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Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Zeit hatte ihn dann ein Warnschuss auf physischer Ebene aufgeschreckt. Er war allein im Auto auf der Autobahn unterwegs, als er beunruhigende Schmerzen in der Brust spürte. Das Herz raste und stolperte. Ein unkontrollierbares Zittern erfasste seinen ganzen Körper und eine rasch einsetzende Atemnot löste in ihm das Gefühl aus, gleich ersticken zu müssen. Glücklicherweise konnte er noch rechtzeitig anhalten. Erst nach etwa 30 Minuten sah er sich in der Lage, ganz langsam weiterzufahren und die Autobahn zu verlassen. Am selben Tag noch ging er zum Arzt und ließ sich gründlich durchchecken, weil er Sorge hatte, einen leichten Herzinfarkt gehabt zu haben. Doch die Untersuchungen endeten ohne Befund. Autobahnen – und nach Möglichkeit auch das Autofahren – meidet er seither.
    Trotz allem war die Stelle bei dem Solarenergie-Unternehmen für den Ingenieur immer noch sein Traumjob und er identifizierte sich in hohem Maße mit seinem Betrieb. Aber er litt darunter, dass er unter den gegebenen Bedingungen nicht das leisten konnte, was er leisten wollte.
    Damit wäre die Sache eigentlich erledigt gewesen, die Diagnose klar: Die Arbeit frisst ihn auf, der Chef macht ihn fertig, unter diesen Arbeitsbedingungen kann doch kein Mensch vernünftig arbeiten ... Doch ich war misstrauisch. Ich sah einen erschöpften Menschen, der aber augenscheinlich noch vollkommen Herr der Situation war. Oder ließ er uns – unbewusst – nicht in seine Karten gucken und verbarg das eigentliche Problem vor sich selbst und uns? Wieso konnte dieser Mann die Bedingungen in seinem Job so unerschütterlich vorbringen, so glasklar analysieren, so distanziert beschreiben?
    Ich fragte ihn genauer nach seiner persönlichen Situation, nach seiner Familie.
    Da schluckte der gestandene Manager und senkte den Blick. Ich konnte ihm ansehen, dass ich mit dieser Frage plötzlich an seine emotionale Grenze gestoßen war. Die souveräne Gelassenheit des Mannes war mit einem Mal dahin. „Ich denke den ganzen Tag an meine Familie, doch wenn ich nach Hause komme, bin ich wie ausgebrannt. Ich kann gar nicht mehr auf meine Kräfte zugreifen“, entgegnete er mit belegter Stimme, „die waren doch bis dahin so selbstverständlich da!“ Sein Hals wurde zunehmend enger, das Sprechen wurde immer mühsamer. Mit tiefen Atemzügen versuchte er, die Kontrolle über seine Stimme zurückzubekommen. Doch es gelang ihm nicht. Er schaute Hilfe suchend nach oben, wollte dann mit Gesten an seinen Sitznachbarn weitergeben. Es dauerte eine ganze Weile, bis er stückweise und mit längeren Unterbrechungen erzählen konnte, wie es wirklich um ihn stand: Er, der Top-Performer, lebte mit der ständigen Angst, als fürsorglicher Vater und Ehemann zu versagen und seine Familie zu verlieren: „Das zerreißt mich!“ Er war am Ende seiner Kräfte.
    Was ist hier eigentlich los? , fragte ich mich. Der Mann macht einen anspruchsvollen Job und verantwortet ein großes Budget – und bricht in Tränen aus, wenn er an Frau und Kinder denkt. Wie ist das zu erklären? Wenn das eigentliche Problem nicht der Job ist, wo verläuft dann die Grenzlinie zwischen denen, die ausbrennen, und denen, die den komplexen Alltag mühelos meistern? Mit anderen Worten: Wer brennt aus und wer nicht?
Sind es die äußeren Umstände?
    Es gibt zahlreiche klassische Erklärungsmodelle für Burnout-Störungen. Der bedeutendste Ansatz stammt von Christina Maslach. Hier wird die Verdichtung der Arbeit als Verursacher des Burnout dingfest gemacht. Gemeinsam mit Susan E. Jackson entwickelte Maslach 1981 das „Maslach Burnout Inventory“ (MBI), das bis heute gängigste Messinstrument zur Erfassung des Burnout-Syndroms. Mithilfe eines Fragebogens werden dabei drei Dimensionen erfasst: emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit.
    Klassisch wird Burnout wie folgt beschrieben: Ein Burnout-Syndrom oder Ausgebranntsein ist ein Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit. Es kann als Endzustand einer Entwicklungslinie bezeichnet werden, die mit idealistischer Begeisterung beginnt und über frustrierende Erlebnisse zu Desillusionierung und Apathie, psychosomatischen Erkrankungen und Depression oder Aggressivität und einer erhöhten Suchtgefährdung führt. Burnout gilt demnach nicht als Krankheit mit eindeutigen diagnostischen Kriterien, sondern als eine körperliche, emotionale und geistige Erschöpfung aufgrund beruflicher

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