Warum hab ich ihn gekuesst
ihrer Rolle zu arbeiten, bis sie völlig erschöpft war.
8. KAPITEL
„Keine Angst. Man hält sich immer für schlechter, als man wirklich ist. Das geht allen Schauspielern so", tröstete Rafe Kirsty, als er ihr von der Bühne hinunterhalf.
Sie hatten gerade den letzten Probendurchlauf vor der Kostümprobe beendet, und Kirsty hatte das Gefühl, dass ihre Darstellung im Gegensatz zu denen der anderen zu wünschen übrig gelassen hatte.
„Ich glaube, Simon hat Recht und deine Neuinterpretation der Rolle der Hero ist sehr überzeugend. David findet es übrigens auch", fügte Rafe mit einem schalkhaften Lächeln hinzu.
An der Darstellung der Beatrice und des Benedick war zwar nichts auszusetzen, doch zwischen den beiden Hauptdarstellern hatte es gewisse Spannungen gegeben. Das überraschte Kirsty, denn David stand im Ruf, ein sehr unprätentiöser Schauspieler zu sein. Rachel hatte versucht, sich in den Vordergrund zu drängen, und er hatte sich zwar nicht von ihr provozieren lassen, ihr aber deutlich zu verstehen gegeben, dass so etwas nicht noch einmal vorkommen würde. Cherry hatte Kirsty erzählt, dass Simon auch nicht besonders glücklich wäre, was Rachel betraf, obwohl er ihre professionelle Arbeit lobte.
„Ich fürchte, ich werde niemals auch nur annähernd so gut sein wie Rachel", vertraute Kirsty David an.
„Möchtest du es denn überhaupt?" Er zog die Augenbrauen hoch und blickte auf sie herab. „Wenn du erst mit Drew verheiratet bist, wird das Theater für dich doch an zweiter Stelle stehen - es sei denn, ich habe dich falsch eingeschätzt."
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, das hast du nicht. Ich werde nie mit Leib und Seele Schauspielerin sein."
„Umso besser", meinte er lachend. „Drew wäre darüber bestimmt nicht besonders glücklich. Hast du in letzter Zeit etwas von ihm gehört?" fügte er beiläufig hinzu.
Benommen fragte sie sich, wie viel er wohl wusste. Eine Zeit lang hatte Rachel keinen Hehl daraus gemacht, dass sie nicht abgeneigt war, eine Affäre mit ihm zu beginnen. Mittlerweile verhielt sie sich ihm gegenüber höflichdistanziert, doch vielleicht hatte sie ihm erzählt, dass Beverley mit Drew in New York war.
„Er schreibt mir", log Kirsty schließlich, „aber ..."
„Briefe sind ein schlechter Ersatz, stimmt's? Wenn ich nicht wüsste, dass ich in fremden Revieren wildern würde, dann würde ich dich heute Abend zum Essen einladen, Kirsty." Er lächelte ironisch. „Drew kann sich sehr glücklich schätzen. Frauen wie du sind heutzutage selten."
„Vielen Dank." Sie rang sich ein Lächeln ab, denn allein beim Gedanken an Drew kam all der Kummer wieder hoch, den sie so verzweifelt zu verdrängen suchte.
„Was ist hier denn los?" Sie standen im Halbdunkel hinter den Kulissen, und Rachels höhnische Frage und durchdringender Blick veranlassten sie beide, einen Schritt zurückzuweichen. „Privatunterricht?" fügte Rachel bissig hinzu. „Ich hoffe, dass du davon profitierst, meine Liebe - du kannst es sicher gebrauchen. Aber ich vergesse natürlich immer, dass du nicht so viel Erfahrung hast wie wir alle - zumindest nicht auf der Bühne. Wie viele Flops hattest du noch? Zwei?"
„Einen." Kirsty war stolz darauf, dass ihre Stimme so ruhig klang.
„Zicke!" bemerkte David, nachdem Rachel sich an ihnen vorbeigedrängt hatte.
„Hoffentlich erzählt sie Drew jetzt nicht, wir hätten etwas miteinander."
„Ich glaube nicht, dass das etwas a n seinen Gefühlen für mich ändern würde", erwiderte Kirsty. Schließlich stimmte es auch. Drew hatte ohnehin schon keine hohe Meinung von ihr, und vermutlich würde es ihn auch kalt lassen, wenn Rachel behauptete, sie hätte ein Verhältnis mit David. Da sie der Versuchung nicht hatte widerstehen können, trug sie seinen Ring wieder, und als sie ihn nun berührte, verspürte sie einen Anflug von Traurigkeit.
Simon hatte ihr bereits erzählt, dass Drew länger als ursprünglich geplant in New York bleiben musste. Warum? Weil Beverley da war und er die Trennung von ihr nicht ertragen konnte? Kirsty kam zu dem Ergebnis, dass es nichts brachte, sich mit derartigen Fragen zu quälen, und daher stimmte sie zu, als Cherry ihr vorschlug, nach den Proben noch mit den anderen auf einen Drink in den Pub zu gehen.
Im Pub herrschte eine ausgelassene Stimmung unter den Ensemblemitgliedern.
Nur Kirsty ließ sich davon nicht anstecken. Rafe, der neben ihr saß, fragte sie nach ihrer Meinung über Simons Interpretation ihrer
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