seit 1693 mit Gräfin Eleonore von Dönhoff vermählt und dadurch an die Interessen dieser Familie gefesselt war. 1695, ohne daß inzwischen neue Kriegstaten ihm neuen Kriegsruhm erworben hätten, ward er Feldmarschall-Lieutenant und das Jahr darauf Feldmarschall . Wie sein Rang und sein Ansehen, so wuchs sein Vermögen. Er erstand die Quittainenschen Güter in Ostpreußen, die bis dahin dem Feldmarschall Derfflinger gehört hatten, und endlich auch »Schloß Kossenblatt an der Spree«, seinen Lieblingsbesitz, von dem wir in dem nächsten Kapitel ausführlicher zu sprechen haben werden.
    Aber erst das Jahr 1697 bezeichnet den Höhenpunkt seines Ruhms. Im November dieses Jahres ward Eberhard von Danckelmann, der bis dahin allmächtig geglaubte Minister, durch die Dohna-Dönhoffsche Fraktion gestürzt, und unserem Hans Albrecht fiel der Gewinn eines Spieles zu, daran sein persönlicher Einsatz, aller Wahrscheinlichkeit nach, ein nur geringer gewesen war. Seine Hand war zu schwer zur Einfädelung einer Intrigue. Er gab das Gewicht seines Namens her und ließ dann die andern

Weitere Kostenlose Bücher