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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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Nachfahren der Konquistadoren und die indigenen Führer die extraktiven Wirtschaftsinstitutionen der Kolonialzeit fast unverändert aufrecht. Nicht einmal die Organisationsstruktur des Consulado wandelte sich mit der Unabhängigkeit. Obwohl eine königliche Institution, bestand es auch unter der republikanischen Regierung weiter.
    Die Erringung der Unabhängigkeit verdankte sich also, wie in Mexiko, einer Art Putsch der bestehenden lokalen Elite, welche die extraktiven Wirtschaftsinstitutionen, aus denen sie so großen Nutzen zog, beibehielt. Paradoxerweise war das Consulado auch weiterhin für die Wirtschaftsentwicklung des Landes zuständig. Aber wie vor der Unabhängigkeit hatte es seine eigenen Interessen im Auge, die nicht mit denen des Landes übereinstimmten. Unter anderem war das Consulado für die Infrastruktur, zum Beispiel für Häfen und Straßen, verantwortlich, doch wie in Österreich-Ungarn, Russland und Sierra Leone hätte die hierdurch drohende schöpferische Zerstörung das System destabilisieren können. Folglich wurde der Ausbau der Infrastruktur nicht in Angriff genommen und in vielen Fällen rundum abgelehnt. Zum Beispiel gehörte der Bau eines Hafens an der pazifischen Küste von Suchitepéquez zu den vorgesehenen Projekten. Damals lagen die einzigen funktionsfähigen Häfen an der Karibikküste und wurden vom Consulado kontrolliert. An der Pazifikküste blieb es untätig, weil ein Hafen in jener Region eine leichtere Anlaufstätte für Güter aus den Hochlandorten Mazatenango und Quezaltenango geboten hätte. Hätte man diese Güter zu einem anderen Markt befördern können, wäre das Außenhandelsmonopol des Consulado geschwächt worden.
    Die gleiche Logik galt für den Straßenbau, und auch hier war das Consulado für das gesamte Land zuständig. Wie nicht verwundern wird, weigerte es sich, Straßen bauen zu lassen, durch die Wettbewerber gestärkt und das eigene Monopol gefährdet worden wären. Der Druck, Straßenverbindungen herzustellen, ging wiederum vom westlichen Guatemala und Quezaltenango in der Region Los Altos aus. Doch hätte man die Straße zwischen Los Altos und der Küste von Suchitepéquez verbessert, wäre vielleicht eine neue Händlerschicht entstanden, die mit den Consulado-Kaufleuten in der Hauptstadt konkurriert hätte. Folglich wurde die Straße nicht ausgebaut.
    Durch die Vorherrschaft der Elite verharrte Guatemala in einer Zeitschleife in der Mitte des 19. Jahrhunderts, während die übrige Welt rasch voranschritt. Die dortigen Veränderungen sollten sich jedoch letztlich auch auf Guatemala auswirken. Die Transportkosten sanken infolge technologischer Innovationen wie der Eisenbahn und viel schnellerer Schiffstypen. Außerdem entstand durch die steigenden Einkommen der Menschen in Westeuropa und Nordamerika eine Massennachfrage nach zahlreichen Produkten, die ein Land wie Guatemala produzieren konnte.
    Zu Beginn des Jahrhunderts hatte man eine gewisse Menge der natürlichen Farbstoffe Indigo und Koschenille exportiert, doch der Anbau von Kaffee sollte profitablere Möglichkeiten bieten. Guatemala hatte eine Menge Land, das sich für den Anbau eignete, und die Kaffeeplantagen griffen um sich, allerdings ohne Unterstützung von Seiten des Consulado. Da der Kaffeeweltpreis stieg und der internationale Handel damit zunahm, ließen sich Riesengewinne erzielen, weshalb die Elite von Guatemala ein Interesse am Kaffee entwickelte.
    1871 wurde das langjährige Regime des Diktators Carrera endlich durch eine Gruppe von Personen gestürzt, die sich nach der gleichnamigen weltweiten Bewegung als Liberale bezeichneten. Die Bedeutung des Begriffs Liberalismus hat sich im Lauf der Zeit geändert, und im 19. Jahrhundert entsprach er in den Vereinigten Staaten und in Europa etwa dem, was heute Libertarismus genannt wird. Er stand für die Freiheit des Individuums, den freien Handel und die Beschränkung des Staates. In Guatemala sahen die Dinge allerdings ein wenig anders aus. Die dortigen Liberalen, zunächst angeführt von Miguel Garcia Granados und nach 1873 von Justo Rufino Barrios, waren überwiegend keine neuen Männer mit liberalen Idealen. Weitgehend blieben die gleichen Familien an der Macht. Sie behielten die extraktiven politischen Institutionen bei und organisierten die Wirtschaft radikal um, um den Kaffeeanbau optimal zu nutzen. Zwar schafften sie 1871 das Consulado ab, doch die ökonomischen Umstände hatten sich geändert. Die extraktiven Wirtschaftsinstitutionen

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