Warnschuss: Thriller (German Edition)
sagte der Richter, »Sie vertreten die Anklage?«
»Ja, Euer Ehren.« Mike Nelson erhob sich hinter dem Tisch der Anklage, aber erst nachdem er Duncan, dessen
Herz zu hämmern begonnen hatte, einen vielsagenden Blick zugeworfen hatte.
»Euer Ehren«, sagte der Staatsanwalt, »außerdem erheben wir Anklage gegen Robert Savich wegen des gemeinschaftlich begangenen Mordes an Chet Rollins.«
Stan Adams’ Kopf ruckte so schnell herum, dass sein Genick hörbar knackte, aber Duncans Blick lag fest auf Cato Lairds ebenmäßigem Gesicht. Der Richter lächelte leise und schien etwas sagen zu wollen, während sein Gehirn verarbeitete, was er gerade gehört hatte.
Sein Lächeln fiel in sich zusammen. Er blinzelte mehrmals. Dann sah er Duncan an, in dessen Blick die gesamte Verachtung lag, die er für Laird empfand. Außerdem verrieten seine Augen, dass er am liebsten aufgesprungen wäre und gerufen hätte: Und du hast gedacht, ich hätte dich gestern an den Eiern gehabt!
Er sah den Richter schlucken. »Äh, Mr Nelson, dies ist eine Kautionsanhörung. Das ist nicht die …« Er stockte und setzte erneut an. »Das ist nicht die Anklageerhebung …«
Stan Adams stand schon wieder. »Euer Ehren, was soll das heißen?«
»Das versuche ich eben selbst herauszufinden, Mr Adams. Mr Nelson, die Anklage, die Sie… äh …« Noch während er sich durch den Satz zu stammeln versuchte, wurde seine Aufmerksamkeit auf die Tür zum Gerichtssaal gelenkt. Duncan sah, wie Lairds Miene vor Entsetzen erstarrte und dann zu schmelzen schien, so als sei sein Gesicht aus Wachs, bis es vollkommen erschlafft war.
Wacklig erhob er sich und hielt sich stützend an seiner Richterbank fest, während Elise, flankiert von Bill Gerard auf der einen Seite und Worley auf der anderen, ihren Auftritt hatte. Gerards normalerweise so leutseliges Gesicht war versteinert. Worleys Zahnstocher ragte in einem besonders kampflustigen Winkel zwischen seinen Zähnen
empor, so als hätte er eben den schmutzigsten Witz aller Zeiten erzählt.
Elise wirkte selbstbewusst und gefasst. »Hallo, Cato.«
»Elise!«, rief er aus. »Wie … Das ist … Mein Gott!«
»Hör auf, uns was vorzuspielen, Cato. Du bist keineswegs überglücklich.«
Auch Stan Adams war vor Verblüffung verstummt, als er die angeblich verstorbene Elise erblickte.
Duncan kam aus seiner Bank und trat direkt vor Elise und ihrer Eskorte in den Gang. Ohne auch nur stehen zu bleiben, marschierte er zur Richterbank und stieg die Stufen dahinter hinauf. Er entthronte den Richter praktisch, indem er ihn am Arm packte und ihn hinter seiner Bank hervorzerrte.
»Cato Laird, Sie sind wegen des gemeinschaftlich begangenen Mordes an Chet Rollins verhaftet. Sie haben das Recht zu schweigen.«
»Elise, was … Was soll das?« Er riss seinen Arm zurück, um Duncan abzuschütteln. Die weiten Ärmel seiner Robe flatterten wie die Flügel einer gestutzten Krähe. Duncan sprach besonders deutlich, als er ihm seine Rechte verlas.
Die Erschütterung des Richters schlug in Zorn um. »Gerard, was wird hier gespielt?«
»Genau das, was Detective Sergeant Hatcher gesagt hat. Sie werden wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes verhaftet.«
»Das ist unerhört!«
Elise baute sich vor ihm auf. »Du hast meinen Halbbruder umbringen lassen, Cato. Er wollte dich und Savich verraten, darum habt ihr ihn zum Schweigen gebracht.«
Er sah an ihr vorbei und Gerard an. »Sie phantasiert.«
Aber Gerard schwieg, während Elise unbeirrt fortfuhr: »Damals war Chet der einzige Mensch, der mich liebte. Der einzige, den ich liebte. Er musste nackt und in Angst
auf den kalten Fliesen einer Dusche sterben, wo er langsam an einem Stück Seife erstickte.«
Cato sah sich in panischer Angst um und suchte nach einem Verbündeten. Doch er fand niemanden. Alle im Gerichtssaal verfolgten gebannt das Drama, das sich vor ihnen abspielte. Einige musterten den Richter abschätzend. Andere hatten sich bereits eine Meinung über den Wahrheitsgehalt in Elises Anschuldigung gebildet und betrachteten ihn voller Abscheu.
Er rief: »Diese Frau ist psychisch labil! Sie lügt! Sie hat in unserem Heim einen Mann erschossen, und ich habe sie wie ein dummer Trottel vor einer Verurteilung beschützt. Sie hat sich totgestellt, um Gottes willen!«
Er zielte mit dem Finger auf Duncan. »Gestern hat er … er mich entführt und attackiert. Sie kann das bezeugen«, beteuerte er wild auf DeeDee deutend. »Alle sind gegen mich! Sie hassen mich! Man kann ihnen
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