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Warte, bis du schlaefst

Warte, bis du schlaefst

Titel: Warte, bis du schlaefst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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den ganzen Tag mit meiner Mutter unterwegs, um noch die letzten Besorgungen für ihre Kreuzfahrt zu machen. Am Abend wurde dann noch in den Elfuhrnachrichten gemeldet, dass eine Studentin der NYU seit den frühen Morgenstunden vermisst wurde, nachdem sie eine Bar in SoHo allein verlassen hatte. Dazu wurde ein Foto
ihres Vaters und ihres Bruders gezeigt, die gerade das Wohngebäude im Village verließen, in dem sie gewohnt hatte, und ich war zusammengefahren, als ich bemerkt hatte, dass es sich um das unmittelbar benachbarte Gebäude zu dem meinigen handelte. Eine Welle von Mitgefühl hatte mich ergriffen.
    Nichts auf der Welt hätte Mom davon überzeugen können, dass man im Village genauso sicher wohnen konnte wie in Sutton Place. Für sie war die Wohnung in Sutton Place ein sicherer Hort, ein Heim, das sie und mein Vater glücklich gefunden hatten, als sie mit mir schwanger war. Zu Anfang war es eine große einstöckige Sechszimmerwohnung gewesen, doch später, als mein Vater beruflich zunehmend erfolgreich war, hatte er die Wohnung über uns dazugekauft und beide zu einer komfortablen zweistöckigen Wohnung umbauen lassen, wodurch sich die Wohnfläche praktisch verdoppelt hatte.
    Mittlerweile war sie für mich zu so etwas wie einem Gefängnis geworden, in dem meine Mutter saß und Tag für Tag darauf wartete, dass sie den Schlüssel in der Haustür hörte und kurz darauf Macks Stimme ertönte: »Ich bin wieder da!« Für mich hatte sich dieser Glaube an seine Rückkehr in Enttäuschung verwandelt, in eine Traurigkeit, die mich nicht mehr losließ. Ich kam mir so selbstsüchtig vor. Ich hatte Mack geliebt, meinen großen Bruder, meinen Kumpel.
    Aber ich wollte nicht mehr, dass mein Leben auf der Stelle trat. Im Grunde genommen ging es selbst bei meinem Entschluss, noch mit der Bewerbung bei der Staatsanwaltschaft zu warten, nicht darum, dass ich dann für eine Weile wenig Freizeit zur Verfügung haben würde. Ich hatte mir geschworen, alles zu versuchen, um Mack aufzuspüren,
und erst, wenn ich scheiterte, mein eigenes Leben wieder aufzunehmen. Ich wollte während Moms Abwesenheit die meiste Zeit in Sutton Place verbringen.
    Das Gebäude, in dem Mack gewohnt hatte, war alt, die Fassade mit diesem grauen Stein verkleidet, der in New York zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts so beliebt war. Doch der Bürgersteig und die Eingangsstufen waren sauber, die Klinke an der Haustür blank poliert. Die Tür war nicht verschlossen, dahinter betrat man einen engen Vorraum, in dem man entweder die Nummer einer Wohnung anwählte, um dann über den elektrischen Türöffner eingelassen zu werden, oder seinen Schlüssel benutzte, um die Tür zum Eingangsraum zu öffnen.
    Ich hatte mit Mrs. Kramer gesprochen, und ich weiß nicht genau, warum, aber irgendwie erwartete ich, ihre Stimme aus der Gegensprechanlage zu hören. Stattdessen meldete sich ein Mann und beschrieb mir den Weg zu ihrer Wohnung im Erdgeschoss.
    Als ich den Flur betrat, stand die Tür zu 1B bereits offen, und ein Mann erwartete mich, der sich als Gus Kramer vorstellte. Als ich am Morgen den Aktenordner durchgegangen war, hatte ich mich erinnert, was mein Vater über ihn gesagt hatte: »Dieser Kerl macht sich größere Sorgen darüber, dass man ihn für das Verschwinden von Mack verantwortlich machen könnte, als darüber, dass Mack etwas zugestoßen sein könnte. Und seine Frau ist noch schlimmer. Sie war so rücksichtsvoll, mich darauf hinzuweisen, dass sich Mr. Olsen sicherlich aufregen würde. Als ob wir uns Gedanken darüber machen würden, wie der Besitzer dieser renovierten Mietskaserne die Sache auffassen wird!«
    Es ist merkwürdig: Als ich mich für diese Verabredung umziehen wollte, konnte ich mich lange nicht für eine Garderobe
entscheiden. Ich hatte mir zunächst einen leichten Hosenanzug herausgelegt, von der Art, wie ich sie bei Gericht trug, als ich für den Richter arbeitete, doch irgendwie war mir das dann zu geschäftsmäßig erschienen. Ich wollte, dass sich die Kramers in meiner Gegenwart wohlfühlten. Ich wollte erreichen, dass sie Macks jüngere Schwester in mir sahen, dass sie mich mochten, dass sie mir aus eigenem Antrieb behilflich sein wollten. Deshalb entschied ich mich am Ende für einen Baumwollpulli mit langen Ärmeln, Jeans und Sandalen. Als Talisman für den erhofften Erfolg trug ich das Kettchen, das mir Mack zu meinem sechzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Zwei Anhänger baumelten daran, einer in Form eines Schlittschuhs, der

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