Warum macht Sex Spaß?
mir klargemacht, wie sogar wir Menschen, die einzige vernunftbegabte Tierart, unter dem irrationalen Bann tierähnlicher Verhaltensprogramme stehen. Die bloße Verschiebung der Stimmlage um eine Oktave und ein halbes Dutzend nichtssagender Silben reichten aus, damit das Bild, das der Sprecher heraufbeschworen hatte, sich vom bedrohlichen Rivalen zum ungefährlichen Kind wandelte, während aus Arts mörderischer Wut väterliche Liebe wurde. Andere ebenso triviale Hinweise sorgen für den Unterschied in unserem Bild von jung und alt, häßlich und attraktiv, einschüchternd und schwach. Arts Geschichte zeigt, wie wirksam das sein kann, was Zoologen als Signal bezeichnen: ein sofort erkennbares Zeichen, das für sich gesehen vielleicht unbedeutend ist, aber eine bedeutende, komplizierte Kombination biologischer Eigenschaften wie Geschlecht, Alter, Aggression oder Verwandtschaftsbeziehungen kennzeichnet. Signale sind unentbehrlich für die Kommunikation der Tiere, das heißt für jene Vorgänge, durch die ein Tier die Wahrscheinlichkeit vergrößert, daß sich ein anderes Tier in einer für einen oder beide nützlichen Weise verhält. Kleine Signale, die selbst nur wenig Energie erfordern (wie das Aussprechen weniger Silben mit tiefer Stimme), können ein Verhalten in Gang setzen, das sehr viel Energie kostet (zum Beispiel, wenn man sein Leben aufs Spiel setzt, um einen anderen zu töten).
Die Signale der Menschen und aller anderen Tiere haben sich durch natürliche Selektion entwickelt. Betrachten wir beispielsweise zwei einzelne, in Größe und Kraft geringfügig unterschiedliche Tiere derselben Art, die sich über irgendeiner für beide nützlichen Ressource gegenüberstehen. Für beide wäre es von Vorteil, wenn sie Signale austauschen könnten, so daß sie über die gegenseitigen Kräfteverhältnisse und den wahrscheinlichen Ausgang eines Kampfes Bescheid wissen. Wird ein Kampf überflüssig, vermeidet das schwächere Tier die Verletzungs- oder Lebensgefahr, und das stärkere spart Energie und Risiko.
Wie sind die Signale der Tiere in der Evolution entstanden? Was übermitteln sie eigentlich? Das heißt: Sind sie völlig beliebig, oder haben sie eine tiefere Bedeutung? Was sorgt für die größtmögliche Verläßlichkeit und ein möglichst geringes Ausmaß an Täuschung? Diese Fragen werden wir jetzt in bezug auf die Körpersignale der Menschen und insbesondere unsere sexuellen Signale untersuchen. Dazu ist es nützlich, wenn wir uns zunächst einen Überblick über die Signale der Tiere verschaffen, denn bei ihnen können wir kontrollierte Experimente durchführen, die mit Menschen unmöglich sind, und so eindeutigere Erkenntnisse gewinnen. Wie wir sehen werden, konnten die Zoologen neue Aufschlüsse über die Signale der Tiere gewinnen, indem sie am Körper der Tiere standardisierte chirurgische Veränderungen anbrachten. Manche Menschen lassen ihren Körper von Schönheitschirurgen verändern, aber das Ergebnis ist kein gut kontrolliertes Experiment.
Tiere tauschen Signale über viele Kommunikationswege aus. Zu denen, die uns am vertrautesten sind, gehören die akustischen Signale, so die Territorialgesänge, mit denen Vögel ihre Partnerinnen anlocken und Rivalen ihr Revier kundtun, oder die Alarmrufe, mit denen Vögel einander vor gefährlichen Raubtieren in der Umgebung warnen. Ebenso vertraut sind uns die Verhaltenssignale: Wie jeder Hundeliebhaber weiß, ist ein Hund, der Ohren, Schwanz und Nackenhaare aufstellt, aggressiv; wenn er dagegen Ohren und Schwanz hängen läßt und die Haare anlegt, ist er unterwürfig oder versöhnlich. Viele Säugetiere markieren mit Duftsignalen ihr Revier (der Hund kennzeichnet zum Beispiel einen Hydranten mit dem Geruch seines Urins), und Ameisen legen damit eine Fährte zu einer Nahrungsquelle. Wieder andere, so die Signale der elektrischen Fische, sind für uns fremdartig und nicht wahrnehmbar.
Die gerade genannten Signale können schnell an- und abgeschaltet werden; andere dagegen sind ständig oder zumindest über längere Zeit hinweg zur Übermittlung unterschiedlicher Nachrichten in der Anatomie eines Tiers festgeschrieben. Bei vielen Vogelarten zeigen Unterschiede im Gefieder das Geschlecht an, und bei Gorillas und Orang-Utans haben Männchen und Weibchen eine unterschiedliche Kopfform. Wie in Kapitel 4 erörtert, kündigen die Weibchen vieler Primatenarten den Zeitpunkt des Eisprungs mit geschwollener, rötlich gefärbter Haut an den Hinterbacken
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