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Warten auf den Monsun

Warten auf den Monsun

Titel: Warten auf den Monsun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Threes Anna
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Borke eines Baumes, Sicherheit, wie der Kokon einer Larve, wie die beschützenden Arme einer Mutter, wie eine Membran um die leckerste Frucht … Sie fühlte sich um Jahre jünger, stärker, schöner, voller, reicher. Die Sehnsucht in ihrem Herzen und die Tränen, die sie geweint hatte, waren vergessen, sie wußte, daß er sie liebte.
    Oben schlug die Uhr acht.
    »Geh du nur«, sagte Issy, der die Verwandlung ihrer Tante nicht entgangen war. »Ich hab keine Lust.«
    Sie merkte, daß ihre Tante sie gar nicht hörte – Charlottes Füße schlüpften in ein Paar Abendschuhe, und sie ging ohne ein weiteres Wort.
    Hema sah die Memsahib in dem bildschönen Kleid aus dem Haus treten. Sie schien nicht zu laufen, sondern zu schweben. Er wollte ihr zurufen, sie solle warten, er würde ihr ein Taxi bestellen, aber sie tanzte den Pfad zur Straße hinab. Er rannte vor ihr her durch das Spalier der Eimer und Töpfe. Am Tor sprang er auf die Straße und winkte mit ganzer Kraft, um ein Taxi anzuhalten, aber die Taxis waren alle schon mit elegant gekleideten Menschen besetzt, die auch zur Gala wollten.
    Er hörte eine Hupe, eine Autotür flog auf, und Herr Nikhil Nair stieg fassungslos aus seiner funkelnden Nobelkarosse.
    »Mrs. Bridgwater …« Er suchte einen Moment nach den richtigen Worten. »Erweisen Sie mir die Ehre.« Er verbeugte sich tief und hielt ihr die Tür auf.
    Charlotte nahm neben seiner Frau Platz, die in ihrem neuen rosafarbenen Kleid übers ganze Gesicht strahlte.
    Ehe Hema ihr noch einen schönen Abend wünschen konnte, fuhren sie los, in die Stadt, wo überall auf den Straßen Kübel, Schüsseln und Fässer standen, alles, was Wasser auffangen konnte, und wo es nur noch in der Mitte einen ganz schmalen Durchgang für den Verkehr gab.
     
    Es war öde in dem großen Haus, in dem sie nun allein war, viel stiller und leerer als am Tag. Nicht mal der Butler kam, wenn sie an der Klingel zog. Hema war, nachdem der Wagen weggefahren war, zum Butler der Nachbarn gerannt, weil er jemand von den Brüsten erzählen mußte, die er gesehen hatte. Also schenkte Issy sich selbst eine Tasse Tee ein und versuchte wieder einmal, ein passendes Kabel für ihr Mobiltelefon zu finden. Im Schuppen hatte sie am Nachmittag einen ganzen Berg alter, offenbar vergessener Stromkabel und Verlängerungsschnüre entdeckt, vielleicht war was Brauchbares darunter.
    Sie schmiß das Wirrwarr von Leitungen auf den Boden und zog ein kurzes Stück Kabel heraus, aus dem an beiden Enden zwei abgemantelte Kupferdrähte ragten. Mit Heftpflaster klebte sie die Drähte der einen Seite an die beiden Steckerstifte des Aufladegeräts, und die zwei Kupferdrähte am anderen Ende steckte sie – mit äußerster Vorsicht, weil sie wußte, wie gefährlich das sein konnte – in die Steckdose. Das Display ihres Telefons leuchtete auf, und das Zeichen »Akku lädt« wurde sichtbar. Sehr mit sich zufrieden sah sie auf das Telefon und sagte: »Na siehst du, ich kann allein reisen!« Erleichtert lehnte sie sich auf dem Sofa zurück.
    Es knallte. Die Birne über ihrem Knopf flackerte, dann fiel der Strom aus.
     
    Die Kapelle spielte einen Walzer. Die große, überdachte Terrasse des Clubs war zum Tanzen freigeräumt worden. Ringsum brannten Fackeln, und von der Decke hingen silberne Girlanden, die das Licht reflektierten. Frauen, die sonst schüchtern in einer Ecke gestanden hatten, bewegten sich temperamentvoll über die Tanzfläche. Die, die früher als zu dick gegolten hatten, waren an diesem Abend schlanker denn je, während die Bohnenstangen prachtvolle Busen bekommen und die grauen Mäuse offenbar eine Verjüngungskur gemacht hatten. Sogar die Wichtigtuerinnen, die sonst allen auf die Nerven fielen, strahlten etwas Poetisches aus. Auch die unerträgliche Hitze, die über der Stadt lastete und jede Minute noch schwerer wurde, hatte etwas Betörendes.
    Die Schönste von allen aber war Charlotte, die über die Tanzfläche wirbelte wie eine feurige Blume, die von Bienen umsummt war. Sie lachte und tanzte mit Herrn Karapiet, der immer wieder erklärte, daß er noch nie so viele hübsche Frauen beisammen gesehen habe, mit Alok Nath, dem Goldschmidt, der ankündigte, er wolle ein Collier für sie entwerfen, weil er von ihrer Schönheit überwältigt sei, mit Adeeb Tata, dem Großcousin des steinreichen Ratan Tata, der ihr ins Ohr flüsterte, sie sei schöner als alle Damen, denen er in Paris begegnet sei, mit dem Kokosölfabrikanten, der meinte, er sei von ihrem Parfum

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