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Warte, bis du schlaefst

Warte, bis du schlaefst

Titel: Warte, bis du schlaefst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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sobald er sie betritt. Ich bin mir sicher, er wird es eines Tages so einrichten, dass wir unsere Wohnung gegen eine kleinere tauschen müssen. Dann kann er hinterher Mr. Olsen erzählen, dass er etwas gefunden hat, womit er noch mehr Geld aus seinem Besitz ziehen kann. Es macht mir wirklich Sorgen, dass ihm Mr. Olsen mit zunehmendem Alter praktisch die Verwaltung seiner sämtlichen Gebäude überlassen hat.
    Die Tür ging auf, und Gus und Altman traten ein. »Hallo, Lil«, sagte Howard Altman aufgeräumt, während er mit großen Schritten und ausgestreckter Hand das Wohnzimmer durchquerte, um sie zu begrüßen.
    Heute trug er eine modische Sonnenbrille, ein hellbraunes Jackett, dazu eine braune Hose, ein weißes Hemd und eine grün-braun gestreifte Krawatte. Seine rotblonden Haare waren zu kurz geschnitten, fand Lil, und es war noch zu früh im Jahr, um bereits mit einem so tief gebräunten Gesicht herumzulaufen. Winifred hatte spöttisch bemerkt, dass er bestimmt die Hälfte seiner Freizeit im Sonnenstudio verbringen müsse.
    Doch von all dem abgesehen, gab sie widerwillig zu, war er ein gut aussehender Mann, mit ebenmäßigen Gesichtszügen, dunkelbraunen Augen, einem athletischen Körperbau und einem gewinnenden Lächeln. Wenn man nicht wüsste, wie kleinlich er manchmal sein konnte, könnte man glatt auf ihn hereinfallen, dachte sie. Er drückte ihr kräftig die Hand. Er behauptet, die vierzig noch nicht überschritten zu haben, aber ich bin ziemlich sicher, dass er mindestens fünfundvierzig ist, dachte Lil, während sie ihm ein knappes Lächeln schenkte.

    »Ich weiß gar nicht, warum ich mich überhaupt hierherbemühe«, sagte Howard jovial. »Wenn Sie beide für unsere gesamten Gebäude zuständig wären, könnten wir ein Vermögen machen.«
    »Na ja, wir versuchen, alles einigermaßen in Schuss zu halten«, entgegnete Gus in diesem servilen Ton, den Lil an ihm so hasste.
    »Sie versuchen es nicht nur. Es gelingt Ihnen auch.«
    »Es war schön, dass Sie noch mal eben vorbeigeschaut haben«, sagte Lil mit einem Blick auf die Uhr auf dem Kaminsims. Es war fünf vor elf.
    »Ich konnte doch nicht einfach vorbeikommen, ohne wenigstens kurz Guten Morgen zu sagen. Dann mach ich mich mal wieder auf den Weg.«
    Vom Flur her ertönte die Klingel. Lil war sicher, dass es nur Carolyn MacKenzie sein konnte. Sie und Gus tauschten einen langen Blick aus, dann erhob er sich und ging zum Hörer an der Wand. »Ja, natürlich, kommen Sie herein …«
    Sag nicht ihren Namen, betete Lil. Sag nicht ihren Namen. Wenn Howard ihr auf seinem Weg nach draußen begegnet, wird er wahrscheinlich denken, dass sie sich nach einer Wohnung erkundigen will.
    »… Ms. MacKenzie«, fuhr Gus fort. »Apartment 1B. Auf der rechten Seite, wenn Sie den Flur betreten.«
    Lil beobachtete, wie das Abschiedslächeln aus Howard Altmans Gesicht schwand. »MacKenzie? War das nicht der Name dieses jungen Mannes, der verschwunden ist, kurz bevor ich bei Mr. Olsen angefangen habe?«
    Es war nur eine Antwort möglich: »Ja, Howard.«
    »Mr. Olsen hat mir berichtet, wie sehr ihn dieser ganze Rummel damals gestört hat. Er hatte das Gefühl, der gute
Ruf dieses Gebäudes habe darunter gelitten. Was führt sie denn hierher?«
    Während er zur Tür ging, antwortete Gus gelassen: »Sie möchte mit uns über ihren Bruder reden.«
    »Ich würde sie gerne kennenlernen«, sagte Howard Altman ruhig. »Wenn Sie nichts dagegen haben, werde ich noch so lange hierbleiben.«

10
    Mir war nicht ganz klar, was ich eigentlich erwartete, als ich das Gebäude an der West End Avenue betrat. Ich erinnerte mich, dass mir Mack die Wohnung gezeigt hatte, als er aus dem Wohnheim in der Columbia University auszog. Er fing damals sein vorletztes Jahr an, ich war also gerade fünfzehn geworden.
    Weil er in der Stadt wohnte, gab es keine Notwendigkeit für meine Eltern oder für mich, ihn dort zu besuchen. Stattdessen kam er regelmäßig zu uns nach Hause, oder wir trafen uns in einem Restaurant. Als er dann spurlos verschwand, sind meine Eltern ein paarmal hierher gekommen, um mit seinen Wohnungsgenossen und anderen Hausbewohnern zu sprechen, doch sie haben mich damals nicht mitgenommen. In jenem ersten Sommer überredeten sie mich, meinen Zelturlaub mit Freunden fortzusetzen, obwohl ich nichts anderes im Sinn hatte, als bei der Suche nach meinem Bruder mitzuhelfen.
    Im Nachhinein war ich eigentlich ganz froh, dass die Kramers erst am Mittwoch Zeit für mich hatten. Am Dienstag war ich

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