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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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Alabama den Black Code, der einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Unterdrückung schwarzer Arbeitskräfte darstellt. Ähnlich wie das Dekret 177 in Guatemala bestand der Black Code von Alabama aus Gesetzen gegen die Landstreicherei und gegen die Abwerbung von Arbeitern. Diese Einschränkung der Mobilität und des Wettbewerbs auf dem Arbeitsmarkt sollte sicherstellen, dass südstaatliche Plantagenbesitzer weiterhin auf genügend billige Arbeitskräfte zugreifen konnten.
    Nach dem Bürgerkrieg kam es zwischen 1865 und 1877 zur Wiedereingliederungsphase – »Reconstruction« – der Südstaaten. Nördliche Politiker konnten mit Hilfe der Unionsarmee einige soziale Veränderungen herbeiführen, doch durch eine systematische Gegenreaktion der südlichen Elite, welche die sogenannten Redeemer (»Erlöser«) unterstützte, wurden die alten Verhältnisse wiederhergestellt. Bei der Präsidentschaftswahl von 1877 benötigte Rutherford Hayes südstaatliche Stimmen im Electoral College oder Wahlmännerkollegium. Dieses noch heute existierende Kollegium ist für die von der US-Verfassung vorgesehene indirekte Wahl des Präsidenten entscheidend. Die Bürger stimmen für Wahlmänner, die dann im Electoral College den Präsidenten wählen. Als Gegenleistung für ihre Unterstützung im Electoral College verlangten die Südstaatler den Abzug der Unionssoldaten und die Nichteinmischung des Nordens in ihre Angelegenheiten. Hayes erklärte sich einverstanden. Nachdem er mit Hilfe des Südens gewählt worden war, zog er die Soldaten ab. Nach 1877 gewannen die bereits in der Zeit vor dem Krieg herrschenden Plantagenbesitzer ihre alte Stärke weitgehend zurück. Man führte neue Kopfsteuern sowie Lese- und Schreibtests ein, durch die Schwarze – und häufig auch die arme weiße Bevölkerung – ihres Wahlrechts beraubt wurden. So entstand ein Ein-Parteien-Regime unter der Demokratischen Partei, wobei die politische Macht überwiegend in den Händen der Elite der Plantagenbesitzer lag.
    Die Jim-Crow-Gesetze hatten zur Folge, dass separate – und selbstverständlich minderwertige – Schulen eingerichtet wurden. Dazu änderte man zum Beispiel in Alabama im Jahr 1901 die Verfassung. Empörenderweise heißt es noch heute in Abschnitt 256, der allerdings nicht mehr angewendet wird:
    Die Legislative sollte überall im Staat zum Nutzen der ihm angehörenden Kinder zwischen sieben und einundzwanzig Jahren ein großzügiges System öffentlicher Schulen einrichten, organisieren und aufrechterhalten. … Es werden getrennte Schulen für weiße und farbige Kinder bereitgestellt, und keinem Kind ist es gestattet, eine Schule der anderen Rasse zu besuchen.
    Ein Antrag zur Streichung von Abschnitt 256 aus der Verfassung wurde im Jahr 2004 vom Landesparlament mit knapper Mehrheit abgewiesen.
    Durch den Entzug des Wahlrechts, durch die Gesetze gegen die Landstreicherei wie den Black Code von Alabama, durch verschiedene Jim-Crow-Gesetze und die Aktionen des Ku-Klux-Klan, der häufig von der Elite finanziert wurde, verwandelte sich der Süden nach dem Bürgerkrieg in eine Apartheidgesellschaft, in der Schwarze und Weiße ein gänzlich unterschiedliches Leben führten. Wie in Südafrika hatten solche Gesetze und Praktiken das Ziel, über die schwarze Bevölkerung und die von ihr geleistete Arbeit zu bestimmen.
    Die Südstaatenpolitiker wirkten auch in Washington darauf hin, dass die extraktiven Institutionen in ihrer Heimat weiterexistieren konnten. Beispielsweise sorgten sie dafür, dass man keine Bundesprojekte oder öffentliche Bauvorhaben billigte, durch welche die Macht der Südstaaten-Elite über die schwarzen Arbeitskräfte hätte gefährdet werden können. Folglich war der Süden am Anfang des 20. Jahrhunderts eine weitgehend ländliche Gesellschaft mit niedrigem Ausbildungsniveau und einer rückständigen Technologie, denn man verzichtete fast ganz auf mechanische Geräte und verließ sich immer noch auf Handarbeit und Maultierkraft. Zwar erhöhte sich der Prozentsatz der Stadtbewohner, doch er blieb weit niedriger als im Norden. So waren im Jahr 1900 13,5 Prozent der Bevölkerung des Südens urbanisiert, gegenüber 60 Prozent im Nordosten.
    Die auf der Macht der Grundbesitzer, auf der Plantagenwirtschaft und auf schlecht bezahlten, minimal ausgebildeten Arbeitskräften basierenden extraktiven Institutionen der Südstaaten blieben bis weit ins 20. Jahrhundert bestehen. Diese Institutionen erodierten erst nach dem Zweiten

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