Warum macht Sex Spaß?
besseren Überlebenschancen für die Enkelkinder und die früher geborenen Kinder. Wie groß diese Nutzeffekte sind, hängt von vielen Einzelheiten ab: Wie groß ist das Risiko, bei oder nach Entbindungen zu sterben? Wie stark nimmt dieses Risiko mit dem Alter zu? Wie groß wäre die Gefahr, in dem gleichen Alter auch ohne Kinder und ohne die Bürde der Elternschaft zu sterben? Wie schnell nimmt die Fruchtbarkeit in der Zeit vor den Wechseljahren ab? Wie schnell würde sie bei einer alternden Frau weiter zurückgehen, wenn sie keine Wechseljahre durchmachen würde? Alle diese Faktoren sind sicher in einzelnen Kulturkreisen unterschiedlich und lassen sich nicht ohne weiteres abschätzen. Deshalb sind die Anthropologen sich nicht sicher, ob die beiden angeführten Argumente – die Investition in die Enkel und der Schutz der Investition in die bereits existierenden Kinder – ausreichen, um die durch die Menopause ausgeschlossene Möglichkeit weiterer Kinder aufzuwiegen und damit die Evolution der Wechseljahre beim Menschen zu erklären.
Aber die Wechseljahre haben noch einen weiteren Vorteil, und er hat bisher kaum Beachtung gefunden: In der Zeit vor der Erfindung der Schrift, das heißt in allen Kulturen von der Entstehung der Menschen bis zur Entstehung der Schrift in Mesopotamien um 3300 v. Chr., waren alte Menschen für den ganzen Stamm von größter Bedeutung. Humangenetische Lehrbücher weisen regelmäßig darauf hin, daß die natürliche Selektion keine Mutationen ausmerzen kann, die nur bei alten Menschen zu Schäden führen. Daß es eine solche Auslese von Mutationen nicht geben kann, liegt angeblich daran, daß alte Menschen das fortpflanzungsfähige Alter hinter sich haben. Nach meiner Überzeugung übersieht man mit solchen Behauptungen eine entscheidende Tatsache, die uns Menschen von den meisten Tierarten unterscheidet. Von Einsiedlern abgesehen, hat kein Mensch die Fortpflanzung hinter sich in dem Sinne, daß er nicht mehr für Überleben und Fortpflanzung anderer Menschen sorgen kann, die seine eigenen Gene tragen. Ja, zugegeben: Würden Orang-Utans in freier Wildbahn so lange leben, daß sie unfruchtbar werden, hätten sie die Fortpflanzung hinter sich, denn Orang-Utans sind – anders als Mütter mit einem Jungen – Einzelgänger. Ich räume auch ein, daß der Beitrag sehr alter Menschen zu heutigen alphabetisierten Gesellschaften im allgemeinen mit den Jahren abnimmt – dieses recht junge Phänomen ist die Wurzel der gewaltigen Probleme, die das Alter heute sowohl für die Alten selbst als auch für die übrige Gesellschaft aufwirft. Wir modernen Menschen verschaffen uns unsere Informationen zum größten Teil über Schrift, Fernsehen oder Radio. Deshalb können wir uns unmöglich vorstellen, welch immense Bedeutung ältere Menschen in einer analphabetischen Gesellschaft als Reservoir von Informationen und Erfahrungen hatten.
Ich möchte für diese Funktion ein Beispiel nennen. Während meiner Freilanduntersuchungen zur Ökologie der Vögel auf Neuguinea und den benachbarten Pazifikinseln wohne ich unter Menschen, die schon immer ohne Schrift lebten, auf Steinwerkzeuge angewiesen waren und sich von Landwirtschaft und Fischerei ernährten, die durch Jagen und Sammeln ergänzt werden. Ich frage die Dorfbewohner ständig nach den Namen der einheimischen Pflanzen, Vögel und anderer Tiere in ihrer eigenen Sprache, und sie sollen mir auch erzählen, was sie über die einzelnen Arten wissen. Wie sich dabei herausstellt, verfügen die Bewohner Neuguineas und der Pazifikinseln über einen enormen Schatz überlieferter biologischer Kenntnisse, darunter Namen von mindestens tausend Arten sowie Informationen über Lebensraum, Verhalten, Ökologie und Nutzen für den Menschen. Alle diese Kenntnisse sind wichtig, denn wilde Pflanzen und Tiere machten herkömmlicherweise einen großen Teil der Nahrung dieser Menschen sowie ihr gesamtes Baumaterial, ihre Arzneien und ihre Schmuckgegenstände aus.
Wenn ich mich beispielsweise nach einem seltenen Vogel erkundige, fällt mir immer wieder auf, daß nur die älteren Jäger die Antwort wissen, und schließlich stelle ich auch eine Frage, die sogar sie in Verlegenheit bringt. Dann erwidern die Jäger: »Da müssen wir den alten Mann [oder die alte Frau] fragen!« Sie nehmen mich mit zu einer Hütte, und darin lebt ein alter Mann oder eine alte Frau, oft blind durch grauen Star, kaum noch zum Gehen fähig, zahnlos und ausschließlich auf die von jemand
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