Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
geschrieben steht ( sola scriptura ), gilt.
1524/1526
CUIUS REGIO, EIUS RELIGIO Seit 1522 wurde die Reformation zu einer Volksbewegung. Luther kehrte nach Wittenberg zurück, reformierte die Gottesdienstordnung und versuchte, Tumulte und Exzesse wie den Bildersturm zu mäßigen. In Sachsen verließen Mönche und Nonnen die Klöster. Luther heiratete 1525 Katharina von Bora, eine ehemalige Nonne.
Die Bauern interpretierten die lutherische »Freiheit« in ihrem Sinn und rebellierten gegen Willkür, Zwang und Abgaben der Standesherren und »Pfaffen« – auch Kirche und Klöster waren große Grundbesitzer. Die sozialen Unruhen gingen vom Bodenseegebiet aus und verbreiteten sich bis nach Thüringen. Ein primitiv ausgerüstetes Bauernheer wurde dort 1525 in der Nähe des Kyffhäusers aufgerieben. Nahezu 100000 Bauern kamen bei der Niederschlagung der Aufstände ums Leben.
Das Ende der Bauernunruhen war ein Erfolg für die Fürsten. Diejenigen unter ihnen, die der Reformation anhingen, wollten die Reichsacht gegen Luther weiterhin nicht vollziehen, allen voran der Kurfürst von Sachsen. Auf einem Reichstag in Nürnberg 1524 entstand die Idee, dass jeder Landesherr für sein Territorium ( regio ) entscheiden solle, welche Religion dort gelte: Cuius regio, eius religio . Diese Kompromissformel wurde 1526 auf dem Reichstag in Speyer verabschiedet und 1555 Grundlage für den Augsburger Religionsfrieden.
1529
PROTESTANTEN Karl V., der auf diesem und dem nachfolgenden Reichstag nicht anwesend war, akzeptierte die Formel nicht und hob den Beschluss wieder auf. Sein Bruder Ferdinand, der ihn vertrat, forderte beim zweiten Speyerer Reichstag 1529 nochmals den Vollzug der Acht gegen Luther. Die Mehrheit billigte Karls Entscheidung am 19. April. Daraufhin verließen die evangelischen Reichsstände den Saal. Das waren sechs Fürsten (Sachsen, Ansbach, Hessen, Anhalt, Lüneburg und Braunschweig) sowie 14 Reichsstädte (überwiegend aus dem deutschen Südwesten). Am 20. April überreichten sie eine »Protestationsschrift«. So wurden die Anhänger der reformatorischen Bewegung »Protestanten«.
1530/1555
AUGSBURGER BEKENNTNIS UND AUGSBURGER RELIGIONSFRIEDE Waren bisher Worms und Speyer die Hauptschauplätze der Auseinandersetzungen zwischen Kaiser und Fürsten, so wurde nun Augsburg zweimal der maßgebliche Tagungsort.
Für den Reichstag von 1530 verfasste Philipp Melanchthon (1497–1560) im Auftrag von Kurfürst Johann von Sachsen das »Augsburger Bekenntnis«, in dem er die reformatorische Lehre darlegte. Luther billigte Melanchthons Erklärung, und die meisten protestantischen Reichsstände bekannten sich dazu. Kaiser Karl V. war dieses Mal anwesend, nahm die Confessio Augustana immerhin zur Kenntnis, bestätigte dann aber das Wormser Edikt von 1521, mit dem Luther zum Ketzer erklärt worden war. Dem wollten sich die protestantischen Fürsten und Reichsstädte nun nicht unterwerfen und schlossen sich 1531 zum Schmalkaldischen Bund zusammen. Dieser wurde in den Dreißigerjahren des Jahrhunderts sehr mächtig, und die Protestanten konsolidierten ihre Positionen. Doch die entscheidende militärische Auseinandersetzung gewann Karl V. 1547 in der Schlacht bei Mühlberg an der Elbe. Es war der erste Religionskrieg in Europa zwischen Protestanten und Katholiken.
Trotz des Sieges bei Mühlberg änderten sich bald darauf die deutschen Machtverhältnisse. Karl V. wollte seinen Sohn Philipp II. von Spanien als deutschen Kaiser durchsetzen, das wollten nun viele deutsche Fürsten nicht und wechselten die Seite. Karls Bruder Ferdinand handelte 1555 wiederum in Augsburg den Kompromiss auf der Grundlage des Cuius regio, eius religio aus. Sie erlaubte dem Landesherrn – nicht seinen Untertanen – die Religion zu wählen und eigene Landeskirchen zu errichten. Mit diesem Reichsgrundgesetz wurde das Prinzip der Religionsfreiheit in Europa sozusagen verfassungsrechtlich anerkannt, auch wenn es nicht die individuelle Religionsfreiheit im modernen Sinn war. Außerdem wurden dadurch die protestantischen Reichsstände als gleichberechtigt anerkannt. Durch den Augsburger Friedensschluss wurde einerseits die konfessionelle Spaltung Deutschlands besiegelt, andererseits die Einheit des Reiches gewahrt. Der Erfolg der Reformation war auch »außenpolitisch« bedingt. Die beiden Habsburger waren zu stark in Konflikten außerhalb des Reiches involviert: Karl V. in seinen Auseinandersetzungen mit Franz I. und Ferdinand mit den
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