Warum französische Frauen nicht dick werden (German Edition)
kleine Änderungen vor. Wenn wir also unsere überzähligen Pfunde wieder verlieren, geschieht das nicht nur auf schmerzlose Weise, sondern der Erfolg hat auch weit größere Aussichten, anzudauern. Gewichtskontrolle ist kein Schreckensregime, sondern Teil unseres
savoir vivre
– der Kunst zu leben.
Ich wäre dennoch nicht ehrlich, würde ich nicht zugeben, dass auch ich ein oder zwei Französinnen kenne, die ihr ganzes Leben über dick waren. Eine wundervolle Freundin der Familie, sie hieß Yvonne, genoss Essen und Wein mehr als irgendwer, den ich je kennen gelernt habe. Was für ein Vergnügen es war, mit ihr zu essen! Oft habe ich das getan, bis sie vor zehn Jahren mit 84 starb. Yvonne wusste, dass sie keine grazile Person war, aber ihre Figur hatte nichts mit einem Verlust von Kontrolle zu tun. Ganz besonders in ihren letzten Jahren zog sie so großen wirklichen, echten Genuss aus Essen und Trinken, so viel Vitalität,dass ihr der Lohn größerer Beschränkung schlicht nicht ausreichend erschien. Nicht dass sie immer noch mehr Gewicht zugelegt hätte, sie setzte einfach aus freiem Willen ihr »persönliches« Gleichgewicht, wenn man so will, höher an als die meisten Frauen. Und liebte jeden Tag ihres Lebens. Ihre Figur war ungewöhnlich, aber im Geiste hätte sie nicht französischer sein können.
Meine Strategie in diesem Buch ist ebenfalls durch und durch französisch. Essayistisch,
bien sûr
, aber auch systematisch. Stück für Stück habe ich versucht, Ihnen nahe zu bringen, warum französische Frauen, mit seltenen Ausnahmen, nicht dick werden. Dies ist kein Diätbuch, das Ihnen eine mehrfarbige Grafik bietet, anhand derer Sie – a, b, c, d etc. – sofort Schritt für Schritt zu Werke gehen können. Und darauf kommt es auch nicht an. Natürlich können Sie selbst
Madame Bovary
querlesen und blätternd den Plot nachvollziehen, Szenerie und Hauptpersonen im Eiltempo ausmachen; wollen Sie jedoch von den Einsichten des Buches profitieren, müssen Sie sich der Erzählung überlassen und darauf gefasst sein, nicht immer alles beim ersten Versuch zu erkennen. Ein Programm, das Ihnen ein Leben lang dient, ist nicht im Hauruck-Verfahren zu entwickeln. Gewohnheiten zu verändern, dauert länger, aber wenn es gelingt, hat das Neue Bestand.
Es würde jedem französischen Verständnis widersprechen, eine ganze Philosophie auf ein paar einzelne Regeln reduzieren zu wollen. Jedes wirkliche Lebensmuster ist mehr als die Summe seiner Teile. Aber ich bin auch Amerikanerin, und als leitende Angestellte habe ich eine Schwäche für Listen und Kernsätze. Und was für ein Buch könnte sich schon französisch nennen, wenn es nicht zumindest mit dem Versuch spielte, sich selbst zu dekonstruieren. Und so fühlt sich die Amerikanerin in mir – ganz imBewusstsein der möglichen Fehlbarkeit dessen, was sie nun tut – zu folgenden verallgemeinernden Beobachtungen bemüßigt:
Französinnen
freuen
sich auf die guten Dinge, die sie essen, und sorgen sich nur wegen der schlechten.
Französinnen essen viele verschiedene Dinge, in kleinen Portionen – nicht nur ein Gericht in großen Mengen.
Französinnen essen viel Gemüse.
Französinnen essen sehr viel Obst.
Französinnen lieben Brot und würden an ein Leben ohne Kohlehydrate nie auch nur denken.
Französinnen essen nicht »fettfrei« oder »zuckerfrei« oder sonst etwas, dem künstlich der natürliche Geschmack entzogen wurde – aber sie mäßigen sich.
Französinnen lieben Schokolade, besonders die dunkle, leicht bittere, seidige, mit ihrem nussigen Aroma.
Französinnen essen mit allen fünf Sinnen und lassen so weniger mehr erscheinen.
Französinnen balancieren Essen, Trinken und Bewegung Woche für Woche neu aus.
Französinnen glauben an Planung, Vorbereitung und Genuss.
Französinnen kommen auch schon mal vom Weg ab, aber sie finden wieder zurück; für sie gibt es Umwege, aber keine Sackgassen.
Französinnen stehen nicht ständig auf der Waage, sondern verlassen sich auf Hände, Augen und Kleider: Sie vertrauen auf das »Reißverschluss-Syndrom«.
Französinnen essen dreimal täglich.
Französinnen essen nicht ständig »zwischendurch«.
Französinnen versuchen, Heißhunger zu vermeiden.
Französinnen essen nie, bis sie sich »voll« fühlen.
Französinnen trainieren ihren Geschmack, und den ihrer Kinder, von früh auf.
Französinnen halten sich an ihre Essensrituale, essen nicht im
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