Warum auch nette Männer nicht zum Frühstück bleiben (German Edition)
Konferenzräume zu einem Großraumbüro zusammengelegt und ihnen einen Haufen Computer hingestellt. Ich habe dort auch einen Schreibtisch, vorgeblich um die Sache gemeinsam mit Lehmann und dem Pixelpunk voranzutreiben, tatsächlich überlasse ich den beiden die Arbeit und verbringe meine Tage damit, nach Lauras Augen zu sehen. Oft beobachte ich Laura, deren Schreibtisch etwa zehn Meter vor meinem steht, und sie sieht öfter mal zu mir herüber. Anfangs tut sie es nachdenklich, als würde sie prüfen müssen, was meine Aufmerksamkeit zu bedeuten hat. Später lächelt sie manchmal. Noch später beginnt sie, mir heimlich Grimassen zu schneiden. Als der Pixelpunk mitbekommt, dass sie mir mitten im Büro die Zunge rausstreckt, eilt er zu mir, als müsse er einen erzürnten König besänftigen, spricht von der Jugend von Frau Anders und dass er mit ihr reden werde über ungebührliches Betragen. Ich höre mir dies voller Ernsthaftigkeit an und bescheide ihn, dass ich wohl besser selbst mit ihr sprechen werde. Die nächsten Tage läuft er wie ein geprügelter Hund durch den Konferenzraum, die Verträge sind noch nicht unterschrieben, er fürchtet offenbar das Schlimmste. Doch ich rede nicht mit Laura. Kein einziges Wort. Ich fühle mich wie ein verliebter Schuljunge, und jeden Tag wird meine Angst, sie anzusprechen, größer.
Ich schwebe durch einen Film, in dem der Kleine und Laura die Hauptrollen spielen, und am Wochenende bin ich grämlich, weil ich Laura zwei Tage lang nicht sehen werde. Montags treibt mich die Sehnsucht immer früher ins Büro, erst wenn ich sehe, dass sie ihren schlabberigen Rollkragenpullover über die langen, braunen Haare zieht und neben ihren Computer knüllt, bevor sie hinter ihrem Bildschirm abtaucht, entspanne ich mich und freue mich auf die Woche.
Dass ich rettungslos verknallt bin, ahnt niemand, außer Laura, nehme ich an, und als sich zwei jüngere Mitarbeiter in meiner Hörweite über Lauras Arsch und Titten unterhalten, werden sie innerhalb von zwei Stunden aus dem Projekt herausversetzt, da kenne ich nichts.
Es ist Laura, die die Sache nach Wochen endlich auf den Point of no Return steuert.
Weil ich das Büro nicht verlasse, solange sie noch da ist, muss auch sie ihren Feierabend nur lange genug hinausschieben, damit wir zum ersten Mal allein in unserer Kommandozentrale der werblichen Internetrevolution sind. Laura kommt zu mir hinüber, setzt sich vor meinen Schreibtisch, faltet artig die Hände im Schoß und sieht mich unverwandt an. »Hallo, Herr Andersson«, sagt sie zu mir, »mein Chef meint, ich darf Ihnen nicht die Zunge rausstrecken, und das finde ich blöd.«
Über ihr Gesicht zieht ein Lächeln, das in mir eine nie gekannte Form von Frieden verbreitet. Ich halte ihren Blick nicht aus und beginne, auf meinen Block zu kritzeln. Nach ein paar Minuten dreht Laura den Block um und fragt: »Sind die für mich?« Erst da bemerke ich, dass ich ein ganzes Schmetterlingsgeschwader gemalt habe, und nicke. Laura ist kein Mädchen für Handtaschen, sie nestelt ihr Portemonnaie aus der Hosentasche, holt einen zerknitterten Zettel heraus, den ich wiedererkenne, und sagt: »Die kommen zu der Raupe.«
Dann schweigen wir wieder. Irgendwann meint Laura: »Wenn du schon nichts sagst, Herr Andersson, dann können wir jetzt eigentlich auch los.«
Ich habe keine Ahnung, ob wir jetzt essen gehen oder zu ihr, um zu vögeln, oder ob wir einfach losfahren, um irgendwo anzukommen, wenn der Sprit in meinem Auto alle ist. Sie hockt auf meinem Beifahrersitz, zündet eine Zigarette an, schiebt sie mir zwischen die Lippen und kommandiert: »Links, rechts, an der Ampel da wieder rechts.« Wir landen irgendwo im finsteren Stadtteil Altona auf dem Parkplatz eines Italieners. »Wohnst du hier?«, frage ich, und sie antwortet: »Ja, gleich gegenüber, aber mach dir keine Hoffnungen, wir gehen jetzt essen.«
Wir reden kaum ein Wort. Laura dreht mit der Gabel den Käse ihrer Pizza Margherita zu kleinen Kreisen, ohne auch nur einen Bissen zum Mund zu führen. Auch ich rühre mein Essen nicht an, dafür sticht Laura mit ihrer Gabel in mein Fleisch und quiekt: »Aua!«
»Vegetarier?«, frage ich und Laura nickt schweigend.
Ansonsten reden unsere Körper. Weil ich verzweifelt am Tisch herumzappele, berühren sich unsere Beine. Laura legt eine Hand auf mein Knie und sagt: »Psssst!« Aber ihr Bein zieht sie nicht weg, und durch die Außenseite meines Unterschenkels jagt ein seltsames Gefühl direkt in die
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