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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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er versuchte, den Black Act umzusetzen. In beiden Fällen hätte eine weitere Machtkonzentration in den Händen eines Einzelnen oder einer kleinen Gruppe dazu geführt, dass die Grundlagen der pluralistischen politischen Institutionen untergraben worden wären, und der wahre Gradmesser des Pluralismus ist eben die Fähigkeit, solchen Versuchen zu widerstehen.
    Im Pluralismus ist auch die Vorstellung von der Rechtsstaatlichkeit verankert, des Prinzips, dass Gesetze im gleichen Maße für alle gelten – was in einer absolutistischen Monarchie ihrem Wesen nach unmöglich ist. Und es widerspricht der Rechtsstaatlichkeit, wenn Gesetze von einer Gruppe benutzt werden, um die Rechte einer anderen zu verletzen. Mehr noch, das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit bereitet den Weg zu einer erhöhten Mitwirkung am politischen Prozess und zu größerer Inklusivität, denn es lässt die wirkungsvolle Vorstellung aufkommen, dass Menschen nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch innerhalb des politischen Systems gleichberechtigt sein sollten. Dies war einer der Gründe, warum sich das politische System in Großbritannien im 19. Jahrhundert den lauten Rufen nach mehr Demokratie nicht verschließen konnte, was zur allmählichen Ausweitung des Wahlrechts auf sämtliche Erwachsenen führte.
    Zweitens stärken sich inklusive politische und inklusive wirtschaftliche Institutionen gegenseitig, wie mehrfach beschrieben. So entsteht ein weiterer Mechanismus des Tugendkreises. Inklusive Wirtschaftsinstitutionen beseitigen die abscheulichsten extraktiven Wirtschaftsbeziehungen – wie die Sklaverei und die Leibeigenschaft –, brechen die Macht von Monopolen und schaffen eine dynamische Wirtschaft. All das reduziert, jedenfalls kurzfristig, die ökonomischen Vorteile, die man sich durch Ergreifung der politischen Macht sichern kann. Da die Wirtschaftsinstitutionen im Großbritannien des 18. Jahrhunderts bereits hinreichend inklusiv waren, hatte die Elite durch das Festhalten an der Macht weniger zu gewinnen, aber viel zu verlieren, wenn sie diejenigen, die mehr Demokratie forderten, zu unterdrücken versuchte. Jener Aspekt des Tugendkreises ließ den allmählichen Vormarsch der Demokratie im Großbritannien des 19. Jahrhunderts einerseits weniger bedrohlich für die Elite und andererseits erfolgversprechender werden. Dies stand im Gegensatz zu der Situation unter absolutistischen Regimen wie dem im Österreichisch-Ungarischen oder im Russischen Reich, wo die Wirtschaftsinstitutionen noch immer höchst extraktiv waren und die Elite den Rufen nach einer größeren politischen Inklusivität im späteren 19. Jahrhundert mit Repressionen begegnete, weil sie durch eine Machtteilung zu viel zu verlieren hatte.
    Zudem ermöglichen inklusive politische Institutionen die Entfaltung freier Medien, die Nachrichten über die Bedrohung solcher Institutionen verbreiten und den Widerstand mobilisieren können, was im letzten Viertel des 19. und im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts der Fall war, als die wachsende ökonomische Vorherrschaft der Robber Barons zur Gefahr für die inklusiven Wirtschaftsinstitutionen in den Vereinigten Staaten wurde.
    Obwohl der Ausgang der stets gegenwärtigen Konflikte unberechenbar bleibt, erzeugen die Mechanismen des Tugendkreises eine starke Tendenz dahin, dass inklusive Institutionen weiterbestehen, Herausforderungen standhalten und sich wie in Großbritannien und den Vereinigten Staaten ausweiten. Unglücklicherweise erzeugen extraktive Institutionen, wie wir im folgenden Kapitel darlegen werden, ebenfalls starke Kräfte zur Sicherung ihres Fortbestehens, nämlich durch den Prozess des Teufelskreises.

12. 
    Der Teufelskreis
    Es fahren keine Züge mehr nach Bo
    1896 wurde die gesamte westafrikanische Nation Sierra Leone zu einer britischen Kolonie. Die Hauptstadt Freetown war im späten 18. Jahrhundert als Heimstätte für befreite und repatriierte Sklaven gegründet worden. Aber als Freetown von den Briten übernommen wurde, bestand das Innere von Sierra Leone noch aus vielen kleinen afrikanischen Königreichen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schoben sich die Briten durch eine lange Reihe von Verträgen mit afrikanischen Herrschern allmählich ins Landesinnere vor. Am 31. August 1896 erklärte die britische Regierung die Kolonie auf der Grundlage dieser Verträge zu einem Protektorat. Die Briten verliehen wichtigen Herrschern den Titel Paramount Chief, etwa dem mächtigen Kriegerkönig Suluku im

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