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Warten auf den Monsun

Warten auf den Monsun

Titel: Warten auf den Monsun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Threes Anna
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Hörer grußlos auflegte, auf das Mädchen zuging und ihr die Kanne aus den Händen zog. Ein Schwall heißen Tees spritzte aus der Tülle und landete auf seiner Hand. Er stieß einen Schmerzensschrei aus, den niemand hörte, denn derjenige, der vor der Tür stand, hielt den Finger auf der Klingel und war unüberhörbar nicht gewillt, ihn dort wegzunehmen, solange nicht geöffnet wurde. Die Teekanne in der einen Hand, öffnete er mit der schmerzenden Hand die Tür.
    »Ich komme den Tisch holen«, sagte ein junger Mann, den Hema noch nie gesehen hatte. Er hatte einen kleinen Schnäuzer und klopfte ungeduldig mit dem Fuß gegen die Schwelle.
    Hema, der von Charlotte und dem General die Verhaltensregeln für einen Butler gelernt hatte, vergaß alles. »Der Personaleingang ist hinten«, blaffte er und knallte die Tür zu.
     
    Charlotte hatte seit Jahren nicht mehr so lange und so tief geschlafen, und als sie aufwachte, hielt sie den Orden in der Hand. Ein neuer, verwirrender Gedanke verdrängte die Erinnerungen an den verstorbenen Helden. War der Schneider der Sohn des Maharadschas? Der kleine Junge, den sie im Krankenhaus in den Armen gehalten hatte? Das Kind, das verlorengegangen war in dem Trubel nach dem ersten Kricket-Spiel zwischen Indien und Pakistan? Die Zeitungen hatten ein Foto von ihm veröffentlicht, aber niemand hatte ihn gesehen. Der Fürst hatte Stadt und Land durchkämmt, doch der Junge blieb spurlos verschwunden. In Tempeln, Moscheen und Kirchen war für ihn gebetet worden, der Maharadscha hatte Astrologen und Wahrsager befragt und sogar eine gigantische Geldsumme in Aussicht gestellt, wenn sein Sohn gefunden würde. War er nun hier, unten in ihrem Haus? Oder war es nur eine trügerische Hoffnung, um seine Anwesenheit in ihrem Haus zu rechtfertigen und ihrer Verliebtheit eine Chance zu geben? Aber alles paßte zusammen, die Narbe, der Verlust seiner Stimme, sein Alter, seine Hautfarbe und seine Ähnlichkeit mit dem Maharadscha. Er hatte eine Familie! Sie mußte es ihm sagen, sie mußte den Maharadscha anrufen, wußte allerdings nicht, ob er noch lebte – alle Beziehungen zwischen den beiden Familien waren abgebrochen, nachdem der Junge verschwunden war. Sie wagte es nicht, ihr Zimmer zu verlassen – wenn sie die Treppe hinunterging, könnte er sofort ihre Gedanken lesen, und das wollte sie nicht riskieren … Sie mußte eine Möglichkeit finden, ganz ruhig auf ihn zuzugehen und ihn zu fragen, ob er sich an etwas von früher erinnerte. Wenn er lesen könnte, hätte sie ihm einen Brief schreiben können, wenn sie weit voneinander entfernt stünden, könnte er ihre Gedanken vielleicht nicht fühlen, aber dann würde jeder andere in der Umgebung hören, was sie ihm zuriefe, das einzige, was ihr noch einfiel, war, es erst jemand anders zu erzählen, der ihn dann danach fragen würde, aber sie wußte niemanden, der dafür in Betracht kam. Also entschied sie sich, es selbst zu tun. Sie legte den Orden vorsichtig in das Holzkästchen, in dem sie jahrelang die Zigarette aufbewahrt hatte, verstaute es in der Schublade und ging nach unten.
    Der Lärm, der sie aufgeweckt hatte, war vorbei. Im Haus herrschte friedvolle Ruhe. Das Ticken der Uhr, das Knarren der Stufen. Sie klopfte an die Tür des Klavierzimmers, und weil sie wußte, daß er nicht antworten konnte, öffnete sie ganz vorsichtig die leise quietschende Tür.
    Im Zimmer war es dunkel. Vorhänge und Fensterläden waren geschlossen. Einen Moment dachte sie, er habe vielleicht, so wie sie, verschlafen, aber er schlief ja gar nicht hier, sondern in dem Raum neben der Küche. Sie knipste das Licht an. Die Glühbirne stotterte einen Moment, so wie ihr Atem. Das Zimmer war verlassen, der Tisch und die Nähmaschine waren verschwunden. Nur das scharlachrote Kleid hing an der Wand, wie ein geschlüpfter Schmetterling.
    »Madan!« rief sie, ohne sich bewußt zu sein, daß der Schneider seinen ursprünglichen Namen gar nicht kannte. »Madan, wo bist du?« Sie rannte in den Salon, der genauso verlassen war, sie rannte in den Garten, ins Küchenhaus, auch dort war niemand. In dem Zimmer, das sie vor ein paar Wochen für ihn hatte saubermachen lassen, lagen ordentlich gefaltet ein paar Decken und eine zusammengerollte Schlafmatte. Sonst sah der Raum unbewohnt aus. Sie rannte zwischen den aufgestellten Eimern und Töpfen hindurch zum Schuppen, wo sein Fahrrad die ganze Zeit neben ihrem gestanden hatte – auch sein Rad war nicht mehr da.
     
    Er bereute es, daß er

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