War against people
Arbeiterpresse, die von jungen Bäuerinnen und städtischen
Proletariern betrieben wurde. Sie verurteilten die mit dem sich formierenden Industriesystem
einhergehende »Degradierung und Unterordnung«, die die Leute zwang, sich um des
Überlebens willen zu verkaufen. Man sollte sich, auch wenn es schwerfällt, daran erinnern,
daß Lohnarbeit damals als eine Form von Leibeigenschaft betrachtet wurde. Diese Ansicht
vertraten nicht nur die Arbeiter in den Fabriken, sondern auch die Gebildeten, wie etwa
Abraham Lincoln oder die Republikaner oder sogar die Leitartikler der New York Times
(was sie heute vielleicht gerne vergessen würden). Die Arbeiter wehrten sich gegen die
Rückkehr zu, wie sie sagten, »monarchistischen Grundsätzen« in der Industrie und forderten,
daß die Fabriken denjenigen gehören sollten, die dort tätig waren das war der
republikanische Geist. Sie verurteilten den »neuen Zeitgeist Bereicherung um jeden Preis«,
eine entwürdigende und erniedrigende Vorstellung vom Leben, die den Menschen mit
enormer Anstrengung in die Köpfe gehämmert werden mußte - was de facto seit
Jahrhunderten betrieben wird.4
Im 20. Jahrhundert hält die Literatur der PR-Industrie einen reichen und instruktiven Vorrat
an Informationen darüber bereit, wie man den »neuen Zeitgeist« vermittelt, sei es durch die
Erzeugung künstlicher Bedürfnisse oder durch die Lenkung des öffentlichen Bewußtseins
(Edward Bernays) oder durch die Verbreitung einer »Philosophie der Vergeblichkeit« und
des fehlenden Lebenssinns, um die Aufmerksamkeit auf »die eher überflüssigen Dinge« zu
lenken, die »Ausdruck modebewußter Konsumtion sind«.5 W enn man damit Erfolg hat, werden
die Menschen bereit sein, das ihnen angemessene bedeutungslose und untergeordnete Leben
zu führen und die subversive Idee einer selbständigen Lebensweise vergessen.
Es handelt sich dabei um ein umfassendes sozialtechnologisches Projekt, das schon seit langer
Zeit betrieben wird, aber erst im 19. Jahrhundert wirklich umfassende Dimension gewann.
Man kann dieses Projekt auf unterschiedliche Weise betreiben. Eine davon habe ich gerade
erörtert. Sie ist altbekannt und bedarf keiner weiteren Beispiele. Eine andere Methode besteht
darin, das Gefühl der Sicherheit zu untergraben, indem man mit der Verlagerung von
Arbeitsplätzen ins Ausland droht. Eine der Hauptfolgen und, wenn man rationales Verhalten
unterstellt, einer der, wie man annehmen muß, wichtigsten Zwecke der soge-nannten
»Handelsabkommen« - sogenannt, weil es hier nicht um Freihandel geht; diese Abkommen
haben sehr stark gegen den Markt gerichtete Elemente, und es sind in dem Sinne keine
Abkommen, als die meisten Menschen nichts von ihnen halten besteht darin, der Drohung,
ohne daß sie verwirklicht werden muß, Nachdruck zu verleihen: Man winkt mit dem
Zaunpfahl der Arbeitsplatzverlagerung, um die Arbeitnehmer zu disziplinieren.
Eine weitere Maßnahme ist die »Flexibilisierung des Arbeitsmarkts«. Die Weltbank drückt
sich da ganz unmißverständlich aus: »Zunehmende Flexibilisierung des Arbeitsmarkts ist
obwohl als Euphemismus für sinkende Löhne und Jobrationalisierung in Verruf geraten [aber
genau das bedeutet es in Wirklichkeit] - in allen Regionen der Welt von großer Bedeutung.
Zu den wichtigsten Reformen gehören die Mobilisierung der Arbeit und die Flexibilisierung
der Löhne sowie die Entflechtung von Arbeitsverträgen und staatlichen
Sozialleistungen.« 6Damit werden die in langen, bitteren Kämpfen errungenen Rechte und Vergünstigungen wieder zunichte gemacht.
Wenn von der Flexibilisierung der Löhne die Rede ist, geht es natürlich um eine Korrektur
des Lohnniveaus nach unten, nicht nach oben. Und wenn von Mobilität der Arbeit die Rede
ist, geht es nicht, wie die Theorie des freien Markts seit Adam Smith fordert, um das Recht
der Leute auf freie Wahl des Arbeitsplatzes, sondern um das Recht, Beschäftigte nach Lust
und Laune zu feuern. Und gemäß der gegenwärtigen, auf Investivkapital beruhenden Version
der Globalisierung müssen Kapital und Konzerne sich frei bewegen können, nicht aber reale
Personen, weil deren Rechte nun einmal sekundär sind.
Diese von der Weltbank als »wesentliche Reformen« bezeichneten Mechanismen werden
vielen Ländern als Bedingungen für die Ratifizierung von Unterstützungsprogrammen durch
Weltbank und IWF aufgenötigt. In die reichen Industrienationen werden sie durch andere,
ebenso
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