Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
düsteren Kammern des »Verborgenen« Amun muteten die Tempel des Re oder Aton licht und luftig an.
Die Bevorzugung des Sonnenkultes, des Aton-Kultes, war schon von Echnatons Vater und Großvater vorbereitet worden, auch als ein politisches Gegengewicht gegen die Amun-Priesterschaft in Theben. Unter ihnen wurde Aton noch in Menschengestalt mit Falkenkopf, manchmal hinterfangen von einer Sonnenscheibe dargestellt. In der Amarna-Kunst war Aton dann die reine Sonnenscheibe, ein abstraktes Symbol. Das lässt auf eine spirituelle Vertiefung des religiösen Denkens schließen, die mit dem Pharao Echnaton persönlich in Verbindung gebracht wird. Die »gestaltlosen« Ausdrucksformen der Aton-Religion verweisen auf die intellektuell anspruchsvolle Verehrung eines einzigen göttlichen Grundprinzips wie in der strukturell ähnlichen Jahwe-Religion, die etwa gleichzeitig entstand.
In der Amarna-Zeit waren die traditionellen Kulte keineswegs verboten, sie wurden nur nicht mehr am Pharaonen-Hof bevorzugt. Das ägyptische Volk aber konnte dem Pharao auf seinen spirituellen Höhenflügen nicht folgen, sondern tanzte weiter lieber um seine goldenen Kälber, Stiere, Widder und Schakale. Umstritten ist, ob Echnaton als »Ketzerkönig« jene Andersgläubigen verfolgen und die Tempel schließen ließ.
NOFRETETE IN AMARNA Echnaton strebte nicht nur einen neuen Kult, sondern eine umfassende Reichsreform an, bei der der Erbadel zugunsten eines Dienstadels entmachtet werden sollte. Um dem Einfluss Thebens zu entgehen, ließ er in wenigen Jahren Bauzeit eine riesige Residenzstadt aus dem Wüstenboden stampfen. Amarna, heute: Tell-el-Amarna, lag auf halbem Weg zwischen Theben und Memphis. Die Stadt hieß eigentlich Achet-Aton (»Horizont des Aton«).
Die Amarna-Kunst von Achet-Aton ist weniger statisch-idealisierend als die sonstige ägyptische Kunst. Berühmte Reliefs zeigen das Pharaonenpaar in hauchdünne Gewänder gehüllt beim Spiel mit den eigenen Kindern. Echnatons Gattin Nofretete (»die Schöne ist gekommen«) spielte eine herausragende Rolle in der Regentschaft.
Nofretetes Kalksteinbüste wird in Berlin aufbewahrt, seit kurzer Zeit im wiederaufgebauten Neuen Museum. Gefunden wurde die Büste 1912 bei Ausgrabungen der Deutschen Orient-Gesellschaft im Schutt eines Lehmziegelhauses in Amarna. Nicht zuletzt wegen dieser Büste ist Nofretete eine der berühmtesten Frauen der Weltgeschichte – und eine der schönsten.
Was danach geschah : Nach dem Ende der Herrschaft Echnatons und Nofretetes übernahm die Amun-Priesterschaft wieder das Regiment und verlegte die Hauptstadt zurück nach Theben. Jegliche Erinnerung an Echnaton wurdegetilgt, sein Name in Inschriften gelöscht. Trotz dieser Zerstörungen ist Amarna heute eine der besterhaltenen altägyptischen Städte, eben weil sie in Vergessenheit geriet. Sie wurde erst durch die napoleonischen Truppen wiederentdeckt.
1333–1323 v. Chr.
TUTENCHAMUN Unter Echnatons Sohn Tutenchamun (er regierte 1333 bis 1323 v. Chr.) wurde der traditionelle Reichskult des Amun-Re umgehend wiederhergestellt. Sein Name bedeutet: »Lebendes Abbild des Amun«. Eine archäologische Sensation – die Auffindung seines beinahe unversehrten Grabes 1922 durch Howard Carter – machte den eigentlich unbedeutenden, jung verstorbenen König zu einer der berühmtesten Gestalten der ägyptischen Geschichte. Kurz nach Tutenchamun endete die 18. Dynastie.
ab 1300 v. Chr.
RAMSESSIDEN Mit Ramses I. beginnt um 1300 v. Chr. die 19. Dynastie und damit der letzte Höhepunkt des pharaonischen Ägypten. Die meisten Pharaonen tragen nun den Namen Ramses, ägyptisch Ramesesu (»Re hat ihn geboren«). Innenpolitisch sind Ramses I. und Sethos I. vor allem noch damit beschäftigt, die Erinnerung an Echnaton auszulöschen. In die Herrschaftszeit von Sethos I. fällt der Bau der großen Säulenhalle im Tempel von Karnak und sein gewaltiger Totentempel in Abydos. Sethos war der Vater von Ramses II. Etwa die Hälfte aller erhaltenen altägyptischen Bauwerke stammt aus der Zeit dieser beiden Pharaonen.
Ramses II.herrschte ungefähr von 1290 bis 1220 v. Chr. Gleich zu Beginn seiner langen Regierungszeit bestritt er um 1275 v. Chr. die Schlacht von Kadesch gegen die Hethiter, in der die Ägypter nur knapp einer Niederlage entgingen. Daraufhin schwenkte Ramses bewusst auf eine Friedenspolitik ein und ließ auf allen größeren Tempeln Darstellungen anbringen, wie er die übermächtigen Feinde besiegte.
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