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Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall

Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall

Titel: Warte, Bald Ruhest Auch Du: Mitchell& Markbys Dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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er und gestikulierte zu der entfernten Gestalt hinüber. Der Arbeiter beugte sich über etwas, richtete sich plötzlich auf und kam schwerfällig auf sie zugelaufen, beide Arme in einer merkwürdig flehenden Geste erhoben. Ein vertrautes, unangenehmes Frösteln lief Markby das Rückgrat hinunter. Er wappnete sich seelisch und körperlich und machte einen Schritt vorwärts. Ein Gedanke schoß ihm durch den Kopf: O Gott, nicht noch eine, nicht so schnell! Als der Mann näher kam, sahen sie, daß sein Gesicht aschfahl und verzerrt war. Seine Lippen arbeiteten, als wolle er rufen oder schreien, sei jedoch nicht fähig dazu. Markby wurde an einen Wasserspeier in einer alten Kirche erinnert, den Mund aufgerissen in einem stummen Angstschrei, erstarrt für alle Ewigkeit. Sean erreichte sie, stolperte auf den letzten Metern, und beide stürzten auf ihn zu, um ihn zu stützen.
    »Mr. Wetherall«, stieß er keuchend hervor und sackte gegen sie. Sie richteten ihn auf.
    »Schon gut, Sean«, fuhr Steve ihn an.
    »Reiß dich zusammen. Was ist passiert?«
    »Es – es ist da hinten, Sir – der Bagger hat es ausgegraben … Ich hab was gesehen – ich hab’s gesehen … Heilige Mutter Gottes …« Sean riß sich los, fuhr herum und klappte zusammen wie ein Taschenmesser.
    »Er muß sich übergeben«, sagte Markby schnell.
    »Bleib mit ihm hier. Ich seh mal nach.« Noch während er sprach, begann er auf den Bagger zuzulaufen. Er wußte, was er finden würde. Was er nicht wußte, war, in welchem Zustand es sein würde, und er begann sich, während er lief, gegen das Schlimmste zu wappnen. War es vor langer Zeit beerdigt worden, war es vielleicht sauber, nur ein Gerippe. Vielleicht war es sogar historisch, seit ein paar hundert Jahren tot. Ab und zu hoben Bagger wichtige Gräber mit Schmuck aus der Bronzezeit oder Waffen aus, oder sie entdeckten römische Friedhöfe. In einem solchen Fall mußten die Arbeiten gestoppt werden, und die Archäologen kamen. Solche Verzögerungen kosteten ein Vermögen und wurden von den Bauunternehmern höchst ungern und mit großer Bestürzung gesehen. Und wenn Wertgegenstände dabeiwaren, kam es gewöhnlich zu einem Gerangel wegen der Besitzverhältnisse und ob es sich um einen Schatzfund handelte, solche Dinge eben. Wenn es andererseits noch nicht lange dort begraben und nur zum Teil verwest war und sich grünlich braun verfärbt hatte … Markby wünschte, er hätte die Schokolade nicht gegessen. Sean durfte sich übergeben, aber von einem Polizisten wird Haltung erwartet – wenigstens in der Öffentlichkeit. Er warf einen Blick auf die Erde. In Sand oder Kies verwesten Leichen schnell. In Feuchtgebieten dauerte es länger, manchmal blieben sie sogar erhalten. Dieser Boden bestand aus klebrigem Lehm. Nach Luft schnappend, blieb er stehen, ging dann langsam weiter und schaute in den halb ausgehobenen Graben. Auf den ersten Blick sah es aus wie eine rekonstruierte Befestigung aus der Bronzezeit. Der Graben lief um alle vier Seiten eines Rechtecks herum. Sean hatte eben erst begonnen, ihn tiefer auszuheben. Keinen ganzen Meter entfernt hatte der stählerne Rachen des Baggers aus der Erde geholt, was Sean so in Panik versetzt hatte und zur Hälfte aus den metallenen Hauern heraushing. Ein nackter Mann, schlammverschmiert, der Kopf blutig, sehr tot. Nun, das war keine antike Begräbnisstätte, war nicht einmal besonders alt. Der Leichnam war, wie Markby erleichtert feststellte, noch überhaupt nicht in Verwesung übergegangen. Die Farbe war gut, nicht einmal so wächsern weiß, wie das Leichen an sich haben, die lange im Wasser gelegen haben, und wo diese Leiche gelegen hatte, war der Boden sehr feucht. Sie lag mit dem Gesicht nach oben und dem Kopf nach unten im Rachen des Baggers. Markby bückte sich und hob ein schlammfleckiges Handgelenk. Es fiel schlaff wieder hinunter, die Totenstarre hatte sich schon wieder gelöst. Der Mann war also doch nicht erst seit ein paar Stunden tot. In diesem kalten Schlamm hatte die Totenstarre vielleicht länger angehalten. Die Autopsie würde es an den Tag bringen, doch es sah so aus, als sei die Leiche vor mindestens sechsunddreißig Stunden hier begraben worden. Markby richtete sich auf, der Wind fuhr ihm wieder durch das Haar und ließ seinen wasserdichten Parka flattern. Er schaute sich um. Wer dieses Grab auch gegraben haben mochte, sie hatten diese Stelle ausgesucht, weil sie geglaubt hatten, der Aushub sei beendet. Sie waren hinuntergestiegen, hatten ein

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