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Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)

Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)

Titel: Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Druckerman
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ähneln, wenn sie geboren werden, damit die Väter in Sachen Vaterschaft beruhigt und motiviert sind, auf die Jagd zu gehen (oder Investmentbanking zu betreiben), um die Familie zu ernähren. Als unsere Tochter das Licht der Welt erblickt, ist mein erster Gedanke: Sie sieht Simon nicht nur ähnlich, sie ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.
    Wir kuscheln eine Weile mit ihr. Dann zieht man ihr ein chices, schlichtes französisches Outfit an, das vom Krankenhaus gestellt wird und zu dem auch ein süßes kleines Beanie-Mützchen gehört. Wir geben unserer Tochter zwar einen anständigen Namen, aber dem Mützchen sei Dank nennen wir sie fast nur noch Bean .
    Ich bleibe sechs Tage im Krankenhaus, was in Frankreich ganz normal ist. Ich wüsste auch nicht, warum ich es freiwillig vorher verlassen sollte: Es gibt zu jeder Mahlzeit frisches Baguette und einen sonnigen Garten, in den ich mich für kleine Spaziergänge davonstehle. Und die lange Liste mit Weinen, die man sich aufs Zimmer bestellen kann, verzeichnet auch Champagner. In Frankreich bekommt man für Kinder eine allgemeingültige Gebrauchsanweisung. Jedes
Neugeborene erhält ein weißes Büchlein mit dem Titel carnet de santé . Es wird das Kind bis zum achtzehnten Lebensjahr begleiten. Die Ärzte tragen jede Kontrolluntersuchung und jede Impfung darin ein, sie vermerken die Größe, das Gewicht und den Kopfumfang des Kindes. Es stehen auch ein paar grundlegende Verhaltensregeln darin: Wie man Babys füttert und badet, wann die Kontrolluntersuchungen stattfinden und woran man gesundheitliche Probleme erkennt.
    Das Buch bereitet mich jedoch nicht auf die Verwandlung vor, die Bean durchmacht. Nach der Geburt sieht sie so aus wie Simon mit dunkelbraunen Augen und dunkelbraunem Haar. Sie hat sogar seine Grübchen. Wenn hier irgendetwas zweifelhaft ist, dann, dass ich die Mutter bin. Meine hellhaarigen, blauäugigen Gene scheinen seinen dunklen, mediterranen schon in der ersten Runde unterlegen zu sein.
    Doch im Alter von ungefähr zwei Monaten verändert sich Bean komplett: Ihr Haar wird blond, und ihre braunen Augen werden erstaunlicherweise blau. Auf einmal sieht unser mediterranes Kind aus wie eine kleine Schwedin.
    Theoretisch gesehen ist Bean Amerikanerin. (Sie kann die französische Staatsbürgerschaft beantragen, wenn sie älter ist.) Aber ich bin mir sicher, dass ihr Französisch innerhalb weniger Monate besser sein wird als meines. Ich weiß nur nicht, ob wir eine kleine Amerikanerin oder eine kleine Französin großziehen werden. Gut möglich, dass wir gar keine Wahl haben.
    6 Aus einem Bericht mit dem Titel Women on the Front Lines of Health Care: State oft he World’s Mothers 2010 , veröffentlicht von Save the Children .
    7 »Top des Maternités«, www.maman.fr/top_des_maternités-1-1.html

Schlaf Kindlein, schlaf
    Wenige Wochen, nachdem wir Bean nach Hause geholt haben, fragen mich Nachbarn: » Elle fait ses nuits?« (Wortwörtlich: »Macht sie ihre Nächte?«, sprich: »Schläft sie durch?«)
    Dabei höre ich die französische Redewendung für »durchschlafen« zum ersten Mal. Erst finde ich sie tröstlich: Wenn es ihre Nächte sind, wird Bean sie unweigerlich einfordern. Sind es dagegen unsere Nächte , vielleicht weniger.
    Doch dann finde ich die Frage irritierend. Natürlich schläft sie noch nicht durch! Sie ist zwei Monate alt (und dann drei, schließlich vier Monate). Jeder weiß, dass kleine Babys schlecht schlafen. Die meisten Eltern aus meinem Bekanntenkreis haben keine ungestörte Nachtruhe mehr, bis ihre Kinder ungefähr ein Jahr alt sind. Ja, ich kenne sogar Vierjährige, die nachts immer noch zu ihren Eltern ins Schlafzimmer kommen.
    Meine angloamerikanischen Freunde akzeptieren das. Sie bevorzugen offene Fragen wie: »Wie schläft sie denn so?«. Und auch das ist nicht wirklich als Frage gemeint, sondern soll den erschöpften Eltern Gelegenheit geben, Dampf abzulassen.
    Wir assoziieren Babys automatisch mit Schlafentzug. Eine Schlagzeile in der britischen Daily Mail lautet: »Eltern von Neugeborenen entgeht in den ersten zwei Lebensjahren ihres Kindes EIN HALBES JAHR Schlaf. Zitiert wird aus einer Studie, die eine Bettenfirma in Auftrag gegeben hat. Der Artikel liest sich durchaus plausibel. »Leider stimmt das«, kommentiert ein Leser. »Unsere einjährige Tochter schläft seit zwölf Monaten keine Nacht durch, wir können froh sein, wenn wir vier Stunden am Stück schlafen.« Rund die Hälfte der Kinder schläft nicht durch, aber die

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