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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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zehn Minuten ein anderes Männchen in sein Revier ein, und in 34 Minuten kopuliert dieses andere Männchen mit ihr. Bei 29 Prozent aller beobachteten Begattungsakte handelt es sich um »Außer-Paar-Kopulationen« (APK), und schätzungsweise 24 Prozent aller Jungen sind »illegitim«. Bei dem eindringenden Verführer handelt es sich in der Regel um den netten Typen von nebenan, das heißt um ein Männchen aus dem Nachbarrevier.
     
    Der große Verlierer ist das gehörnte Männchen, das mit APK und GFS eine entwicklungsgeschichtliche Katastrophe erlebt. Es vergeudet eine ganze Brutsaison in seinem kurzen Leben mit dem Füttern von Jungen, die nicht seine Gene weitergeben. Als Gewinner der APK mag zunächst der männliche Eindringling erscheinen, aber wie man bei näherem Hinsehen erkennt, ist die Erfolgsbilanz für dieses Männchen kompliziert. Während es unterwegs ist und flirtet, haben andere Männchen auch die Chance, mit seiner eigentlichen Partnerin zu flirten. Versuche zur APK haben kaum einmal Erfolg, solange das Weibchen nicht mehr als zehn Meter von seinem Partner entfernt ist, aber bei größeren Abständen steigen die Erfolgsaussichten steil an. Deshalb ist die GFS für die polygynen Männchen ein riskantes Unterfangen, denn sie verbringen viel Zeit in ihrem zweiten Revier oder pendeln ständig zwischen beiden Revieren. Die polygynen Männchen machen selbst durchschnittlich alle 25 Minuten den Versuch einer APK, aber alle elf Minuten schleicht sich ein anderes Männchen mit der gleichen Absicht in ihr Revier. Bei der Hälfte aller APK-Versuche ist der gehörnte Trauerschnäpper gerade in dem Augenblick, da seine Partnerin nachgibt, selbst hinter einem anderen Weibchen her.
     
    Nach dieser Statistik scheint die GFS für Trauerschnäppermännchen eine zweifelhafte Taktik zu sein, aber sie sind so schlau, daß sie die Gefahren möglichst gering halten. Bevor sie ihre eigene Partnerin begatten, bleiben sie stets im Umkreis von zwei bis drei Metern und bewachen sie aufmerksam. Erst wenn sie befruchtet ist, wandeln sie auf Freiersfüßen.
     
    Nachdem wir uns nun bei einigen Tieren einen Überblick über den unterschiedlichen Ausgang des Geschlechterkampfes verschafft haben, wollen wir uns ansehen, wie die Menschen in dieses größere Bild passen. In anderer Hinsicht ist die menschliche Sexualität etwas Einzigartiges, aber wenn es um den Kampf der Geschlechter geht, erscheint sie recht normal. Sie ähnelt der Sexualität vieler anderer Tierarten, deren Nachkommen durch intrakorporale Befruchtung entstehen und die Fürsorge beider Eltern brauchen. Entsprechend anders ist sie aber bei Arten mit extrakor-poraler Befruchtung, deren Junge nur von einem Elternteil oder überhaupt nicht versorgt werden.
     
    Unmittelbar nach der Befruchtung kann die menschliche Eizelle wie die aller Säugetier- und Vogelarten, mit Ausnahme des Buschhuhns, allein nicht überleben. Tatsächlich ist der Zeitraum, bis die Nachkommen selbst Nahrung sammeln und sich versorgen können, bei Menschen mindestens ebenso lang wie bei jeder Tierart und wesentlich länger als bei der großen Mehrzahl der Tierarten. Elterliche Fürsorge ist also unentbehrlich. Die Frage lautet nur: Welcher Elternteil wird die Kinderbetreuung übernehmen, oder werden beide sich die Aufgabe teilen?
     
    Was die Tiere betrifft, so haben wir bereits erfahren, daß die Antwort von mehreren Faktoren abhängt: von dem Verhältnis der väterlichen und mütterlichen Investition in den Embryo, von anderen Gelegenheiten, die durch die Brutpflege ausgeschlossen bleiben, und von dem Überzeugtsein von der eigenen Elternschaft. Betrachtet man den ersten Faktor, zeigt sich, daß die Investition der Mutter bei Menschen zwangsläufig stets größer ist als die des Vaters. Die Eizelle ist schon bei der Befruchtung viel größer als die Samenzelle – dieser Unterschied verschwindet allerdings oder kehrt sich sogar um, wenn man die Eizelle mit allen Spermien in einem Ejakulat vergleicht. Nach der Befruchtung muß die Mutter neun Monate lang Zeit und Energie aufwenden; dann folgt die Stillzeit – mindestens vier Jahre bei der Lebensweise als Jäger und Sammler, die bis zum Beginn der Landwirtschaft vor etwa zehntausend Jahren für alle Kulturen der Menschen typisch war. Ich selbst weiß noch genau, wie schnell die Lebensmittel aus unserem Kühlschrank verschwanden, während meine Frau unsere Söhne stillte – die Stillzeit erfordert bei Menschen einen hohen Energieaufwand. Die

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