Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
Vom Netzwerk:
erster Stelle stand der Ausbau der Flotte, welche die überseeischen Geschäftsinteressen etlicher Parlamentsmitglieder schützen sollte.
    Noch maßgeblicher als die Durchsetzung der Interessen der Parlamentarier war die Tatsache, dass die politischen Institutionen pluralistische Züge annahmen. Das englische Volk hatte nun Zugang zum Parlament sowie zu den Maßnahmen und Wirtschaftsinstitutionen, für die das Parlament die Verantwortung trug. Das war unter der Entscheidungsgewalt des Monarchen nicht der Fall gewesen und lag natürlich teilweise daran, dass die Abgeordneten gewählt wurden. Aber da England damals noch keineswegs eine Demokratie war, hielt sich die Beeinflussbarkeit der Parlamentsmitglieder in bescheidenen Grenzen.
    Eine der vielen Ungerechtigkeiten bestand darin, dass im 18. Jahrhundert weniger als 2 Prozent der Bevölkerung an den Wahlen teilnehmen konnten und dass das Wahlrecht zudem auf Männer beschränkt war. Die Städte, in denen sich die Industrielle Revolution ereignete, nämlich Birmingham, Leeds, Manchester und Sheffield, besaßen keine unabhängige Vertretung im Parlament. Dafür waren ländliche Gegenden überrepräsentiert. Zudem war das Stimmrecht in den ländlichen Wahlbezirken, den »Counties«, an das Grundeigentum gebunden, und in vielen städtischen Bezirken, den »Boroughs«, war eine kleine Oberschicht am Ruder, die den neuen Industriellen nicht gestattete, zu wählen oder für das Parlament zu kandidieren. In dem Borough Buckingham zum Beispiel besaßen nur dreizehn Bürger das Stimmrecht. Daneben gab es die »Rotten Boroughs«, in denen man früher gewählt hatte, die jedoch »weggefault« waren. Das bedeutete, dass die Bevölkerung entweder mit der Zeit fortgezogen war oder auch, wie im Fall von Dunwich an der Ostküste Englands, dass sich der ganze Wahlkreis infolge von Erosion ins Meer verschoben hatte. In jedem der Rotten Boroughs konnten wenige Wähler zwei Abgeordnete ins Parlament schicken. Old Sarum hatte sieben, Dunwich zweiunddreißig Wähler, und beide verfügten über zwei Parlamentarier.
    Aber man konnte auch auf andere Verfahren zurückgreifen, wenn man das Parlament und damit die Wirtschaftsinstitutionen beeinflussen wollte. Der wichtigste Weg war das Einreichen einer Petition. Dieses Mittel wirkte sich nach der Glorreichen Revolution viel stärker auf die Entstehung des Pluralismus aus, als die begrenzte Demokratie es vermochte. Jeder konnte eine Petition an das Parlament richten, und viele machten davon Gebrauch, zumal das Parlament ihnen zuhörte. Hier spiegelt sich die Niederlage des Absolutismus in erster Linie wider: in der Stärkung einer recht breiten Gesellschaftsschicht und in der Ausweitung des Pluralismus in England nach 1688. Die hektische Petitionstätigkeit war ein Ausdruck dessen, dass es sich bei den Bittstellern in der Tat um eine breite soziale Gruppe handelte, die weit mehr umfasste als diejenigen, die im Parlament saßen oder von ihm repräsentiert wurden. Und sie nutzten ihre Macht, um auf die Handlungsweise des Staates einzuwirken.
    Am besten veranschaulicht dies der Fall der Monopole. Sie bildeten, wie beschrieben, den Kern der extraktiven Wirtschaftsinstitutionen im 17. Jahrhundert. 1623 wurden sie durch das Statute of Monopolies ins Visier genommen, und im Englischen Bürgerkrieg waren sie ein wichtiger Stein des Anstoßes. Das Lange Parlament schaffte all die inländischen Monopole ab, die das Leben der Menschen so sehr beeinträchtigten. Karl II. und Jakob II. konnten diese Maßnahme nicht mehr rückgängig machen, aber sie behielten das Recht, überseeische Monopole zu vergeben. Eines davon gestand Karl II. im Jahr 1660 der Royal African Company zu. Es betraf den lukrativen Handel mit afrikanischen Sklaven. Der Gouverneur und Hauptaktionär des Unternehmens war Karls Bruder James, der ihm kurz darauf als Jakob II. nachfolgte.
    Nach 1688 verlor die Company nicht nur ihren Gouverneur, sondern auch ihren Beschützer, denn James hatte das Monopol emsig gegen »Eindringlinge«, nämlich unabhängige Sklavenhändler, verteidigt. Diese versuchten, Sklaven in Westafrika zu erwerben und in Amerika zu verkaufen. Das Geschäft war so profitabel, dass sich die Royal African Company zahlreicher Konkurrenten erwehren musste. Im Jahr 1689 beschlagnahmte sie die Fracht eines Rivalen namens Nightingale. Dieser erhob Klage, und Oberrichter Holt entschied, dass die Kaperung unrechtmäßig gewesen sei, weil das von dem Unternehmen beanspruchte

Weitere Kostenlose Bücher