WARP 1 - Der Quantenzauberer (German Edition)
»Sein Vater hat in London noch eine zweite Kapsel gebaut, aber Felix hat nie herausgefunden, wo sie steht. Und als eifriger Erforscher menschlicher Schwächen drängt sich mir die Frage auf, was es denn für einen besseren Grund für so eine Zweitkapsel geben könnte als die Möglichkeit, damit in dieses Jahrhundert zurückzukehren und seine heimliche Geliebte zu besuchen?« Er aktivierte den kleinen Bildschirm des Timekey und klickte sich durch das Menü, bis er zu einer Art Logbuch kam.
»Aha. Wir haben mehrere Zeitreisen vom Bedford Square, was nicht weiter überraschend ist, die letzte vom Anfang der Achtzigerjahre. Und das sollte eigentlich auch schon alles sein, aber nein – hier sind noch andere Koordinaten, und dort sind mehr als ein Dutzend weitere Reisen verzeichnet. Smart, Sie liebestoller alter Hund. Wer auch immer die Frau war, Sie konnten nicht die Finger von ihr lassen.«
Garrick ließ den Timekey wieder in seinem Hemd verschwinden. »Riley, mein Sohn, wir haben unseren Weg nach Hause gefunden.«
Riley schwieg, aber seine Augen sagten klar und deutlich: Ich bin nicht Ihr Sohn .
Erstaunlich, dass Garrick das offenbar nicht lesen konnte.
Garrick gab die Koordinaten aus dem Timekey in die GPS-Funktion von Smarts Handy ein. Felix Smarts Erinnerungen dienten ihm dabei wie ein lebendiges Lernprogramm. Jedes Mal wenn Garrick einen neuen Bildschirm vor sich hatte, konzentrierte er sich einfach einen Moment, bis er wusste, was als Nächstes zu tun war.
Seite an Seite, wie eine Familie, verließen sie das Wolseley und gingen am Ritz vorbei über die Piccadilly. Garrick genoss die Morgensonne auf seinem Gesicht, während Chevie von Kopf bis Fuß unter Anspannung stand und Riley vor Erschöpfung kaum die Augen offen halten konnte. In Wirklichkeit übertrieb er seine Müdigkeit, damit Garrick ihm kein Gespräch aufdrängte und er in Ruhe nachdenken konnte.
Wenn ich Agentin Savano doch nur irgendwie ein Zeichen geben könnte , dachte er. Die Flucht kann nur gelingen, wenn wir in dieselbe Richtung paddeln .
Er versuchte, Chevies Blick aufzufangen, doch sie war in ihre eigenen Gedanken versunken.
Mittlerweile ist bestimmt eine Fahnung nach Garrick rausgegangen , dachte Chevie. Vielleicht erkennt ihn jemand .
Doch das war zweifelhaft, da Garrick nicht mehr aussah wie Agent Orange. Die einzigen Leute, die Garricks wirkliches Erscheinungsbild kannten, gingen neben ihm her, und allem Anschein nach hatte Riley sich entschieden, auf wessen Seite er stand. Und sie hätte dem Jungen seine Wahl auch nicht vorgeworfen, hätte er nicht ihren Kollegen umgebracht.
Die Stadt wurde zusehends geschäftiger. Die Läden öffneten, und trotz der Rushhour-Zuschläge drängten sich die Autos auf den Straßen bald Stoßstange an Stoßstange. Der Tag versprach schön zu werden, ein klarer silbriger Himmel, der bald tiefblau sein würde, und eine frische Brise, die selbst den abgestumpftesten Zeitreisenden aufrütteln musste. Während das seltsame Trio Mayfair durchquerte, hoffte Chevie wider alle Vernunft, dass das FBI sie irgendwie aufgespürt hatte und in diesem Moment ein Scharfschütze seinen Laserpunkt auf Garricks Kopf richtete.
Träum weiter. Und selbst wenn irgendwer auf den Kerl schießt, macht ihm das vielleicht gar nichts aus. Vielleicht wird er bloß wütend. Wer weiß, was dieser komische Typ alles kann?
Sie ermahnte sich, nicht aufzugeben. Eine Maxime von Cord Vallicose lautete, dass es immer eine Gelegenheit gab, die nur darauf wartete, bemerkt zu werden, und ein Agent musste bereit sein, wenn sie sich darbot.
Ich tue alles, ganz egal was , dachte sie. Aber ich gehe auf keinen Fall in die Vergangenheit.
Doch in ihrem Unterbewusstsein war Chevie bereits klar, dass sie auch im Handstand und mit der amerikanischen Nationalhymne auf den Lippen in die Vergangenheit verschwinden würde, wenn sie dadurch nur diesem durchgeknallten Zauberer entkam.
Sie kamen ohne Scharfschützenfeuer oder sonstige Zwischenfälle bei den Koordinaten aus dem Timekey an. Garrick hielt seine beiden Geiseln so fest im Nacken gepackt, dass sich seine langen Fingernägel in ihren Kragen gruben.
»Wissen Sie eigentlich, Agent Savano«, sagte er in beiläufigem Tonfall, »dass ich Sie mit jedem einzelnen von diesen Fingern töten könnte?« Um zu demonstrieren, welche Finger er meinte, trommelte er damit auf gruselige Weise auf Chevies Haut. »Ich verrate Ihnen eines meiner Berufsgeheimnisse: Seit zehn Jahren behandle ich meine Nägel mit
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