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Warum Maenner mauern

Warum Maenner mauern

Titel: Warum Maenner mauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Wetzler
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seine Unzulänglichkeit. Kooperation ist für ihn gleichbedeutend mit Nachgeben und Unterwerfung. Sie ist überschattet durch dunkle Andeutungen von Machtlosigkeit und der bedrohlichen Frage: Wer hat zu bestimmen? Entweder Sie oder er – niemals beide.
    Während er also vielleicht gegen Sie rebelliert (»Glaube bloß nicht, dass du mit mir machen kannst, was du willst!«), hat er in Wirklichkeit Ihnen von vornherein die Führungsrolle übertragen. Auf diese Weise hat er einen Feind, gegen den er kämpfen kann, und schließlich steuert er Sie mit seiner passiv-aggressiven Taktik. (»Jetzt habe ich dich!«) Dieser Zustand der Bitterkeit macht ihm Spaß – und schon ist der Streit da. Indem er Sie in seinen Kreislauf der ständigen, ungelösten Konflikte hineinzieht, umgeht er Verpflichtungen, untergräbt Vertrauen und bekämpft seine Abhängigkeitsangst.
    Er ist in der Zwickmühle aus Abhängigkeit und Passivität, und das bringt ihn aus der Fassung, denn passive Aggression ist nie der Weg zur Entwicklung einer wirklich gesicherten, selbständigen Identität.
    Ein typischer Fall ist das, was Ruth mit Phil erlebte. Ruth, eine lebhafte Frau, Art-Director, Anfang dreißig, erzählte mir von ihren Problemen mit Phil, ihrem Freund, einem geschiedenen, dynamischen Einzelhandelskaufmann. Sie hatten sich ein halbes Jahr lang regelmäßig getroffen; die ersten drei Monate kamen sie gut miteinander aus, wenn auch mit einer gewissen Befangenheit. Dann stellten sie ihr Leben mehr aufeinander ein, und die Dinge änderten sich. Langsam entwickelten sich neue Gewohnheiten. Ruth blieb über das Wochenende bei Phil, aber wenn sie am Sonntag ging und die Tür hinter sich schloss, hatte sie jedes Mal das Gefühl, sie werde ihn nie wiedersehen. Ruth berichtete:
    Der Samstag kann wirklich schön sein, mit einer romantischen Liebesnacht, aber dann wacht er am Sonntagmorgen auf und benimmt sich, als sei ich eine gewaltige Zumutung. Er will, dass ich da bin, und dann wieder nicht. Er erzählt mir, wie monogam er ist, und dann behauptet er wieder, er sei ein »einsamer Jäger«.
    Plötzlich haben wir uns nichts mehr zu sagen. Er telefoniert, trifft eine Verabredung und sieht aus wie die Katze, die gerade eine Maus gefressen hat. Wenn ich ihn frage, mit wem er gesprochen hat, sagt er: »Es war etwas Privates.« Er gibt mir ein Gefühl von Unsicherheit.
    Dann werfen wir uns Boshaftigkeiten an den Kopf, und schließlich landen wir bei der Frage, warum wir überhaupt zusammen sind. Ich frage ihn, ob er sich für einige Zeit von mir trennen will. Das macht ihn verrückt, und er wirft mir vor, ich würde mich hinter seinem Rücken mit einem anderen treffen… und dann ist alles vorbei.
    Wir streiten. Ich gehe. Zwei oder drei Tage später ruft er mich an, spricht in Zweideutigkeiten über das, was geschehen ist, und fragt mich, ob ich Freitagabend wieder zu ihm komme wie gewöhnlich. So geht es immer weiter.
    Interessanterweise zeigte Phil während seines Katz-und-Maus-Spiels nichts von seinen Gefühlen, das tat er erst, als er Ruth an der Angel hatte. Nach Ruths Empfindung hatte ihre Befangenheit während der ersten drei Monate damit zu tun, dass sie die Grenzen des anderen kennen lernen mussten – emotional, gesellschaftlich, weltanschaulich und so weiter. Alle Angst, die Phil wegen seiner wachsenden Abhängigkeit von Ruth empfand, war hinter einem distanzierten Verhalten verborgen.
    Der versteckte innere Mann schlug Ruth gegenüber genau in dem Augenblick zu, als er bei sich wusste, wie sehr er sie brauchte – am Sonntag, wenn sie gehen musste. Vor dieser Erkenntnis schützte er sich, indem er Zweifel (ihre Zweifel) weiterhin schürte und Konflikte (ebenfalls ihre Konflikte) provozierte. Seine Angst vor Vertrauen zeigte sich immer sonntags, weil die Gefühle des Samstags zu heftig für ihn waren. Die Tiefe seiner Empfindungen einzugestehen, so glaubte er, würde ihr die Kontrolle über sein Leben verschaffen. Stattdessen stieß er sie weg – verärgert, weil sie seine Gefühle aufgewühlt hatte, und mit der Prophezeiung, sie werde ihn verlassen. Um sich die Sache zu erleichtern, musste er ein Bollwerk aufbauen und sie zurückweisen. Phil drückt seine Zwangslage zwischen Abhängigkeit und Selbständigkeit aus – er pendelt zwischen gehorsamer Abhängigkeit und trotzigem Widerstand. Damit gleicht er dem Esel, der zwischen zwei Heuhaufen hin- und herläuft, weil er sich nicht entscheiden kann, welcher von beiden der bessere ist. Und wie der

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