WARP 1 - Der Quantenzauberer (German Edition)
ängstlich in der Ecke kauerte. »Benjamin Jeeves«, intonierte er, und durch irgendein Spiel mit dem Licht schienen seine Augen zu glühen. »Beeenjamin Jeeeeeeves.«
Und mehr brauchte es nicht. »Schon gut, Mister Charismo. Hier, sehen Sie«, sagte Jeeves, fingerte einen Schlüssel aus seinem verschlissenen Hutband und öffnete damit Chevies Handschellen. »Ich mache die Fesseln ab. Kein Grund, in meine Zukunft zu schauen.«
Charismo ließ seinen Rubin los. »Also gut, Sie ungehobelter Kerl. Und jetzt befreien Sie den Jungen.«
»Nicht nötig«, sagte Riley und warf Noble seine Handschellen zu. »Die habe ich schon auf dem Piccadilly abgemacht, während die beiden ein paar orientalische Ladys angegafft haben.«
»Ich hab halt noch nie vorher welche gesehen«, murmelte Noble schuldbewusst.
Charismo trat wieder hinunter auf den Gehweg. »Ich übernehme hiermit die Gefangenen , und ebenso die Verantwortung. Bitte sagen Sie Mister Malarkey, dass ich sehr zufrieden mit seinen Diensten bin und dass er meinen Anruf auf dem Fernsprech erwarten soll.«
Bei der Erwähnung des wundersamen Fernsprech tippten die beiden Männer sich ehrfürchtig an die Hutkrempe, als wäre das Gerät königlicher Abstammung.
»Das machen wir, Mister Charismo, und vielen Dank.«
Plötzlich versteifte sich Tibor Charismo und presste sich beide Zeigefinger an die Schläfen. »Da kommt gerade eine Vision aus dem nächsten Jahr. Ich sehe eine jubelnde Menschenmenge, und ich höre Hufgetrappel. Manifesto , da ist das Wort Manifesto . Sagt Ihnen das irgendetwas, meine Herren?«
Aufgeregt klammerten sich Noble und Jeeves aneinander. Charismos Tipps waren berühmt. Er irrte sich nie. Mit einem Tipp von Mister Charismo konnte man ein Vermögen machen.
»Manifesto«, sagte Jeeves leise. »Auf die Prachtstute hab ich letztes Jahr in Aintree gesetzt. Hat mit zwanzig Längen Vorsprung gewonnen. Danach gab’s eine Woche lang Fleisch.«
»Sie wird wieder gewinnen«, sagte Noble. »Kein Wort davon zu irgendwem. Sonst sinkt die Quote.«
»Nein, davon erfährt keiner was. Nur wir zwei, Noble.«
Charismo klatschte kurz in die Hand. »Meine Herren, unsere geschäftlichen Angelegenheiten sind beendet, und ich möchte meine Gäste speisen lassen.«
Jeeves schubste Chevie förmlich aus der Kutsche, gefolgt von Riley.
Charismo blickte zu dem hünenhaften Kutscher hoch, der einen Knüppel neben sich liegen hatte, für den Fall eines Überfalls. Der Mann sah aus, als hätte er jedes Grauen gesehen, das London zu bieten hatte, und einen Gutteil davon selbst verursacht. Sein Kopf war vollkommen kahl rasiert, und über dem rechten Ohr hatte er eine sternförmige Narbe.
»Barnum, bringen Sie die beiden Herren, wohin sie wollen, und dann kommen Sie direkt wieder hierher.«
»Jawohl, Herr«, sagte der Fahrer und trieb die Pferde mit einem Pfiff an, sich in Bewegung zu setzen.
»Ich weiß«, sagte Charismo, als die Kutsche die Straße hinunterrollte. » Herr klingt so theatralisch, aber mich überläuft jedes Mal ein Schauer, wenn ich das höre. Ich stamme aus einfachen Verhältnissen, wisst ihr.«
Chevie rieb sich die Handgelenke und fragte sich, wann ihre Welt wieder einen Sinn ergeben würde.
Was soll ich hier tun? , fragte sie sich. Was steht im FBI-Handbuch zum Umgang mit Spiritisten aus der Vergangenheit?
Das Pflaster unter ihren Füßen fühlte sich hart und körnig an, und in der Abendluft hing der Duft von den Blumenkästen an den Fenstern.
Man hat uns geschlagen, betäubt, herumgezerrt und wieder geschlagen , dachte sie. Wir brauchen Ruhe .
»Vielleicht erwägt ihr zu fliehen«, sagte Charismo und hakte sich bei den beiden ein. »Denn wer ist dieser geheimnisvolle Wohltäter, der euch aus dem Regen geholt hat? Und womöglich nur, um euch in die Traufe zu werfen, hm? Wenn das euer Wunsch ist, dann geht jetzt. Charismo wird am Boden zerstört sein, denn er hat alles für euren Besuch vorbereitet. Ein heißes Bad, frische Laken, weiche Kissen, gebratenes Wild und Bier für den Jungen – aber wie ihr wollt. Ich habe euch beide in einer Vision gesehen und hatte das Gefühl, ihr seid etwas Besonderes. Ich möchte einfach nur mit euch reden und vielleicht Teile eurer Geschichte für meinen nächsten Roman aufschreiben. Ich arbeite zwar gerade an einer Komödie der Irrungen mit dem Titel Der Panther, der rosarot war , aber das kann warten. Ich habe so eine Ahnung, dass eure Geschichte viel interessanter ist. Ihr könnt also bei mir bleiben, solange
Weitere Kostenlose Bücher