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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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einzuführen, sondern die Herrschaft an sich zu reißen und einer Gruppe auf Kosten aller anderen zu Reichtum zu verhelfen. In Angola, in Burundi, im Tschad, an der Elfenbeinküste, in der Demokratischen Republik Kongo, im Sudan, in Äthiopien, Liberia, Mosambik, Nigeria, der Republik Kongo-Brazzaville, Ruanda, Somalia, Uganda und natürlich in Sierra Leone schlugen diese Bestrebungen in blutige Bürgerkriege um, die den wirtschaftlichen Ruin und beispielloses menschliches Leid sowie das Scheitern des Staates nach sich zogen.

Von der encomienda zum Landraub
    Am 14. Januar 1993 wurde Ramiro de León Carpío als Präsident von Guatemala vereidigt. Er ernannte Richard Aitkenhead Castillo zu seinem Finanz- und Ricardo Castillo Sinibaldi zu seinem Entwicklungsminister. Diese drei Männer hatten etwas gemeinsam: Alle waren direkte Nachfahren der spanischen Konquistadoren, die im frühen 16. Jahrhundert nach Guatemala gekommen waren. De Leóns berühmter Ahne war Juan De León Cardona, und die Castillos waren mit Bernal Díaz del Castillo verwandt, der einen der bekanntesten Augenzeugenberichte über die Eroberung Mexikos geschrieben hatte. Zur Belohnung für die Dienste, die er Hernán Cortés geleistet hatte, wurde Díaz del Castillo zum Gouverneur von Santiago de los Caballeros ernannt, der heutigen Stadt Antigua in Guatemala. Castillo und de León gründeten Dynastien, ebenso wie andere Konquistadoren, etwa Pedro de Alvarado. Die guatemaltekische Soziologin Marta Casaús Arzú identifizierte eine Kerngruppe von zweiundzwanzig Familien in Guatemala, die durch Eheschließung mit weiteren sechsundzwanzig Familien verbunden sind. Auf diese Familien konzentriert sich seit 1531 die wirtschaftliche und politische Macht in Guatemala. Auch wenn man weitere Familien zur Machtelite hinzuzählte, machten sie in den 1990er Jahren wenig mehr als ein Prozent der Bevölkerung aus.
    In Sierra Leone und in einem großen Teil des subsaharischen Afrika ging der Teufelskreis darauf zurück, dass die von den Kolonialmächten eingerichteten extraktiven Institutionen nach der Unabhängigkeit von den neuen Regierungen übernommen wurden. In Guatemala, wie in den meisten Teilen Zentralamerikas, haben wir es mit einer schlichteren, nackteren Form des Teufelskreises zu tun: Die wirtschaftlichen und politischen Machthaber gestalten die Institutionen so, dass sie die Fortdauer ihrer Macht sicherstellen sollen, und sie sind erfolgreich damit. Diese Art des Teufelskreises führt zur Langlebigkeit der extraktiven Institutionen, der machthabenden Eliten und der wirtschaftlichen Unterentwicklung.
    Zur Zeit seiner Eroberung war Guatemala dicht besiedelt und hatte wahrscheinlich eine Bevölkerung von rund 2 Millionen Maya. Krankheiten und physische Ausbeutung forderten, wie überall in Amerika, einen hohen Tribut, und erst in den 1920er Jahren kehrte die Bevölkerungszahl auf ihr ursprüngliches Niveau zurück. Wie in allen spanischen Kolonien wurden die Ureinwohner den Konquistadoren in Form von encomiendas zugewiesen. Wie im Zusammenhang mit der Kolonisierung Mexikos und Perus dargestellt, war die encomienda ein System der Zwangsarbeit, das später von ähnlichen Institutionen abgelöst wurde, insbesondere vom repartimiento , das man in Guatemala auch mandamiento nannte. Die herrschende Elite, die aus den Nachfahren der Konquistadoren und einigen Einheimischen bestand, profitierte nicht nur von den verschiedenen Zwangsarbeitssystemen, sondern sie überwachte und monopolisierte zudem den Handel mit Hilfe einer Kaufmannsgilde namens Consulado de Comercio.
    Die meisten Einwohner Guatemalas hielten sich hoch in den Bergen und weit entfernt von der Küste auf. Die hohen Transportkosten verringerten die Ausfuhren. Anfangs war aber auch Grund und Boden nicht sehr wertvoll. Er befand sich überwiegend noch in den Händen der indigenen Völker, die über kommunalen Landbesitz, ejidos , verfügten. Der übrige Boden war zumeist unbesiedelt und gehörte nominell der Regierung. Auch wenn sie kümmerlich waren, konnte man höhere Gewinne durch die Kontrolle und Besteuerung des Handels erzielen als durch Landbesitz.
    Wie die mexikanische lehnte auch die guatemaltekische Elite die Verfassung von Cádiz ab, weshalb sie ebenfalls die Unabhängigkeit erklärte. Nach einer kurzen Vereinigung mit Mexiko und der Zentralamerikanischen Föderation beherrschte die Kolonialelite Guatemala von 1839 bis 1871 unter der Diktatur von Rafael Carrera. In dieser Zeit hielten die

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