War against people
sollten
eine »exzessive« industrielle Entwicklung, die den US-Interessen ins Gehege kommen könnte,
vermeiden und ihre Wirtschaft statt dessen »komplementär entwickeln«. So konnte Brasilien
billigen Stahl produzieren, an dem die US-Konzerne nicht interessiert waren. Hauptsächlich
ging es darum, unsere Ressourcen zu schützen, wie George Kennan es formulierte, auch
wenn zu dem Zweck »Polizeistaaten« notwendig waren.
Aber bei dem Versuch, die Charta durchzusetzen, stieß Washington auf Gegenwehr. Interne
Erklärungsversuche des Außenministeriums liefen darauf hinaus, daß die lateinamerikanischen
Staaten »die falschen Entscheidungen treffen«. Sie wollten eine »Politik der breiteren Streuung
des Reichtums und der Anhebung des Lebensstandards der Massen« und waren davon überzeugt,
daß »die ersten Nutznießer der Ressourcenentwicklung eines Landes die Einwohner dieses
Landes« sein sollten, nicht aber US-Investoren. Das geht natürlich nicht, und darum darf es
keine Souveränität geben. Freiheit können sie haben sofern sie die richtige Entscheidung
treffen. 10
Das gleiche Ziel verfolgen Handelsabkommen wie etwa NAFTA. Bei seiner Ratifizierung
ließ die Propaganda zunächst verlauten, es werde der arbeitenden Bevölkerung in allen drei
daran beteiligten Ländern Kanada, USA, Mexiko - entscheidende Vorteile bringen. Kurz
danach, als die Tatsachen auf den Tisch kamen, war davon keine Rede mehr, und das längst
Offensichtliche wurde dann auch öffentlich eingeräumt. Das Ziel von NAFTA bestand darin,
Mexiko auf die Reformen der achtziger Jahre »festzunageln«, als die Löhne fielen, während
die Reichen und ausländische Investoren große Gewinne machten. Die Besorgnisse wurden
auf einer Konferenz über Entwicklungsstrategien in Lateinamerika geäußert, die 1990 in
Washington stattfand. »Eine »demokratische Öffnung« in Mexiko«, so hieß es warnend, »könnte
die besonderen Beziehungen auf die Probe stellen, indem sie eine Regierung ins Amt bringt,
die aus wirtschaftlichen und nationalistischen Gründen eher daran interessiert ist, die USA
herauszufordern.« Ähnliche Befürchtungen wurden schon 1945 und seitdem wiederholt laut,
aber jetzt ist Mexiko ja zum Glück an das NAFTA-Abkommen gebunden. Diese Befürchtungen
haben auch ein halbes Jahrhundert lang für Terror und Folter gesorgt - nicht nur in der
westlichen Hemisphäre. Und sie liegen den Abkommen über die Rechte von Investoren
zugrunde, die jetzt in einer durch die enge Zusammenarbeit von Staat und Konzernen geprägten
Globalisierungsphase durchgesetzt werden. 11
Der Aufstieg der Konzerne
Kehren wir zu unserem Ausgangspunkt zurück: zu den umstrittenen Fragen von Recht und
Freiheit, also der substantiellen Souveränität. Kommen Rechte und Freiheiten Personen von
Fleisch und Blut zu oder nur den Bereichen, wo Reichtum und Privilegien zu Hause sind?
Oder nur abstrakten Konstruktionen wie Konzernen, Staaten oder dem Kapital? Die
Vorstellung, daß solche Gebilde umfassendere Rechte haben als konkrete Personen, ist im
20. Jahrhundert mit Vehemenz vertreten worden. Die prägnantesten Beispiele sind
Bolschewismus, Faschismus und Privatkonzerne, die eine Form privatisierter Tyrannei
darstellen. Zwei von diesen Systemen sind zusammengebrochen, das dritte lebt und gedeiht
unter dem Banner der Alternativlosigkeit - Es gibt keine Alternative zu dem System eines
von Staat und Konzernen betriebenen Merkantilismus, das sich hinter Zauberformeln wie
»Globalisierung« oder »Freihandel« versteckt.
Ein Jahrhundert früher, als die Konzerne sich in den Vereinigten Staaten zu entwickeln
begannen, wurde die Diskussion darüber mit relativ großer Offenheit geführt. Viele
Konservative verurteilten diese Entwicklung und sprachen von einer »Rückkehr zum
Feudalismus« oder einer »Form von Kommunismus«, was keine völlig unangemessene
Analogie darstellt. Vertreter eines Neo-Hegelianismus waren der Ansicht, daß auch organische
Gebilde Rechte besäßen und daß chaotische Systeme - wie die unkontrollierbaren Märkte
zentral gesteuert werden müßten. Ich möchte daran erinnern, daß im heutigen sogenannten
»Freihandel« ein ziemlich großer Bestandteil, vielleicht 70 Prozent, der grenzüberschreitenden
Transaktionen (die zu Unrecht »Handel« genannt werden) tatsächlich innerhalb von zentral
gesteuerten Institutionen ablaufen, in Konzernen und Konzernverbindungen, sofern wir
Outsourcing und andere
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