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Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt

Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt

Titel: Warum jeder jedem etwas schuldet und keiner jemals etwas zurückzahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchester
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selten in all ihrem Glanz und Gloria, aber wenn sie es tun, dann hinterlässt sie einen unvergesslichen Eindruck.
    Ein paar der besten Beispiele für eine solche Haltung findet man bei Leitern von Banken, die Bankrott gegangen sind. Der Präsident und Vorstandsvorsitzende von Lehman Brothers, Richard Fuld, lieferte mit seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss des Kongresses ein hervorragendes Beispiel, denn sie enthielt nicht einmal da Cchtrte mis leiseste Bedauern. Ein weiteres findet sich in unserem Ex-Sir, Fred Goodwin, der nach dem Zusammenbruch der Royal Bank of Scotland und ihrerRettung durch die Regierung eine Rente von erstaunlicher Höhe einforderte – erstaunlich nicht nach den für Banker üblichen Standards, sondern erstaunlich, wenn man bedenkt, dass es sich hier um ein gescheitertes Unternehmen handelte, für dessen Schulden der Steuerzahler aufkommen musste.
    Das sind nur ein paar der grellsten Beispiele für die Frechheit, die im Innern der Geldblase existiert, und für die wohlige Sicherheit, in der sich die Anhänger des Kults wiegen. Das alles wäre aber gar nicht mal so schlimm, wenn nicht die psychologischen Eigenheiten der »Meister des Universums« eine ganz entscheidende Rolle bei der Reise gespielt hätten, die uns an diesen Punkt gebracht hat. Eine der Grundüberzeugungen unserer Kultur spiegelt sich in folgender Frage: »Wenn du schon so wahnsinnig klug bist, warum bist du dann nicht stinkreich?« Aber die Menschen in der Finanzwelt sind tatsächlich stinkreich – woraus dann natürlich logischerweise folgt, dass alles, was sie tun, ungeheuer klug sein muss. Diesen Schluss haben im Geldbusiness viel zu viele Leute gezogen.
    Die Aufsichtsbeamten versagten, aber das taten sie deshalb, weil die Banker alles unternahmen, um eben das zu erreichen. Alle bestehenden Regeln, von den Anforderungen zur Eigenkapitalreserve über die Beachtung von Risiken bis hin zur Regulierung des grenzüberschreitenden Geldverkehrs wurden von einigen Banken energisch, systematisch und mit großer Entschlossenheit umgangen. Sie behandelten die Regeln so, als seien sie von sehr dummen Menschen aufgestellt worden, deren einzige Absicht darin bestand, ihnen Steine in den Weg zu legen und sie der ihnen zustehenden Gewinne zu berauben. Für diese Banker war es ganz klar, dass sie selbst die Risiken, die sie eingingen, sehr viel besser verstanden als sonst jemand. Sie verhielten sich wie Autofahrer, die überzeugt sind, dass nur Vollidioten sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten − als hätten sie das Schild mit der 50-km-Begrenzung zwar gesehen, aber dann die Erkenntnis, dass Blitzgeräte bei über 100 km/h nicht mehr funktionieren, zum Anlass genommen, mit Vollgas durch eine geschlossene Ortschaft zu brettern.Der Wildwuchs von Banken, die eigentlich gar keine Banken mehr sind, der überall um sich greifende Einsatz von Derivaten, die Risiken erhöhten, statt sie zu begrenzen, die überwältigende Vorliebe für den Derivatehandel im Freiverkehr, neu geschaffene Zweckgesellschaften, die in der Bilanz nicht auftauchten – all diese Dinge trugen wesentlich zur Katastrophe bei und bei ihnen allen war die Umgehung der Bankenregeln nicht etwa eine unbedeutende Begleiterscheinung, sondern das erklärte Hauptziel.
    Also ja, die Aufsichtsbeamten verhielten sich stümperhaft, aber ihr Versagen war nicht mit dem eines Rettungsschwimmers zu vergleichen, der nicht bemerkt, dass ein paar seiner Schützlinge in Schwierigkeiten geraten sind, sondern vielmehr mit dem eines Rettungsschwimmers, der eine Gruppe von Badenden beaufsichtigen soll, die heimlich Blut ins Wasser schütten, weil sie glauben, es wäredoch sehr viel spannender, wenn der Strand von ein paar Haien aufgemischt würde.
    Die Deregulierung spielte dabei eine wesentliche Rolle und man darf nicht vergessen, dass jede einzelne dieser Regeländerungen, die dem Crash den Weg ebneten, das Resultat einer energischen Lobbyarbeit seitens der Banken war. Und wenn die Banken nicht das Maß an Deregulierung bekamen, das sie wollten, dann umgingen sie die Regeln eben einfach. »Unverantwortlich«: Dieses Wort hat Präsident Obama mehrfach gebraucht, wenn er sich auf das Verhalten der Banker bezog. Und es ist ein sehr treffendes Wort.
    Doch sollte man auch betonen, dass es nicht auf alle Banker z Callr butrifft. Leute, die in der City arbeiten, nehmen es ihrer Umwelt sehr übel, wenn man sie alle in einen Topf wirft, wo doch (ihrer Ansicht nach) nur eine relativ kleine

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