Warum hab ich ihn gekuesst
ihr, dem Publikum diese Eigenschaften zu vermitteln.
Leonato trat zuerst auf, dann folgte der Bote, gespielt von Geoff. Anschließend war Rachel dran. Schlagfertig und zynisch erkundigte sie sich nach Benedick.
Leonatos Frage „Nach wem fragt Ihr, Nichte?" war das Stichwort für Kirsty, und sie atmete einmal tief durch. Ihr Lächeln und ihre Haltung wirkten gelassen, doch ihre Augen funkelten, und ihre Stimme hatte einen ganz besonderen Unterton, als sie erwiderte: „Meine Muhme meint den Signor Benedick von Padua ..."
So ging es weiter bis zur Trauszene, in der Claudio sie zurückweisen würde.
Als Kirsty die Bühne verließ, stellte sie fest, dass hinter den Kulissen das reinste Chaos herrschte.
„Von wegen ,Die Show muss weitergehen'!" sagte Cherry zwischen zusammengebissenen Zähnen. Als sie Kirsty sah, hellte ihre Miene sich auf, und sie umfasste ihren Arm und zog sie in die Garderobe.
„Drew ist unterwegs", erzählte sie schnell.
„Drew? Du meinst, er kommt aus New York?" erkundigte Kirsty sich matt.
Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, und sie dachte überhaupt nicht mehr an ihre Rolle.
„Nein, von London hierher. Gestern Abend ist alles über den Haufen geworfen worden. Wusstest du, dass Simon nicht hier ist?"
„Ja, irgendjemand hat gesagt, er habe sich verspätet."
„Das stimmt nicht ganz. Helen ging es gestern den ganzen Tag nicht gut, und gestern Abend musste sie ins Krankenhaus eingeliefert werden. Simon hat Drew in New York angerufen, und Drew hat ihm versprochen, sofort zu kommen, damit Simon sich um Helen kümmern kann", fügte Cherry ernst hinzu. „Es kann gut sein, dass sie die Geburt einleiten müssen. Ich wollte es dir sagen, weil ich dachte, dass Drew in der ganzen Hektik nicht dazu kommt, dich zu benachrichtigen. Er wollte den ersten Flug mit der Concorde und dann den nächsten nach York nehmen und müsste bald hier eintreffen. Simon hat mir gesagt, Drew wollte rechtzeitig hier sein, um sich die Kostümprobe anzusehen. Los, du musst wieder auf die Bühne", erinnerte sie sie. „Ich wollte dich nur ein bisschen aufheitern."
Aufheitern! Bei der Vorstellung, dass Drew ihren Auftritt sah, wurde Kirsty noch nervöser. Noch schlimmer war allerdings der Gedanke an die unvermeidliche Konfrontation, wenn die Probe beendet war und er ihr mitteilen würde, dass sein Plan funktioniert hatte, dass Beverley und er wieder zusammen seien und sie, Kirsty, nicht mehr die Rolle der Verlobten zu spielen brauche.
Irgendwie schaffte sie es, wieder auf die Bühne zu gehen, bekam jedoch kaum etwas mit, bis Claudio alias Rafe mit der Rede begann, in der er sie zurückwies.
Ob Drew inzwischen eingetroffen war? Cherry verfolgte das Geschehen, aber es war nicht dasselbe, als wenn Simon da gewesen wäre. Kirsty merkte, dass alle nicht mehr ganz so konzentriert arbeiteten, als sich herumsprach, dass es Helen nicht gut ging. Simons junger Assistent, Brian Feiton, bemühte sich verzweifelt, die Vorstellung zu retten.
„Pass auf Rachel auf", warnte Cherry sie, als Kirsty in die Garderobe ging, um sich umzuziehen. „Sie hat schon versucht, dich aus dem Konzept zu bringen. Wenn Simon hier wäre, würde sie damit nicht davonkommen."
„Gibt es irgendwelche Neuigkeiten über Helen?" fragte Kirsty, während die Garderobiere ihr Kleid zuhakte.
„Nur dass sie immer noch warten. Simon hat vorhin angerufen. Er wollte wissen, ob Drew schon da ist."
„Du weißt, was das bedeutet, oder?" flüsterte Rafe Kirsty zu, während sie auf ihren nächsten Auftritt warteten. „Dass bald die nächste Kostümprobe folgt. Ich weiß nicht, warum Simon den Termin heute nicht abgesagt hat."
Kirsty lächelte, obwohl ihr überhaupt nicht danach zu Mute war. Sie war zu angespannt.
Der vierte Akt, die Szene, in der Claudio Hero verstoßen würde, hatte begonnen, und Kirsty unterliefen einige Patzer. Sie riss sich zusammen und versuchte, sich auf den Klang von Rafes tiefer Stimme zu konzentrieren. Dies war für sie fast die wichtigste Stelle im Stück, und ihre Hände waren schweißnass vor Angst.
Schließlich begann Kirsty zu sprechen, leise, aber nachdrücklich, um Heros Entsetzen glaubwürdig erscheinen zu lassen. Doch kaum hatte sie angefangen, entstand plötzlich Unruhe im Zuschauerraum. Sie brauchte nicht einmal den Kopf zu wenden, um zu wissen, wer der Mann war, der dann auf sie zukam.
„Nein, Kirsty, das ist nicht richtig", hörte sie ihn sagen, und wenige Sekunden später stand er ihr gegenüber.
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