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Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)

Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)

Titel: Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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zu können.
    Karl ist spanischer König, Herr über den riesigen habsburgischen Hausbesitz und der mächtigste Mann in Europa. Seine Herrschaft hätte im Umfeld der italienischen und europäischen Renaissance sowie des kolonial sensationell expandierenden Spanien äußerst glanzvoll sein können – hätte es nicht in Deutschland die Reformation gegeben.
    1517
    THESENANSCHLAG     Nach ihrer Lehre gewährt die Kirche im Namen Jesu Christi dem bußfertigen Gläubigen den Nachlass irdischer Sünden. Zeichen der Reue kann auch eine Geldspende sein. Im Spätmittelalter hatte die Kirche den Wert solcher Geldbußen als Finanzierungsinstrument entdeckt und verbriefte sie quasi als Wertpapiere: Die Ablassbriefe wurden gegen klingende Münze verkauft. Während der Hochrenaissance wurde dieser Geschäftszweig unter dem Prunk liebenden Papst Leo X. Medici auf die Spitze getrieben.
    Der aggressivste Ablasshändler in Deutschland war Johann Tetzel (ca. 1465–1519), sein Werbeslogan: »Sobald der Gulden im Becken klingt, im hui die Seel im Himmel springt«. 1516 bekam Martin Luther die von Tetzels Auftraggeber verfasste »Instruktion« zu Gesicht, wonach die eine Hälfte der Einnahmen für die Finanzierung des Neubaus von St. Peter in Rom, die andere für die Tilgung der Schulden gedacht war, die Kardinal Albrecht bei den Fuggern hatte. (Der Hohenzollern-Spross Albrecht hatte sich von dem Geld sowohl den Erzbischofsstuhl von Magdeburg 1513 wie den von Mainz 1514 erkauft.)
    Über diese »Instruktion« war der Wittenberger Universitätsprofessor Luther zutiefst empört und wollte eine akademische Disputatio über den Ablasshandel in Gang bringen. Ob der damals 34-Jährige dann am 31. Oktober 1517 tatsächlich 95 Thesen per Anschlag an dem Portal der Schlosskirche in Wittenberg bekannt machte oder nur Handzettel verteilte, ist historisch nicht verbürgt.
    Inhalt der »Thesen« sind 95 auf Latein geschriebene Sätze, in denen Luther seinen Standpunkt für die Disputatio begründet. Seiner Auffassung nach hat »jeder Christ, der wirklich bereut, Anspruch auf völligen Erlass von Strafe und Schuld, auch ohne Ablassbrief« und er stellt fest, dass »ein Großteil des Volkes durch jenes in Bausch und Bogen und großsprecherisch gegebene Versprechen des Straferlasses getäuscht wird«. Die Resonanz war ungeheuer und hält in ihren weltgeschichtlichen Konsequenzen bis heute an. Zuerst natürlich in Deutschland verwandelte sich Luthers Auffassung zur Buße in Verbindung mit seiner Gnadenlehre zur theologischen Grundlage der Reformation. Auf der politischen Ebene verquickten sich religiöse Motive mit handfesten Machtinteressen – meist im Sinne des Unabhängigkeitsstrebens der Fürsten.
    1521
    HIER STEHE ICH, ICH KANN NICHT ANDERS     Kardinal Albrecht zeigte Luther umgehend in Rom an. Doch Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen hielt seine schützende Hand über den Reformator. Dieser vollzog 1521 mit der öffentlichen Verbrennung der päpstlichen Bulle in Wittenberg, welche seine Thesen verdammte, den Bruch mit Rom. Luther wurde exkommuniziert. Die gesamte Reichsleitung war inzwischen involviert. Auf einem Reichstag in Worms Mitte April 1521 in Anwesenheit des frisch gewählten Kaisers Karl V. lehnte Luther die Forderung nach einem Widerruf in einer auf Latein gehaltenen Ansprache sinngemäß mit den legendären Worten ab: Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Vor dem Vollzug der daraufhin ausgesprochenen Reichsacht bewahrte ihn Kurfürst Friedrich, indem er Luther in einer Nacht-und-Nebel-Aktion auf die Wartburg bringen ließ.
    Auf der Wartburg entstand im Herbst 1521 innerhalb von knapp drei Monaten Luthers Übersetzung des Neuen Testaments direkt aus dem Griechischen, also nicht, wie frühere Bibelübersetzungen, aus der lateinischen Bibelausgabe, der Vulgata. Der sprachmächtige Luther fand einen neuen, volksnahen Ton. Durch die enorme Verbreitung seiner Übersetzung wurde die Lutherbibel zu einer der maßgeblichen Grundlagen des Neuhochdeutschen.
    In Luthers theologischer Auffassung spielt gerade im Zusammenhang mit der Frage der Buße die Gewissensfreiheit eine zentrale Rolle. Wenn dem Menschen Gottes Gnade persönlich zuteil wird, ohne Vermittlung der Kirche, dann muss er sich mit seinem Gewissen persönlich vor Gott verantwortenund persönlich Gottes Willen erforschen. Das kann er nur, wenn er Gottes Wort persönlich kennt. Jeder Gläubige soll in der Lage sein, die Bibel zu lesen, und nur das, was in der Bibel

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