Warum macht Sex Spaß?
Zentimeter in der Länge und vier Zentimeter im Durchmesser, ist oft leuchtend gelb oder rot und am Ende mit Fell, Blättern oder einer gabelförmigen Verzierung geschmückt. Als ich letztes Jahr in Neuguinea erstmals Männer mit Penis-Köchern traf – sie gehörten zum Stamm der Ketengban in den Star Mountains –, hatte ich bereits eine Menge darüber gehört, und nun war ich neugierig, wie sie den Köcher benutzten und was sie mir erzählen würden. Wie sich herausstellte, trugen die Männer den Penis-Köcher ständig, zumindest während ich mit ihnen zusammen war. Jeder Mann besitzt mehrere Exemplare, und jeden Tag wählt er je nach seiner Stimmung eines davon aus, ganz ähnlich wie wir uns morgens überlegen, welches Hemd wir anziehen wollen. Auf meine Frage, warum sie den Penis-Köcher trügen, erwiderten die Ketengban, sie fühlten sich ohne ihn nackt und unanständig. Diese Antwort überraschte mich mit meiner westlich geprägten Sichtweise, denn die Ketengban waren ansonsten völlig nackt und ließen sogar die Hoden unbedeckt.
Der Penis-Köcher ist eigentlich ein auffälliger, erigierter Pseudopenis, und er macht deutlich, wie die Männer gern ausgestattet wären. Leider wurde die Penisgröße, die sich tatsächlich entwickeln konnte, durch die Länge der weiblichen Vagina beschränkt, aber der Penis-Köcher zeigt uns, wie der menschliche Penis aussehen würde, wenn er nicht dieser funktionalen Einschränkung unterläge. Er ist sogar ein noch frecheres Signal als der Schwanz des Widas. Der wirkliche Penis sieht zwar bescheidener aus als der Penis-Köcher, aber nach den Maßstäben unserer affenähnlichen Vorfahren ist er immer noch unverschämt groß; bei den Schimpansen ist der Penis allerdings im Vergleich zu dem mutmaßlichen Zustand des gemeinsamen Vorfahren ebenfalls gewachsen, so daß er heute ähnlich groß ist wie der des Menschen. Die Evolution des Penis ist ganz offensichtlich ein Beispiel für die von Fisher postulierte Ausreißerselektion. Ausgehend von vier Zentimetern wie bei heutigen Gorillas oder Orang-Utans, nahm die Länge des menschlichen Penis durch einen Ausreißerprozeß immer weiter zu, und damit verschaffe er seinem Besitzer einen Vorteil als immer auffälligeres Signal der Manneskraft; begrenzt wurde die Länge schließlich durch einen entgegengesetzten Selektionsprozeß, weil es schließlich schwierig wurde, ihn der weiblichen Vagina anzupassen. Auch für Zahavis Behinderungsprinzip könnte der menschliche Penis ein Beispiel sein, denn er ist für seinen Besitzer aufwendig und beeinträchtigt ihn. Er ist zwar kleiner und vermutlich weniger aufwendig als der Schwanz eines Pfaus, aber immerhin ist er so groß, daß die gleiche Gewebemenge, zusätzlich in die Hirnrinde eingebaut, dem betreffenden Mann sicher einen großen Vorteil verschaffen würde. Den Aufwand für den großen Penis kann man also als den Nachteil einer verpaßten Gelegenheit ansehen: Da jeder Mann nur über eine begrenzte Biosyntheseenergie verfügt, geht die für einen Körperteil aufgewendete Energie der Bildung eines sonst vielleicht möglichen anderen verloren. Eigentlich prahlt der Mann ja: »Ich bin schon so schlau und überlegen, daß ich nicht noch ein paar Dutzend Gramm Protoplasma auf mein Gehirn verwenden muß; ich kann es mir statt dessen leisten, die Menge nutzlos in meinen Penis einzubauen.«
Fraglich bleibt, auf welches Publikum die zur Schau gestellte Männlichkeit abzielt. Die meisten Männer bilden sich ein, daß diese vor allem die Frauen beeindruckt. Aber Frauen berichten meist, sie würden von anderen Eigenschaften des Mannes mehr erregt, und den Anblick des Penis finden sie, wenn überhaupt, eher unattraktiv. Wirklich fasziniert vom Penis und seinen Ausmaßen sind aber die Männer. In Umkleide- und Duschräumen schätzen sie gegenseitig ständig ab, wie der andere bestückt ist.
Selbst wenn manche Frauen sich vom Anblick eines großen Penis beeindrucken lassen oder (was sehr wahrscheinlich ist) zufrieden sind, weil er während des Geschlechtsverkehrs Klitoris und Vagina stimuliert, muß unsere Diskussion sich nicht auf eine Entweder-Oder-Debatte reduzieren, die von der Annahme ausgeht, daß das Signal sich nur auf ein Geschlecht richtet. Bei der Untersuchung von Tieren stellen die Zoologen immer wieder fest, daß sexuelle Signale eine Doppelfunktion erfüllen: Sie locken potentielle Partner des anderen Geschlechts an und stellen die Dominanz gegenüber Rivalen des eigenen
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