Warte, bis du schlaefst
andere in Form eines Fußballs, ein Hinweis auf meine beiden Lieblingssportarten.
Als Gus Kramer sich vorgestellt hatte und mich in die Wohnung bat, war es für mich wie ein Zeitsprung in die Vergangenheit. Trotz seines geschäftlichen Erfolgs war es Daddy nie gelungen, meine Großmutter dazu zu bewegen, aus ihrer Wohnung in Jackson Heights in Queens auszuziehen. Und die Wohnung der Kramers war ganz ähnlich wie die ihrige, mit der gleichen Art Plüschmöbeln, einem maschinell gewebten Perserteppich und lederbezogenen Beistelltischchen ausgestattet. Das einzige Möbelstück, das irgendwie nicht dazu passte, war der gläserne Couchtisch.
Der erste Eindruck, den Gus und Lil Kramer auf mich machten, war der eines Paares, das sich nach Jahren des Zusammenlebens äußerlich immer ähnlicher wurde. Mrs. Kramers stahlgraue Haare hatten genau den gleichen Ton wie Mr. Kramers. Sie besaßen beide etwas weniger als durchschnittliche Körpergröße und einen kräftigen Körperbau.
Ihre Augen waren von derselben hellblauen Farbe, und beide musterten sie mich mit einem misstrauischen Blick, während beider Lippen sich zu einem gezwungenen Lächeln auseinandergezogen hatten.
Unerwarteterweise war es die dritte anwesende Person, die das Wort ergriff: »Ms. MacKenzie, es freut mich sehr, Sie kennenzulernen. Mein Name ist Howard Altman. Ich arbeite für Olsen Properties und verwalte die hiesigen Immobilien. Als Ihr Bruder verschwand, war ich noch nicht hier, aber ich weiß, wie besorgt Mr. Olsen damals wegen dieser Geschichte war – und immer noch ist. Setzen wir uns doch einen Augenblick, und dann erzählen Sie uns, auf welche Weise wir Ihnen behilflich sein können.«
Ich spürte den Widerwillen, mit dem das Ehepaar Kramer Altman das Feld überließ, doch für mich machte es die Sache leichter, die Worte zu sagen, die ich mir zurechtgelegt hatte. Ich setzte mich auf die Kante des erstbesten Sessels und wandte mich an ihn. »Wie Sie offenbar gehört haben, ist mein Bruder Mack vor zehn Jahren verschwunden. Es gab in all diesen Jahren nicht den geringsten Hinweis darauf, wo er sich aufhalten könnte. Doch er ruft uns jedes Jahr an Muttertag an, wie er es auch vor ein paar Tagen gemacht hat. Ich habe mich dieses Mal eingeschaltet, als er mit meiner Mutter telefonierte, und ihm angekündigt, dass ich ihn aufspüren wolle. Am gleichen Tag ist er in St. Francis gewesen, einer Kirche in der Nähe, an der mein Onkel Pfarrer ist, und hat dort einen Zettel hinterlassen mit der Botschaft an mich, ihn nicht zu suchen. Ich habe große Angst, dass Mack in Schwierigkeiten stecken könnte und sich schämt, jemanden um Hilfe zu bitten.«
»Eine Botschaft!« Lil Kramers Ausruf ließ mich verstummen. Erstaunt beobachtete ich, dass sie ganz rot im
Gesicht geworden war. Mit einer unbewussten Bewegung streckte sie den Arm aus und ergriff die Hand ihres Mannes. »Sie meinen, er ist in die Kirche gegangen und hat dort eine Botschaft für Sie hinterlassen?«, fragte sie.
»Ja, in der Elfuhrmesse. Was ist daran so erstaunlich, Mrs. Kramer? Immerhin hat es doch über die Jahre einige Artikel gegeben über das Verschwinden meines Bruders und die Tatsache, dass er zuweilen Kontakt mit uns aufnimmt.«
Gus Kramer antwortete für seine Frau. »Ms. MacKenzie, meine Frau hat das Verschwinden Ihres Bruders von Anfang an sehr stark berührt. Unter all den Jungs, die wir hier hatten, war er einer der nettesten und höflichsten.«
»Genau das hat auch Mr. Olsen gesagt«, versicherte mir Howard Altman. Er lächelte. »Ms. MacKenzie, ich will Ihnen das erklären. Mr. Olsen ist sich der Gefahren und Verlockungen überaus bewusst, denen heutzutage die jungen Leute ausgesetzt sind, selbst die intellektuell begabten jungen Leute. Er hat es sich nie nehmen lassen, die neuen Studenten persönlich zu begrüßen. Natürlich ist er mittlerweile in die Jahre gekommen, doch er hat mir erzählt, wie beeindruckt er von Ihren Eltern und Ihrem Bruder war. Und ich kann Ihnen versichern, dass Mr. und Mrs. Kramer immer ein Auge darauf gehabt haben, dass es in diesem Haus keine Geschichten mit Alkohol oder, noch schlimmer, mit Drogen gibt. Wenn Ihr Bruder irgendwelche Probleme dieser Art gehabt haben sollte, dann hatten sie jedenfalls ihren Ursprung nicht in diesem Haus.«
Das von einem Mann, der Mack gar nicht kannte, der nur von ihm gehört hatte. Die Botschaft war klar und deutlich: In diesem Haus brauchst du gar nicht erst nach dem Problem deines Bruders zu suchen, meine
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