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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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mit ihr paaren kann. Wie Menschenpaare haben auch gut eingespielte Vogelpaare, die sich eine harmonische Beziehung erarbeitet haben, mehr Erfolg beim Aufziehen der Jungen als Jungvermählte.
     
    Aber Großzügigkeit in Erwartung einer späteren Vergütung birgt auch Risiken – das gilt für Seevögel ebenso wie für Menschen. Wenn das Männchen allein die elterliche Verantwortung übernommen hat, steht es seiner Partnerin frei, ihre Zeit beliebig zu nutzen. Vielleicht entschließt sie sich, im Gegenzug ihrem Partner weiterhin zur Verfügung zu stehen für den Fall, daß das erste Gelege zerstört wird und ersetzt werden muß. Sie kann sich aber auch dafür entscheiden, ihren eigenen Interessen nachzugehen und sich ein anderes, sofort verfügbares Männchen zu suchen, dem sie das zweite Gelege anvertraut. Wenn das erste Gelege überlebt und den früheren Partner weiter mit Beschlag belegt, hätte sie auf diese Weise ihre genetische Produktion verdoppelt.
     
    Andere Weibchen kommen natürlich auf die gleiche Idee, so daß alle um die immer weniger werdenden freien Männchen konkurrieren. Je weiter die Brutsaison fortschreitet, desto mehr Männchen sind mit ihrem ersten Gelege beschäftigt, so daß sie keine weiteren Elternpflichten mehr übernehmen können. Auch wenn die Zahl von Männchen und Weibchen ungefähr gleich ist, steigt das Verhältnis der sexuell verfügbaren Weibchen zu den Männchen bei Wasserläufern und Wassertretern auf bis zu 7: 1 an. Diese grausame Zahl treibt die Umkehr der Geschlechterrollen noch weiter ins Extrem. Die Weibchen mußten ohnehin schon ein wenig größer sein als die Männchen, um derart große Eier produzieren zu können, aber nun entwickelte sich in der Evolution ein noch größerer Körper, damit sie die Kämpfe mit anderen Weibchen gewinnen konnten. Das Weibchen vermindert den Beitrag zur Elterntätigkeit weiter und macht dem Männchen den Hof, während es sonst meist umgekehrt ist.
     
    Die besonderen biologischen Eigenschaften der Küstenvögel – insbesondere die frühreifen Jungen, die Gelege aus wenigen großen Eiern, der Nestbau am Boden und die großen Verluste durch natürliche Feinde – führen also dazu, daß die Männchen allein die Brutpflege übernehmen, während die Weibchen ungebunden sind und häufig das Weite suchen. Allerdings können die meisten Seevogelarten die Gelegenheiten zur Polyandrie nicht nutzen. Das gilt zum Beispiel für die meisten arktischen Wasserläufer, deren Brutsaison so kurz ist, daß sie kein zweites Gelege großziehen könnten. Nur bei einer Minderheit der Arten, beispielsweise bei den tropischen Wassertretern und weiter südlich lebenden Wasserläufern, kommt die Polyandrie häufig oder regelmäßig vor. Obwohl die Sexualität der Seevögel scheinbar nur entfernt mit unserer eigenen zu tun hat, ist sie aufschlußreich, denn sie verdeutlicht die Hauptaussage dieses Buches: Die Sexualität einer Spezies wird durch andere Aspekte ihrer Biologie geprägt. Bei Seevögeln, an die wir keine moralischen Maßstäbe anlegen, können wir diese Erkenntnis leichter akzeptieren als bei uns selbst.
     
    Die dritte Sorte der Ausnahme von dem vorherrschenden Prinzip der treulosen Männchen kommt bei Arten vor, deren Befruchtung wie bei uns im Körper stattfindet, bei denen aber ein Elternteil allein die Jungen nur unter Schwierigkeiten oder überhaupt nicht allein großziehen kann. Unter Umständen muß der zweite Partner Nahrung für den anderen oder die Jungen sammeln, die Jungen bewachen, während der andere auf Nahrungssuche ist, ein Territorium verteidigen oder den Jungen etwas beibringen. Die Weibchen solcher Arten wären nicht in der Lage, die Jungen ohne Hilfe des Männchens großzuziehen. Und wenn die Jungen verhungerten, wäre es für das Männchen kein entwicklungsgeschichtlicher Gewinn, die Partnerin nach der Befruchtung zu verlassen und anderen Weibchen nachzustellen. Deshalb muß das Männchen bei der befruchteten Partnerin bleiben, und umgekehrt.
     
    Das ist bei den meisten allgemein bekannten Vogelarten in Nordamerika und Europa der Fall: Männchen und Weibchen sind monogam und sorgen gemeinsam für die Jungen. Und es gilt, wie wir nur allzugut wissen, annäherungsweise auch für Menschen. Das Leben als alleinerziehender Elternteil ist für Menschen wirklich schwierig, auch in einer Zeit, da man im Supermarkt alles kaufen und Babysitter mieten kann. In den früheren Epochen der Jäger und Sammler hatte ein Kind, das durch den Tod von

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