Warum Maenner mauern
sie sowieso nicht mehr an…«) Man kann hören, wie er kämpft, um seine Unabhängigkeit zu beweisen, während in Wirklichkeit genau das Gegenteil deutlich wird.
Was geschieht, wenn er erkennt, wie abhängig er ist? Dann wird es schwierig. Seine inneren Dialoge machen eine Kehrtwendung. (»Warum umsorgt Karen mich dauernd? Was tut sie jetzt schon wieder? Es ist so still. Wahrscheinlich liest sie. Warum liest sie, wo sie doch versprochen hat, mit mir in die Stadt zu gehen und eine neue Jacke zu kaufen? Aber sie ist beim Einkaufen sowieso nur eine Last. Es regt mich auf – es kostet mich ein Vermögen, dass sie mir hilft, nichts zu tun. Frauen! So ein Mist!«) Sein Ärger bricht aus ihm heraus. Der Abhängigkeitskonflikt wühlt ihn auf, weil er das Gesunde daran – die gegenseitige Abhängigkeit – nicht akzeptiert hat, und deshalb gerät er in Panik.
Als Erwachsene sind wir zum Überleben zwar nicht auf die ständigen Dienstleistungen anderer angewiesen, aber es ist nur natürlich, dass man mit anderen zu tun hat, von ihnen abhängig ist und sich zu ihnen hingezogen fühlt. Das gilt für jeden von uns. Man lässt sich umsorgen und umsorgt einen anderen, und beide Rollen übernimmt man wissentlich. Gegenseitige Abhängigkeit schließt noch etwas anderes ein: So bereichernd die Gegenwart des anderen für das eigene Leben auch sein mag, das emotionale Überleben hängt von ihm nicht ab. Wer das akzeptiert hat, kann sich seine Abhängigkeiten freiwillig und nicht aus der Angst heraus, allein und bedürftig zu sein, aussuchen.
Ein Gesunder sucht sich die richtigen Menschen, von denen er sich abhängig macht. Für und durch ein Kind zu leben und sich von ihm abhängig zu machen ist zum Beispiel eine unangebrachte Entscheidung. Ein gesunder Austausch kann dagegen stattfinden, wenn man die schlichte Wahrheit des Abhängigkeitsgefühls akzeptiert, wenn der andere sie aus seiner Sicht ebenfalls akzeptiert und wenn beide sich ihre Bedürfnisse gegenseitig freiwillig und großzügig erfüllen.
Der passiv-aggressive Mann ist nicht ganz so gesund, wenn es um das Eingestehen von Abhängigkeit geht: Er atmet tief durch und sucht das Weite. Abhängigkeit führt dazu, dass er sich schwach, unfähig und vor allem bedürftig fühlt. Und mit diesem Bedürftigkeitsgefühl fürchtet er, Sie würden ihn übervorteilen und er könne auf Sie nicht zählen. In Wahrheit muss ein passiv-aggressiver Mann, der seine Beziehungen verbessern will, nicht weniger abhängig werden, sondern er muss lernen, Abhängigkeit als etwas Natürliches zu akzeptieren. Wenn er erst einmal Vertrauen zu Ihnen hat, wird er erkennen, dass eine Beziehung nicht aus ständigen Machtkämpfen besteht.
Es gibt aber ein paar Kämpfe, die er mit seiner passiven Seite noch ausfechten muss.
Das Abhängigkeitsdilemma
Wenn jemand (und sei es auch unbewusst) Sie und andere in die Rolle der Autoritätsperson drängt, ist er ein passiv-aggressiver Mann. Es ist ein emotionaler Reflex, der ihn in Teufels Küche bringt. Wenn er Sie wichtig und mächtig gemacht hat, versetzt er sich selbst in die Rolle des Unterlegenen, Machtlosen und Abhängigen – und das macht ihn wütend. Dieses Unterlegenheitsgefühl, und obendrein noch seine Verärgerung, verstärken seine passive Aggression.
Was tut er dann? Er lebt sie aus und sucht sich Macht auf seine Weise. Er zögert Dinge monatelang hinaus, oder er zerstört alles, was ihm in die Finger kommt. Oder jeder zweite Satz von ihm ist eine Lüge, so dass Sie nie die Information erhalten, die Sie brauchen. Oder – eine weitere Form, seine Macht auszuspielen – er versagt sein Einverständnis zu einer Beziehung. Panische Angst vor Abhängigkeit verzerrt sein logisches Denkvermögen. (»Welchen Sinn hat es, mit dieser Frau eine Beziehung anzufangen, wenn ich ohnehin nicht von ihr bekomme, was ich will?«)
Der passiv-aggressive Mann sieht sich von einer Welt umgeben, in der er übermäßig abhängig von Erwachsenen ist und sein Umfeld nicht steuern kann. Er begibt sich in die Rolle eines Kindes. In seiner Welt bestimmen äußere Mächte über sein zukünftiges Glück, gleichgültig, was er tut. Nach seinem Empfinden hat er wenig oder gar keinen Einfluss darauf, ob Sie oder irgend jemand anders ihm das gibt, was er will. Er betrachtet Sie als widersprüchlich und unberechenbar.
In dieser eng umgrenzten Welt voller Menschen, die mächtiger sind als er, erlebt der passiv-aggressive Mann jede Bitte, die man an ihn richtet, als Erinnerung an
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