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Wanderungen II. Das Oderland.

Wanderungen II. Das Oderland.

Titel: Wanderungen II. Das Oderland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Lockspeise sein. Schwärme von wilden Gänsen bedeckten im Frühjahr die Gewässer, ebenso Tausende von Enten, unter welchen letzteren sich vorzugsweise die Löffelente, die Quackente und die Krickente befanden. Zuweilen wurden in einer Nacht so viele erlegt, daß man ganze Kahnladungen voll nach Hause brachte. Wasserhühner verschiedener Art, besonders das Bleßhuhn, Schwäne und mancherlei andre Schwimmvögel belebten die tieferen Gewässer, während in den Sümpfen Reiher, Kraniche, Rohrdommeln, Störche und Kiebitze in ungeheurer Zahl fischten und Jagd machten. Im Dorfe Letschin trug jedes Haus drei, auch vier Storchnester. Rings um das Bruch und in den Gebüschen und Horsten im Innern desselben fand man Trappen, Schnepfen, Ortolane und andre zum Teil selten gewordene Vögel; über dem allem aber schwebte, an stillen Sommerabenden, ein unermeßlicher Mückenschwarm , der besonders die Gegenden von Freienwalde und Küstrin in Verruf brachte. »Sie schwärmten« – so erzählt Bekmann – »in solcher Menge, daß man in der Luft dicke Säulen von Mücken beobachtete, und gaben ein solches Getöse von sich, daß es, wenn man nicht scharf darauf achtete, klang, als würden in der Ferne die Trommeln gerührt.« Biber und Fischottern bauten sich zahlreich an den Ufern an, und wurden die ersteren als große Zerstörer der später errichteten Dämme, die anderen als große Fischverzehrer fleißig gejagt. Jeder konnte auf sie Jagd machen, wodurch sie gänzlich ausgerottet wurden.
    Die Vegetation stand natürlich mit dem ganzen Charakter dieser Gegenden in Einklang: Alle Wasser- und Sumpfpflanzen kamen reichlich vor, breite Gürtel von Schilf und Rohr faßten die Ränder ein, und Eichen und Elsen überragten das Ganze.
    Im Spätsommer, wenn sich die Wasser endlich verlaufen hatten, traten für den Rest des Jahres fruchtbare Wiesen zutage, und diese Wiesen, die ein vortreffliches Futter gaben, sicherten, nebst dem Fischreichtum dieser Gegenden, den Bewohnern des Bruchs ihre Existenz. Darüber hinaus ging es nicht, vielleicht deshalb nicht, weil der enorme Reichtum an Fischen und Heu beides halb wertlos machte.
    Einzelne benachbarte Kavallerieregimenter zogen um die Mitte des vorigen Jahrhunderts von diesem Heureichtum mehr Vorteil als die Bruchbewohner selbst. Es war damals noch im Schwange, daß die Eskadronchefs selber für die Unterhaltung der Pferde Sorge tragen mußten. Daher bestrebten sich viele der in den Nachbarstädten, auch in der Residenz selbst garnisonierenden Rittmeister respektive Obristwachtmeister, ihre Pferde in den Bruchdörfern auf Grasung zu geben. Zu dem Ende wurden dieselben auf Flößen und zusammengebundenen Kähnen übergeführt. Hauptsächlich waren es drei Regimenter, die Nutzen davon zogen, nämlich das Zietensche, später Göckingksche Husarenregiment sowie die Gensdarmes und die Pfalzbayern-Dragoner. Zuweilen lag in einem Dorfe eine ganze Eskadron. Doch hatten die Dorfbewohner, wie schon angedeutet, wenig Vorteil von solcher Einquartierung, da monatlich im Durchschnitt nur ein Taler Futtergeld pro Pferd gezahlt wurde.
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    Die Bewohner des Oderbruchs sind auch an Kraft und Mut – manches andere fehlt freilich noch – den Dithmarschen verwandt. Mit dem Bewußtsein hiervon geht wie gewöhnlich viel Übermut Hand in Hand, und die Brücher, zumal auf den Kantonversammlungen, lieben es, die »hungrigen Kerle von der Höhe« zu tyrannisieren. Einer (ein Angermünder Postillon), der mir davon erzählte und seinerseits unter dieser Tyrannei gelitten haben mochte, fügte hinzu: »Es wäre mitunter nicht auszuhalten, wenn nicht die Uckermärker wären. Die aber brächten alles wieder zurechte .« [Image: Zurück]
 
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