Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
Perónistischen Partei sein Amt als Präsident an. Das damals bestehende Gericht war 1983 nach dem Übergang zur Demokratie durch Präsident Raúl Alfonsín von der Radikalen Partei ernannt worden. Da eine demokratische Partei die andere ablöste, hätte Menem keinen Grund gehabt, seine eigenen Richter zu berufen. Doch bereits im Wahlkampf waren seine Absichten deutlich geworden, denn er versuchte immer wieder, amtierende Richter zum Rücktritt zu bewegen (oder sie sogar einzuschüchtern), wenn auch ohne Erfolg. Bekanntermaßen bot er Richter Carlos Fayt einen Botschafterposten an, doch dieser ließ ihm ein Exemplar seines Buches Gesetz und Ethik mit der Inschrift zukommen: »Vorsicht, das ist von mir.« Unbeeindruckt schickte Menem der Abgeordnetenkammer innerhalb von drei Monaten nach seinem Amtsantritt eine Gesetzesvorlage, in der er empfahl, die Zahl der Gerichtsmitglieder von fünf auf neun zu erhöhen. Eines seiner Argumente war das gleiche wie das Roosevelts im Jahr 1937: Die Richter seien überlastet. Das Gesetz wurde rasch vom Senat und der Kammer verabschiedet, wonach Menem vier neue Richter ernennen konnte. Nun hatte er seine Mehrheit.
Menems Sieg über das Oberste Gericht stieß die oben beschriebene gefährliche Dynamik an. Sein nächster Schritt bestand darin, die Begrenzung seiner Amtszeit aus der Verfassung zu streichen, damit er wieder für die Präsidentschaft kandidieren konnte. Nach seiner Wiederwahl wollte er die Verfassung erneut ändern, doch daran wurde er nicht von den argentinischen politischen Institutionen, sondern von Fraktionen innerhalb der Perónistischen Partei gehindert, die sich gegen seine persönliche Vormachtstellung wandten.
Seit seiner Unabhängigkeit leidet Argentinien unter den meisten der institutionellen Probleme, die ganz Lateinamerika heimsuchen. Es ist in einem Teufelskreis gefangen. Dadurch konnten positive Entwicklungen, etwa die Versuche zur Schaffung eines unabhängigen Obersten Gerichtshofs, nie Fuß fassen. Unter dem Pluralismus wagt keine Gruppe, eine andere zu stürzen, weil sie fürchtet, dadurch ihre eigene Macht zu gefährden. Außerdem lässt die breite Machtverteilung einen solchen Sturz schwierig werden.
Ein Oberstes Gericht kann großen Einfluss ausüben, wenn es von breiten Gesellschaftsschichten unterstützt wird, die nicht zögern, Versuche zur Beeinträchtigung der gerichtlichen Unabhängigkeit zu durchkreuzen. Das war in den Vereinigten Staaten der Fall, nicht jedoch in Argentinien. Die dortigen Gesetzgeber waren bereit, das Gericht zu schwächen, selbst wenn sie vorausgeahnt haben dürften, dass sie damit ihre eigene Position gefährdeten. Einer der Gründe ist der, dass unter extraktiven Institutionen durch die Ausschaltung des Obersten Gerichts viel zu gewinnen ist. Und die potentiellen Vorzüge rechtfertigen das Risiko.
Positives Feedback und Tugendkreise
Inklusive wirtschaftliche und politische Institutionen bilden sich nicht von selbst heraus. Häufig sind sie das Ergebnis eines heftigen Konflikts zwischen den Eliten, die sich Wirtschaftswachstum und politischem Wandel widersetzen, und denjenigen, welche die wirtschaftliche und politische Macht dieser Eliten einschränken wollen. Inklusive Institutionen entstehen im Lauf kritischer Phasen, etwa während der Glorreichen Revolution in England oder der Gründung der Kolonie Jamestown in Nordamerika, als die machthabenden Eliten durch eine Reihe von Faktoren geschwächt und ihre Gegner gestärkt wurden, was den Ansporn zur Gründung einer pluralistischen Gesellschaft schuf.
Das Ergebnis politischer Konflikte steht nie von vornherein fest, und selbst wenn wir viele geschichtliche Ereignisse im Rückblick für unvermeidlich halten, bleibt die historische Entwicklung von Unwägbarkeiten und Zufällen abhängig. Gleichwohl bringen inklusive wirtschaftliche und politische Institutionen, wenn sie erst einmal existieren, in der Regel einen Tugendkreis, einen positiven Feedbackprozess, hervor, der es wahrscheinlicher werden lässt, dass die Institutionen weiterbestehen und sich sogar ausweiten.
Der Tugendkreis gehorcht mehreren Mechanismen. Erstens bewirkt die Logik pluralistischer politischer Institutionen, dass die Machtergreifung durch einen Diktator, eine Regierungsfraktion oder auch durch einen wohlmeinenden Präsidenten stark erschwert wird, wie Franklin Roosevelt entdeckte, als er die Kontrolle seiner Macht durch den Supreme Court beseitigen wollte, und wie Sir Robert Walpole feststellte, als
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