Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)
Gewissen zu machen«, so Eric.
Ich sehe mich lieber als die Art Frau, der das mit dem Croissant nichts ausmacht, oder hoffe zumindest, dass Simon ein Mann ist, der die Krümel verstecken würde. Ich gebe einen Geburtsplan mit PDA-Wunsch ab und verfüge, dass Simon auf keinen Fall die Nabelschnur durchschneiden darf. Da ich schon schreie, wenn ich meine Beine waxen lasse, halte ich mich für keine besonders gute Kandidatin für eine natürliche Geburt. Ich fürchte, ich werde Schwierigkeiten haben, den Schmerz als rein soziales Konstrukt zu betrachten.
Ich mache mir mehr Sorgen darüber, ob ich es rechtzeitig ins Krankenhaus schaffen werde. Auf die Empfehlung einer Freundin hin habe ich mich in einer Klinik am anderen Ende der Stadt angemeldet. Beschließt das Baby, während der Rushhour zur Welt zu kommen, könnte das Probleme geben.
Vorausgesetzt ich bekomme überhaupt ein Taxi. Es kursieren Gerüchte unter meinen Freunden, dass sich französische Taxifahrer weigern, Frauen in den Wehen mitzunehmen – aus Angst, anschließend deren Plazenta vom Sitz schrubben zu müssen. Eine Geburt auf der Rückbank eines Taxis ist auch aus anderen Gründen nicht unbedingt ideal. Simon hat solche Angst davor, dass er sich weigert, die Anweisungen für eine Sturzgeburt in Ein Baby kommt auch nur durchzulesen.
Meine Wehen beginnen um acht Uhr abends, was bedeutet, dass ich das dampfende Thai-Essen, das wir uns gerade geholt haben, nicht mehr essen kann. Aber zumindest sind die Straßen frei. Simon ruft ein Taxi, und als ich einsteige, bin ich noch ganz ruhig. Soll der Fahrer – ein schnauzbärtiger Mann um die fünfzig – doch versuchen, mich rauszuwerfen!
Bedenken, die sich als völlig unbegründet herausstellen. Sobald wir losgefahren sind und er meine Schreie vom Rücksitz hört, ist er ganz aus dem Häuschen vor Begeisterung. Während seiner gesamten Taxifahrer-Laufbahn habe er auf so einen Moment gewartet. Das sei ja wie im Film!
Während wir im Dunkeln durch Paris fahren, löse ich den Sitzgurt und lasse mich wegen der zunehmenden Schmerzen stöhnend auf den Boden des Taxis gleiten. Das ist doch etwas anderes, als sich die Beine waxen zu lassen. Ich vergesse meine naiven Fantasien von einer natürlichen Geburt. Simon lässt die Fenster herunter, entweder, damit ich mehr Luft bekomme, oder um meine Laute zu übertönen.
Währenddessen drückt der Fahrer aufs Gas. Ich sehe, wie die Straßenlaternen über meinen Kopf hinwegsausen. Er erzählt lauthals, wie sein Sohn vor fünfundzwanzig Jahren zur Welt kam. »Nicht so schnell, bitte!«, flehe ich ihn vom Boden aus zwischen zwei Wehen an. Simon ist schweigsam und blass und starrt stur geradeaus.
»Woran denkst du?«, frage ich.
»An niederländischen Fußball.«
Als wir die Klinik erreichen, hält der Taxifahrer vor der Notaufnahme, springt aus dem Wagen und eilt hinein. Er scheint uns bei der Geburt Gesellschaft leisten zu wollen. Kurz darauf ist er schwitzend und keuchend wieder da. »Man erwartet Sie bereits!«, ruft er.
Ich taumle hinein, überlasse es Simon, das Taxi zu bezahlen, und überzeuge den Fahrer zu gehen. Sobald ich eine Hebamme sehe, verkünde ich in meinem besten Französisch: » Je voudrais une péridurale!« (»Ich hätte gern eine PDA !«). Hätte ich Geld dabeigehabt – ich hätte mit einem Bündel Scheinen vor ihrer Nase herumgewedelt.
Trotz der französischen Vorliebe für PDA s stellt sich heraus, dass man sie nicht auf Bestellung bekommt. Die Hebamme nimmt mich mit in einen Untersuchungsraum, um meinen Muttermund zu kontrollieren. Dann sieht sie mich mit einem amüsierten Lächeln an. Er ist gerade mal drei von zehn möglichen Zentimetern geöffnet. Dafür holt sie den Anästhesisten bestimmt nicht von seinem thailändischen Imbiss weg.
Die Hebamme legt die beruhigendste Musik auf, die ich je gehört habe (eine Art tibetisches Wiegenlied), und hängt mich an einen Tropf, der die Schmerzen lindert. Irgendwann schlafe ich erschöpft ein.
Ich erspare meinen Lesern die Details der hochmedizinisierten, hochangenehmen Geburt. Dank der PDA findet der Austreibungsprozess mit der Präzision und Intensität einer Yoga-Übung statt, ist aber dabei bedeutend bequemer.
Wie sich herausstellt, besteht das Team aus Anästhesistin, Hebamme und Ärztin – ausschließlich Frauen. (Simon, der sich weitab vom Ort des Geschehens positioniert hat, ist ebenfalls anwesend.) Als die Sonne aufgeht, kommt unser Baby zur Welt.
Ich habe gelesen, dass Babys dem Vater
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