Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
seine Ansichten über Kirchen- und Glaubenszucht in Genf mit fanatischer Härte durch. In seinem Eiferertum und der unnachgiebigen Strenge stand Calvin seinem Zeitgenossen und indirekten katholischen Widersacher Ignatius von Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens, in nichts nach.
Calvins dauerhafteste institutionelle Leistung war 1559 die Gründung der Genfer Hochschule, an der Generationen von protestantischen Theologen und deutschen Fürstensöhnen ausgebildet wurden. Hauptsächlich wegen dieser Akademie und weil in der Stadtrepublik ein besonders strenger protestantischer Geist vorherrschte, wurde Genf als das »protestantische Rom« apostrophiert.
1572
BARTHOLOMÄUSNACHT Als Calvin um 1525 in Paris studierte, war der französische Protestantismus eher eine Art Untergrundbewegung. Franz I. unterdrückte die Hugenotten aus Rücksicht auf den Papst, den er wegen der Auseinandersetzungen mit Karl V. nicht verärgern wollte. Franz I. starb 1547. Sein Sohn Heinrich II. heiratete Katharina von Medici (1519–1589).Nach dessen qualvollem Tod durch einen Lanzensplitter im Auge lenkte Katharina als Königinmutter für ihre drei regierungsschwachen Söhne die französische Politik. Die Protestanten wurden weiter verfolgt, und seit 1562 kam es zu drei französischen Hugenottenkriegen. Auch in Frankreich waren die Religionskriege ein Machtkampf zwischen Krone und Adel bis aufs Blut. In Frankreich griff die mächtige lothringische Herzogsfamilie Guise mit ihren Verbündeten gegen die schwachen Valois nach der Krone. Die Guise waren die Anführer der katholischen Fraktion und bekriegten die Hugenotten zehn Jahre lang in einem komplizierten Wechselspiel von Feldzügen, Gemetzeln, Attentaten und kurzlebigen Friedensschlüssen. Katharina von Medici lavierte zwischen den Parteien.
Oberhaupt der Hugenotten war neben dem Kriegshelden Admiral Coligny der junge protestantische König Heinrich aus dem südfranzösischen Navarra (Regierungszeit 1589–1610). Nach zehnjährigem Bürgerkrieg sollten die unhaltbaren Zustände in Frankreich beendet werden. Die Vermählung des neunzehnjährigen Heinrichs mit der Valois-Prinzessin Margarete, der Schwester des französischen Königs, sollte Ausdruck der nationalen Versöhnung sein.
Anlässlich der Hochzeit von Heinrich und Margarete am 18. August 1572 in der Kathedrale von Notre-Dame waren Tausende von Protestanten nach Paris gekommen. Die Feierlichkeiten dauerten tagelang. Im Einverständnis zwischen den Guise und Katharina von Medici wurden in der Nacht zum 24. August 1572 Coligny und die Hugenottenführer sowie rund 3000 Protestanten in Paris und anschließend Tausende weiterer Hugenotten in ganz Frankreich ermordet. Hier entlud sich nach Jahren höchster innenpolitischer Anspannung die Wut gegen die Protestanten. Heinrich von Navarra entkam dem Gemetzel nur mit knapper Not. Der 24. August ist nach dem Heiligenkalender dem heiligen Bartholomäus geweiht.
1593
PARIS IST EINE MESSE WERT Solange der letzte Sohn der Katharina von Medici, König Heinrich III., noch lebte, setzten sich die Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken fort. Sie waren immer durch massive Einflussnahme von außen begleitet. Die Katholiken wurden natürlich von Philipp II. von Spanien unterstützt, die Protestanten – ebenso natürlich – von Königin Elisabeth I. von England. Insofern waren die Hugenottenkriege auch ein europäischer Religionskrieg und ein Machtkampf um Einflusszonen.
Am 1. August 1589 wurde Heinrich III., der letzte Valois, ermordet. Heinrich von Navarra wurde als Heinrich IV. sein Nachfolger und konvertierte 1593 zum Katholizismus. Sein persönlicher Verzicht auf das protestantische Bekenntnis, das ihm stets als politische Klugheit angerechnet worden ist, kommentierte er angeblich mit dem berühmten Satz: Paris vaut bien une messe. »Paris ist eine Messe wert.« Durch sein Toleranzedikt von Nantes 1598 sicherte er den Hugenotten die freie Religionsausübung. In Deutschland ist er als Henri Quatre durch den Romanzyklus von Heinrich Mann bekannt.
Was danach geschah : Heinrich IV. war der erste Bourbone auf dem französischen Thron. Diese Dynastie regierte Frankreich fast 200 Jahre lang bis zur Revolution. 1599 annullierte der Papst die Ehe mit Margarete von Valois, und Heinrich heiratete Maria von Medici. 1610 wurde er von einem Attentäter in Paris ermordet. Maria übernahm als Königinmutter die Regentschaft für den neunjährigen Thronfolger Ludwig
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