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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Physiologen und Molekularbiologen tappen regelmäßig in die Falle, diese Unterscheidung zu übersehen, die für Biologie, Geschichte und Verhalten der Menschen von grundlegender Bedeutung ist. Physiologie und Molekularbiologie können nur unmittelbare Mechanismen nachweisen; die letzten kausalen Erklärungen liefert die Evolutionsbiologie. Ein einfaches Beispiel sind die sogenannten Giftfrösche: Daß sie giftig sind, hat den unmittelbaren Grund, daß sie eine tödliche chemische Verbindung namens Batracho-toxin ausscheiden. Aber diesen molekularbiologischen Mechanismus kann man eigentlich als unwichtiges Detail betrachten, denn viele andere Giftstoffe könnten den gleichen Zweck erfüllen. Die letzte kausale Erklärung lautet: Giftfrösche haben giftige Chemikalien entwickelt, weil sie kleine und ansonsten schutzlose Tiere sind, die für Raubtiere eine leichte Beute wären, würden sie sich nicht durch das Gift schützen.
     
    Wie wir in diesem Buch schon mehrfach erfahren haben, betreffen die großen Fragen der menschlichen Sexualität nicht die unmittelbaren physiologischen Mechanismen, sondern ihre letzten Ursachen in der Evolution. Ja, Sex macht uns Spaß, weil Frauen einen versteckten Eisprung haben und weil sie ständig sexuell empfänglich sind. Aber warum haben sich diese ungewöhnlichen Merkmale der Fortpflanzungsphysiologie entwickelt? Ja, Männer sind physiologisch in der Lage, Milch zu produzieren. Aber warum haben sie sich nicht so entwickelt, daß sie diese Fähigkeit auch nutzen? Für die Wechseljahre gilt das gleiche: Der einfache Teil des Rätsels ist die banale Tatsache, daß der Eizellenvorrat einer Frau um das fünfzigste Lebensjahr herum zur Neige geht oder funktionsunfähig wird. Schwerer zu verstehen ist aber, warum sich dieses scheinbar selbstzerstörerische Detail der Fortpflanzungsphysiologie entwickelt hat.
     
    Die Alterung der weiblichen Fortpflanzungsorgane kann man sinnvollerweise nur zusammen mit anderen Alterungsvorgängen betrachten. Auch die Augen, die Nieren, das Herz sowie alle anderen Organe und Gewebe werden älter. Aber diese Alterung unserer Organe ist physiologisch nicht unausweichlich – oder zumindest nicht so unausweichlich, daß sie so schnell altern wie bei Menschen, denn die Organe mancher Schildkröten, Muscheln und anderer Arten bleiben viel länger in gutem Zustand als unsere. Physiologen und viele andere Wissenschaftler neigen dazu, nach einer einzigen allumfassenden Erklärung für das Altern zu suchen. Beliebte Erklärungen, die in den letzten Jahrzehnten die Theoriebildung bestimmten, machten das Immunsystem, freie Radikale, Hormone oder Zellteilung verantwortlich. In Wirklichkeit weiß aber jeder, der über Vierzig ist, daß sich der gesamte Zustand unseres Organismus allmählich verschlechtert, nicht nur unser Immunsystem oder die Abwehr gegen freie Radikale. Obwohl ich bisher ein weniger belastendes Leben und bessere medizinische Versorgung hatte als die meisten der sechs Milliarden Menschen auf der Erde, kann ich die Alterungsvorgänge benennen, die heute, bei meinen neunundfünfzig Jahren, bereits ihren Tribut gefordert haben: schlechteres Gehör bei hohen Frequenzen, Unfähigkeit der Augen, auf kurze Entfernung scharf zu sehen, weniger empfindliche Geschmacks- und Geruchswahrnehmung, Verlust einer Niere, abgenutzte Zähne, weniger bewegliche Finger und so weiter. Sogar von Verletzungen erhole ich mich langsamer als früher: Das Joggen mußte ich wegen immer wiederkehrender Knöchelbeschwerden aufgeben, erst kürzlich ist eine Ellenbogenverletzung langsam verheilt, und jetzt habe ich mir gerade eine Fingersehne gezerrt. Wenn ich mich an den Erfahrungen anderer Männer orientiere, liegt vor mir die ganze bekannte Palette der Alterserscheinungen wie Herzkrankheiten, Arterienverkalkung, Blasenstörungen, Probleme mit den Gelenken, Prostatavergrößerung, Gedächtnisschwäche, Darmkrebs und so weiter. Alle diese Verfallserscheinungen meinen wir mit dem Wort »Altern«.
     
    Die grundlegende Ursache der grausigen Litanei ist anhand einer Analogie mit Konstruktionen von Menschenhand leicht zu verstehen. Der Körper eines Tiers unterliegt wie eine Maschine einem allmählichen Verschleiß, oder er wird durch Alter und ständige Benutzung akut geschädigt. Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, lassen wir unseren Maschinen gezielte Pflege und Reparaturen angedeihen. Die natürliche Selektion sorgt dafür, daß sich unser Körper unbewußt erhält und

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