Warrior Cats - Staffel 3 Bd. 1 - Die Macht der 3 - Der geheime Blick
Disteljunges’ Stimme hörte, und er blinzelte sie mit seinen blicklosen blauen Augen an.
»Was willst du denn hier? Du hast doch Kinderstubenarrest.«
»Löwenjunges hat einen Dorn im Pelz«, erklärte Disteljunges. »Ich wollte ihm etwas holen, damit sich der Stich nicht infiziert.«
Häherjunges deutete verschlafen nickend auf den hinteren Teil des Baus. »Blattsee hat meine Stiche mit Ampfer behandelt. Du wirst ihn dir selbst suchen müssen. Blattsee ist ausgegangen, um Brennnesseln zu sammeln.«
»Gut«, miaute Disteljunges und eilte zum Kräuterlager. »Weißt du noch, wie Ampfer riecht?«
»Er riecht ziemlich streng.« Häherjunges hob die Nase und atmete tief ein. »Das Bündel liegt weiter vorn.«
Disteljunges betrachtete die Häufchen mit den Kräutern und Samen. Zwei lagen ganz vorn, eines war dunkler grün als das andere. Sie schnupperte zuerst an dem dunklen. »Das riecht irgendwie eklig«, miaute sie Häherjunges zu.
»Ampfer riecht nicht schlecht«, erklärte ihr Häherjunges. »Nur scharf.«
Disteljunges schnupperte an dem anderen Bündel. Es roch eindeutig scharf. Sie nahm sich ein Maulvoll und trug es zu Häherjunges. »Das ist das richtige«, miaute er.
Plötzlich raschelten die Ranken vor dem Eingang, sodass Disteljunges zusammenzuckte.
Es war Blattsee, die einen Bund Brennnesseln vorsichtig an den Stielen trug. Tau glitzerte noch auf den gezackten Blättern. Sie ließ ihre Kräuter fallen und sah Disteljunges an. »Du bist aber früh aufgestanden.« Sie bemerkte das Bündel Ampferblätter neben Disteljunges. »Dein Bruder erholt sich gut«, miaute sie. »Er braucht nicht noch mehr Kräuter. Er braucht nur Ruhe.«
»Die Kräuter sind nicht für Häherjunges«, erklärte Disteljunges. »Löwenjunges hat sich an einem Dorn in seinem Nestpolster gestochen.«
Blattsee riss erstaunt die Augen auf. »Woher wusstest du, dass du Ampfer nehmen sollst?«
Disteljunges erwiderte den Blick der Heiler-Katze verunsichert. Häherjunges hat es mir gesagt .
»Sie hat sich an den Geruch erinnert, weil du mich damit behandelt hast«, miaute Häherjunges.
Disteljunges streifte ihn dankbar mit der Schwanzspitze an der Flanke. Es ging ihr nicht darum, dass Blattsee sie für klüger halten sollte als Häherjunges, aber sie wollte ihr so gern beweisen, was sie für eine großartige Heiler-Katze abgeben würde.
»Gut gemacht, Disteljunges!«, miaute Blattsee. Disteljunges wurde warm bis in die Schwanzspitze. Sie sagte sich, dass sie eines Tages wirklich wissen würde, wie sich die Kräuter unterschieden, und nicht nur so tun müsste, als ob.
»Ich zeige dir, was du damit machen musst«, bot Blattsee an. Sie hockte sich zu den Ampferblättern, nahm ein einzelnes in den Mund und zerkaute es. Dann streckte sie eine Pfote aus, leckte sich den Blättersaft ins Fell und spuckte die Reste aus. »Du musst es gut einlecken, damit der Saft auch in die Wunde sickert. Es brennt vielleicht ein bisschen, aber wenn du es richtig machst, verhinderst du damit, dass du später viel schlimmere Schmerzen bekommst.«
Disteljunges hatte aufmerksam zugesehen.
»Willst du es selbst versuchen, bevor du gehst?«, fragte Blattsee.
»Ich glaube, ich sollte mich lieber gleich zu Löwenjunges auf den Weg machen«, miaute Disteljunges, die zur Kinderstube zurückkehren wollte, bevor Minka und Rauchfell ihre Abwesenheit bemerken würden. »Er hat sich gar nicht gut gefühlt.«
»Ich könnte dich begleiten«, bot Blattsee an.
Disteljunges hätte beinahe zugestimmt, aber dann zögerte sie. Wenn Blattsee die vielen Dornen in Löwenjunges’ Pelz zu sehen bekam, würden sie beide in Schwierigkeiten stecken. »Danke, aber du hast bestimmt viel zu tun«, miaute sie. »Ich komme dich holen, falls ich Hilfe brauche.«
»Wie du willst«, nickte Blattsee. War da ein wissendes Aufblitzen in ihren Bernsteinaugen? Hatte sie erraten, dass Disteljunges ihr nicht die ganze Wahrheit über Löwenjunges’ Unwohlsein erzählt hatte?
Disteljunges wollte es gar nicht so genau wissen, also nahm sie die Ampferblätter ins Maul und verließ den Bau der Heilerin. Ihr wurde bang, als sie sah, dass sich die Lichtung allmählich bevölkerte. Minka war aus der Kinderstube getreten und wärmte sich auf einem Flecken mit den ersten schwachen Sonnenstrahlen den Pelz. Ihr Jungen hockten dicht beieinander vor dem Schülerbau und blinzelten sich den Schlaf aus den Augen. Beerenpfotes sandfarbenes Fell vermischte sich mit den grauen und weißen Pelzen von
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