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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Ansicht kamen die Wechseljahre während eines Großteils der mehrere Millionen Jahre umfassenden menschlichen Evolution nur sehr selten vor, weil (vermutlich) nur die wenigsten Frauen und Männer älter als vierzig Jahre wurden. Die weiblichen Fortpflanzungsorgane waren natürlich darauf programmiert, ihre Tätigkeit mit vierzig Jahren einzustellen, weil sie danach ohnehin keine Gelegenheit mehr gehabt hätten, ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Lebenserwartung habe in unserer Entwicklungsgeschichte erst in jüngster Zeit zugenommen, so daß die Fortpflanzungsorgane der Frauen sich darauf noch nicht einstellen konnten – so jedenfalls dieser Einwand.
     
    Übersehen wird dabei allerdings die Tatsache, daß die männlichen Fortpflanzungsorgane und auch alle anderen biologischen Funktionen von Männern und Frauen bei den meisten Menschen auch jenseits der Vierzig noch jahrzehntelang funktionieren. Man müßte also annehmen, daß alle anderen biologischen Funktionen sich sehr rasch an die verlängerte Lebenszeit anpassen konnten, und dann wäre nicht zu erklären, warum die weibliche Fortpflanzungsfähigkeit als einzige nicht dazu in der Lage gewesen sein sollte. Die Behauptung, früher hätten nur sehr wenige Frauen bis zu den Wechseljahren überlebt, gründet sich auf die Paläodemographie, das heißt auf den Versuch, das Todesalter bei ausgegrabenen Skeletten zu bestimmen. Solche Schätzungen basieren auf unbewiesenen, unplausiblen Annahmen, beispielsweise daß die gefundenen Skelette einen repräsentativen Querschnitt durch die gesamte Population jener Zeit darstellen oder daß man das Alter an den Skeletten prähistorischer Erwachsener wirklich genau feststellen kann. Daß Paläodemographen das fossile Skelett eines Zehnjährigen von dem eines Fünfundzwanzigjährigen unterscheiden können, steht außer Zweifel, aber daß sie ebenso in der Lage sind, einen Vierzig- und einen Fünfundfünfzigjährigen auseinanderzuhalten, wurde nie nachgewiesen. Von Vergleichen mit den Skeletten moderner Menschen kann man dabei kaum ausgehen, denn durch die Unterschiede in Lebensweise, Ernährung und Krankheiten altern Knochen heute sicher mit einer anderen Geschwindigkeit als in alter Zeit.
     
    Ein zweiter Einwand lautet: Die Wechseljahre sind zwar möglicherweise ein sehr altes Phänomen, aber es kommt keineswegs nur bei Menschen vor. Bei vielen, vielleicht sogar den meisten Wildtieren nehme die Fruchtbarkeit mit dem Alter ab. Wie man festgestellt habe, seien manche älteren Exemplare verschiedener wilder Säugetier- und Vogelarten steril. Viele ältere Rhesusaffenweibchen und auch weibliche Labormäuse bestimmter Stämme werden tatsächlich unfruchtbar. Sie leben in Laborkäfigen oder Zoos, wo sie ausgezeichnet ernährt, medizinisch versorgt und vor Feinden beschützt werden, so daß sie erheblich länger leben als in der Wildnis. Deshalb meinen manche Biologen, die Wechseljahre der Menschen seien ein Beispiel für das allgemein verbreitete Phänomen der Wechseljahre bei Tieren. Unabhängig von seinen Ursachen würde das bedeuten, daß die Wechseljahre der Menschen nichts Besonderes sind, so daß man dafür auch keine besondere Erklärung finden muß.
     
    Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, und ein unfruchtbares Weibchen ist kein Beleg für Wechseljahre. Das heißt, wenn man gelegentlich in freier Wildbahn ein einzelnes älteres steriles Weibchen findet oder wenn Ähnliches bei Käfigtieren mit künstlich verlängerter Lebensdauer regelmäßig vorkommt, ist damit noch nicht belegt, daß die Wechseljahre in der Natur ein biologisch signifikantes Phänomen sind. Dazu müßte man nachweisen, daß ein erheblicher Teil der Weibchen in Wildtierbeständen unfruchtbar werden und dann noch einen beträchtlichen Teil ihrer Lebensspanne vor sich haben.
     
    Die menschliche Spezies erfüllt diese Definition, aber von Wildtieren ist es nur bei einer oder zwei Arten eindeutig bekannt. Die eine ist eine australische Beutelmaus, bei der nicht die Weibchen, sondern die Männchen so etwas wie Wechseljahre durchmachen: Alle Männchen einer Population werden im August im Laufe kurzer Zeit unfruchtbar und sterben dann in den folgenden Wochen, so daß nur noch schwangere Weibchen übrigbleiben. Die Zeit nach der Menopause macht aber nur einen geringfügigen Teil der gesamten Lebenszeit der Männchen aus. Beutelmäuse sind also kein Beispiel für echte Wechseljahre, sondern man muß in ihrer Lebensweise einen Fall von Semelparität sehen, jenes

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