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Warum macht Sex Spaß?

Warum macht Sex Spaß?

Titel: Warum macht Sex Spaß? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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von Jägern und Sammlern mit der verlängerten Laktationsamenorrhöe dauert dieser Zustand sogar mehrere Jahre. Ein ansonsten treuer Ehemann dagegen kann in den wenigen Minuten des Ehebruchs die Zahl seiner Nachkommen verdoppeln.
     
    Vergleichen wir nun einmal die Fortpflanzungsleistung von Männern, die bei der Jagd zwei verschiedene Strategien verfolgen – Hawkes spricht von der »Versorger«- und der »Angeber-Strategie. Der Versorger ist auf Lebensmittel mit mäßig hohem, aber vorhersehbarem Ertrag aus, zum Beispiel auf Palmenstärke und Ratten. Der Angeber jagt große Tiere; da er immer erst nach vielen erfolglosen Tagen gelegentlich auf eine Goldgrube stößt, ist die mittlere Ausbeute geringer. Der Versorger bringt im Durchschnitt den größten Teil der Nahrung nach Hause zu Frau und Kindern, erzielt aber nie so große Überschüsse, daß er auch noch andere ernähren kann. Der Angeber liefert im Durchschnitt weniger bei Frau und Kindern ab, hat aber hin und wieder soviel Fleisch übrig, daß er es mit anderen teilen kann.
     
    Wenn eine Frau ihren genetischen Vorteil nach der Zahl der Kinder bemißt, die sie bis zum Erwachsenenalter durchbringen kann, hängt dieser Vorteil natürlich davon ab, wieviel Nahrung sie ihnen bietet; deshalb geht es ihr am besten, wenn sie einen Versorger heiratet. Außerdem dient es ihr, wenn sie Angeber als Nachbarn hat, bei denen sie gelegentlichen außerehelichen Geschlechtsverkehr gegen zusätzliche Fleischrationen für sich und ihre Kinder eintauschen kann. Auch beim ganzen Stamm ist der Angeber beliebt, weil er gelegentlich reiche Beute mitbringt und sie mit allen teilt.
     
    Für das genetische Interesse des Mannes hat das Leben als Angeber Vor- und Nachteile. Ein Vorteil sind die zusätzlichen Kinder, die er als Ehebrecher zeugt, und auch über den Ehebruch hinaus hat der Angeber einen gewissen Nutzen, beispielsweise Ansehen bei den Stammesgenossen. Andere Stammesmitglieder wollen ihn wegen des mitgebrachten Fleisches zum Nachbarn haben und belohnen ihn vielleicht sogar mit ihren Töchtern als Partnerinnen. Aus den gleichen Gründen wird der Stamm auch die Kinder des Angebers bevorzugt behandeln. Zu den Nachteilen zählt, daß der Angeber für seine eigene Frau und die Kinder im Durchschnitt weniger Nahrung mitbringt, das heißt, von seinen legitimen Kindern überleben unter Umständen weniger bis zum Erwachsenenalter. Während er auf Freiersfüßen wandelt, geht vielleicht auch seine Ehefrau fremd, und das führt dazu, daß die meisten ihrer Kinder nicht von ihm stammen. Ist es für den Angeber wirklich besser, die Gewißheit der auf wenige Kinder beschränkten Vaterschaft des Versorgers aufzugeben zugunsten der bloßen Möglichkeit, Vater vieler Kinder zu sein?
     
    Die Antwort hängt von mehreren Zahlen ab, so von der Zahl zusätzlicher legitimer Kinder, welche die Frau eines Versorgers großziehen kann, vom Anteil der illegitimen Kinder der Frau eines Versorgers und von dem Umfang, in dem sich die Überlebenschancen für die Kinder des Angebers durch ihre bevorzugte Stellung verbessern. Diese Zahlen müssen für einzelne Stämme je nach den örtlichen ökologischen Verhältnissen unterschiedlich sein. Als Hawkes sie für die Aché abschätzte, gelangte sie zu dem Schluß, daß Angeber unter sehr verschiedenen Bedingungen damit rechnen können, ihre Gene an mehr überlebende Kinder weiterzugeben als Versorger. Dieses Ziel, und nicht die seit jeher unterstellte Absicht, die Brötchen nach Hause zu bringen, muß der wahre Grund für die Großwildjagd sein. Die Männer der Aché tun also nicht ihrer Familie, sondern sich selbst damit etwas Gutes.
     
    Daß jagende Männer und sammelnde Frauen mit ihrer Arbeitsteilung dem gemeinsamen Interesse der Kernfamilie am besten dienen und ihre Arbeitskraft gezielt zum Wohl der Gruppe einsetzen, stimmt also nicht. Statt dessen schließt die Lebensweise als Jäger und Sammler einen klassischen Interessenkonflikt ein. Wie ich schon in Kapitel 2 erläutert habe, ist das, was den genetischen Interessen des Mannes dient, nicht unbedingt auch für die der Frau von Nutzen, und umgekehrt. Eheleute haben nicht nur gemeinsame, sondern auch gegensätzliche Interessen. Eine Frau läßt sich am besten von einem Versorger heiraten, aber der Mann ist als Versorger nicht am besten dran.
     
    In den letzten Jahrzehnten haben biologische Untersuchungen bei Tieren und Menschen eine ganze Reihe solcher Interessenkonflikte zutage gefördert – nicht

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