Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
zu, das in erster Linie in Schottland und Irland gefertigt wurde. Dadurch gab es einen gewissen Spielraum für eine englische Koalition, die den Ausschluss jener Länder aus den englischen Märkten forderte.
Doch die Macht der Wollhersteller hatte ihre Grenzen. Ihre neuerlichen Bemühungen stießen auf heftige Gegenwehr seitens der Barchent-Fabrikanten in den aufstrebenden Industriezentren Manchester, Lancaster und Liverpool. Durch die pluralistischen politischen Institutionen hatten all diese Gruppen nun durch Wahlen und, wichtiger noch, Petitionen Zugang zum Entscheidungsprozess im Parlament. Beide Parteien sammelten massenhaft Unterschriften für ihr Anliegen, und der Konflikt endete mit dem Sieg der neuen Interessengruppen über die Wollerzeuger. Im Manchester Act von 1736 hieß es, dass »große Stoffmengen aus Leinengarn und Baumwolle seit mehreren Jahren in diesem Königreich Großbritannien hergestellt, bedruckt und bemalt werden«. Dann stellte man fest, dass »nichts in dem genannten Gesetz [von 1721] dahingehend ausgelegt werden soll, das Tragen – oder den Gebrauch in Kleidung, Haushaltsgegenständen, Möbeln und sonstigen Objekten – von Stoff jeglicher Art aus Leinengarn und Baumwolle, der innerhalb des Königreichs Großbritannien hergestellt und bedruckt oder mit jeglicher Farbe bemalt wurde, einem Verbot zu unterziehen«.
Der Manchester Act stellte einen erheblichen Sieg für die aufkeimende heimische Baumwollstoffproduktion dar, doch die historische und wirtschaftliche Bedeutung war noch viel größer. Erstens zeigte er die Grenzen der Eintrittsschranken auf, welche die pluralistischen politischen Institutionen des parlamentarischen England noch zuließen. Zweitens sollten technologische Neuerungen bei der Fertigung von Baumwollstoffen im folgenden halben Jahrhundert eine zentrale Rolle für die Industrielle Revolution spielen und die Gesellschaft durch Einführung des Fabriksystems radikal umgestalten.
Nach 1688 entstanden in England zwar schrittweise einheitliche Wettbewerbsbedingungen, doch im internationalen Geschäft versuchte das Parlament, Vorteile für englische Produzenten zu schaffen. Das wurde nicht nur durch die Calico Acts, sondern auch durch die Navigation Acts (Schifffahrtsgesetze) belegt, deren ersten man 1651 verabschiedete. In den folgenden zwei Jahrhunderten blieben sie weitgehend in Kraft. Das Ziel dieser Gesetze bestand darin, die englische Monopolisierung des internationalen Handels zu erleichtern, die allerdings nicht vom Staat, sondern von der Privatwirtschaft betrieben wurde. Das Grundprinzip bestand darin, dass englische Im- und Exportwaren von englischen Schiffen befördert werden sollten. Somit war es illegal, wenn fremde Schiffe Güter von innerhalb oder außerhalb Europas nach England oder zu seinen Kolonien brachten. Dadurch erhöhten sich die Gewinne für englische Händler und Hersteller, was für weitere Innovationen in diesen neuen und höchst profitablen Bereichen förderlich gewesen sein könnte.
Um 1760 zeigte die Kombination all dieser Faktoren – sicherere, neue Eigentumsrechte, eine bessere Infrastruktur, ein verändertes Steuersystem, ein freierer Zugang zu finanziellen Mitteln, eine aggressive Protektion von heimischen Händlern und Herstellern – allmählich Wirkung. Die Zahl der Patente stieg schlagartig, und der technologische Wandel, der den Kern der Industriellen Revolution bilden sollte, gedieh unverkennbar. Auf vielen Gebieten fanden Innovationen statt, was das verbesserte institutionelle Umfeld widerspiegelte. Ein entscheidender Bereich war die Energie, vor allem der neue Einsatz der Dampfmaschine, die auf James Watts Ideen in den 1760er Jahren zurückging.
Der Durchbruch gelang Watt zunächst durch die Einführung einer separaten Kondensationskammer für den Dampf, so dass der Zylinder mit dem Kolben ständig heiß blieb und nicht mehr aufgewärmt und abgekühlt werden musste. Später entwickelte er zahlreiche andere Ideen, darunter viel effizientere Methoden, die Bewegung der Dampfmaschine in nützliche Energie umzuwandeln, vornehmlich seinen »Sonne-und-Planeten«-Antrieb. Auf allen Gebieten der technologischen Innovation wurde die frühere Arbeit anderer weiterentwickelt. Im Bereich der Dampfmaschine beispielsweise konnte man auf Ideen des englischen Erfinders Thomas Newcomen und des französischen Physikers Dionysius Papin zurückgreifen.
Die Geschichte von Papins Erfindung illustriert wieder einmal, wie der technologische Wandel
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