Warum hab ich ihn gekuesst
Rolle.
„Ich finde, es funktioniert sehr gut", erklärte er begeistert. „Ursprünglich war es natürlich Drews Idee. Er hat es mir beim ersten Vorsprechen erzählt. Ich wollte von ihm wissen, wer die Hero spielt, und er sagte, er hätte noch keine Darstellerin gefunden. Er meinte, er wäre auf der Suche nach einer Schauspielerin mit besonderen Fähigkeiten, die in der Lage ist, über der traditionellen Interpretation der Rolle zu stehen. Wenn ich mich recht entsinne, bewundert er Hero sehr", fügte er jungenhaft lächelnd hinzu. „Er sagte, es wäre viel leichter, mit ihr zusammenzuleben, als mit Beatrice. Scheint so, als hätte er es ernst gemeint. Habt ihr schon einen Termin für den großen Tag festgelegt?"
Bevor Kirsty antworten konnte, wandte Meg sich an sie und erzählte ihr von der Zeit, in der sie die Hero gespielt hatte, und wie schwierig sie die Rolle gefunden habe.
Kirsty hatte den Eindruck, dass alle versuchten, ihr Selbstbewusstsein zu stärken, und das machte sie noch mutloser. Sie wusste, dass sie sich für die Rolle nicht eignete, denn es mangelte ihr an der Erfahrung und der Ausdruckskraft, die Simon sich wünschte. Sie war fest davon überzeugt, dass sie ihn und die anderen enttäuschen würde.
„Vergesst nicht, dass an Mittwoch Kostümprobe ist", erinnerte Simon sie, als sie aufbrachen. „Ich muss mich jetzt beeilen, denn Helen geht es nicht so gut. Morgen sind keine Proben."
Alle seufzten erleichtert auf, weil es über eine Woche her war, dass sie einen freien Tag gehabt hatten. Simon hatte ihnen und sich selbst viel abverlangt, und Kirsty war froh darüber gewesen, weil sie Abends todmüde ins Bett gefallen und sofort eingeschlafen war. Nun jedoch würde sie einen ganzen Tag Zeit haben, an Drew zu denken und sich Sorgen wegen der Premiere zu machen. So viel Angst hatte sie bei ihren anderen beiden Rollen nicht gehabt. Plötzlich konnte sie nicht mehr verstehen, warum sie unbedingt weiter hatte auftreten wollen. Als sie nach Hause kam, rief sie spontan Chelsea an, die in Northumberland wohnte.
Der heisere Klang der Stimme ihrer Tante beruhigte sie sofort. Schweigend hörte Chelsea zu, während Kirsty ihr von ihren Problemen erzählte. Drew erwähnte sie allerdings nicht.
„Schade, dass du nur einen freien Tag hast", sagte Chelsea schließlich, „sonst hättest du uns besuchen können. Ich habe gestern Abend mit deiner Mutter telefoniert. Sie macht sich Sorgen um dich."
Kirsty sah Chelsea förmlich vor sich, wie sie mitfühlend lächelte. Auch Chelsea hatte früher unter Ann Stannards übermäßig stark ausgeprägtem Mutterinstinkt gelitten. Ann hingegen war stolz darauf, dass sie maßgeblich dazu beigetragen hatte, Chelsea und Slade zusammenzubringen.
„Versuch doch, das Ganze lockerer zu sehen, Kirsty", riet Chelsea. „Schade, dass wir uns nicht sehen können. Du klingst irgendwie anders als sonst. Ich habe das Gefühl, dass etwas anders ist, aber ich weiß nicht, was. Geht es dir wirklich gut?"
„Sehr gut", versicherte Kirsty fröhlich. „Ich bin nur erwachsen geworden, das ist alles." Und bevor ihre Tante noch mehr Fragen stellen konnte, legte sie schnell auf.
„O Kirsty, du siehst absolut fantastisch aus! Deine Taille ist so schmal!" rief Cherry begeistert. Sie saß in der überfüllten Garderobe, in der die Luft zum Schneiden war, auf einem Hocker und beobachtete, wie die Mitglieder des Ensembles ihre Kostüme anzogen.
Kirsty musste zugeben, dass ihr Kleid sehr hübsch war. Es war aus purpurrotem Taft und hatte einen weich fließenden cremefarbenen Unterrock.
Ursprünglich war es für die Rolle der Beatrice vorgesehen gewesen, doch Rachel hatte sich kategorisch geweigert, die Farbe zu tragen, weil sie angeblich nicht zu ihrer dunklen Perücke passte.
„Die Ersten müssen gleich auf die Bühne", warnte Cherry sie. „Ich liebe die ersten Kostümproben, weil das Stück erst richtig Gestalt annimmt, wenn die Schauspieler ihre Kostüme tragen. Die Kulissen sind auch fantastisch. Es war eine prima Idee von Drew, die Kunsthochschule in York damit zu beauftragen."
Die Kunststudenten hatten unter Petes fachkundiger Anleitung wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Eine vertraute Nervosität überkam Kirsty, als sie hinter Rachel die Bühne betrat - und dann war sie nicht mehr Kirsty Stannard, sondern Hero, die gutmütige, ruhige Cousine der hitzköpfigen Beatrice. Hinter ihrer ruhigen Art verbargen sich allerdings Entschlusskraft und Mut, und es lag an
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