Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
Volksauftrag, um ihre unkooperativen Parlamente zu schließen und ihre Verfassungen umzuformulieren, wodurch ihre eigene Macht enorm gestärkt wurde. Die Befürchtung der Machtteilhaber unter pluralistischen politischen Institutionen, sie könnten eine ähnliche Entwicklung auslösen, hinderte Walpole in den 1720er Jahren daran, britische Gerichte zu manipulieren, und sie hielt den amerikanischen Kongress davon ab, Roosevelts Plan zur Ernennung von Richtern zu unterstützen. Der Präsident war auf die Wirkung von Tugendkreisen gestoßen.
Diese Logik gilt jedoch nicht immer, schon gar nicht in Gesellschaften, die lediglich einige inklusive Züge haben, während sie im Großen und Ganzen extraktiv sind. Solche Verhältnisse haben wir bereits in Rom und Venedig beobachten können. Ein weiterer Beleg lässt sich finden, wenn man Roosevelts gescheiterten Versuch, den Supreme Court mit seinen Anhängern zu besetzen, mit ähnlichen Bemühungen in Argentinien vergleicht, wo die gleichen Kämpfe im Kontext vorwiegend extraktiver wirtschaftlicher und politischer Institutionen stattfanden.
Die Verfassung Argentiniens von 1853 sah einen Obersten Gerichtshof vor, der ähnliche Pflichten wie sein amerikanisches Gegenstück hatte. Im Jahr 1887 erhielt das argentinische Gericht die Erlaubnis, die gleiche Rolle wie der U.S. Supreme Court zu spielen und zu entscheiden, ob spezifische Gesetze verfassungsmäßig seien. Und wie in den Vereinigten Staaten wurden die verfassungsmäßigen Befugnisse des Obersten Gerichts auch in Argentinien angefochten. Theoretisch hätte sich das Gericht zu einem bedeutenden Element der inklusiven politischen Institutionen Argentiniens entwickeln können, doch die übrigen Teile des politischen und wirtschaftlichen Systems blieben höchst extraktiv. Daher kam es in Argentinien weder zur Stärkung breiter Gesellschaftsschichten noch zum Pluralismus. 1946 wurde dann Juan Domingo Perón auf demokratischem Weg zum Präsidenten Argentiniens gewählt. Perón war ein ehemaliger Oberst und hatte sich zum ersten Mal 1943 durch einen Militärputsch hervorgetan, der ihm den Posten des Arbeitsministers eingebracht hatte. In diesem Amt baute er eine politische Koalition mit den Gewerkschaften und der Arbeiterbewegung auf, die entscheidend für seine Präsidentschaftskandidatur sein sollte.
Kurz nach Peróns Sieg schlugen seine Anhänger in der Abgeordnetenkammer vor, vier der fünf Gerichtsmitglieder wegen Amtsvergehen anzuklagen. Man warf ihnen zum einen vor, die Rechtmäßigkeit von zwei Militärregimen in den Jahren 1930 und 1943 verfassungswidrig anerkannt zu haben (ironischerweise war Perón an dem letzteren Putsch maßgeblich beteiligt gewesen). Zum anderen betrafen die Vorwürfe Gesetze, die das Gericht – wie sein Pendant in den USA – abgelehnt hatte. Insbesondere hatte es kurz vor Peróns Wahl entschieden, dass seine neue Nationale Arbeitsbehörde nicht mit der Verfassung im Einklang stehe.
Nachdem Roosevelt den Gerichtshof während seiner Wiederwahlkampagne von 1936 heftig kritisiert hatte, tat Perón das Gleiche während seines Wahlkampfes im Jahr 1946. Neun Monate nach dem Beginn des Verfahrens stellte die Abgeordnetenkammer gegen drei der Richter (der vierte war bereits zurückgetreten) einen Misstrauensantrag. Der Senat stimmte dem Antrag zu, wonach Perón vier neue Richter ernannte. Die Schwächung des Gerichts bewirkte, dass Perón keinen politischen Kontrollen mehr unterlag. Nun konnte er uneingeschränkte Macht ausüben, ähnlich wie die Militärregime Argentiniens vor und nach seiner Präsidentschaft. Beispielsweise befanden seine neu berufenen Richter, dass die Verurteilung von Ricardo Balbín, dem Chef der Radikalen Partei und dem Hauptvertreter der Opposition, wegen Missachtung Peróns rechtmäßig gewesen sei. Dadurch herrschte Perón nun im Grunde als Diktator.
Nachdem Perón den Obersten Gerichtshof mit ihm willfährigen Kandidaten besetzt hatte, machte es sich jeder neue Präsident in Argentinien zur Regel, handverlesene Richter zu ernennen. Damit war eine politische Institution verschwunden, die eine gewisse Kontrolle über die Regierung hätte ausüben können. Peróns Regime wurde 1955 durch einen weiteren Putsch gestürzt, und danach kam es zu einer langen Reihe einander abwechselnder Militär- und Zivilregierungen. Alle wählten sich ihre eigenen Richter aus, und die ab 1989 folgenden demokratischen Regierungen taten es ihnen nach.
1989 trat Carlos Saúl Menem von der
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