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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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unvermeidlich, sondern eine Folge der Kräfte, in denen sich der Teufelskreis widerspiegelt: Die politischen Institutionen in Kolumbien schaffen keinen Anreiz für die Politiker, überall im Land für funktionierende öffentliche Dienstleistungen sowie für Recht und Ordnung zu sorgen, und sie hindern die Politiker nicht daran, direkte oder indirekte Geschäfte mit Paramilitärs und Gangstern zu machen.

El Corralito
    Argentinien wurde Ende 2001 von einer Wirtschaftskrise erschüttert. Seit drei Jahren waren die Einkommen gefallen, die Arbeitslosigkeit war gestiegen, und das Land hatte massive internationale Schulden angehäuft. Diese Situation wurde durch die Maßnahmen verursacht, die Carlos Menems Regierung 1989 eingeleitet hatte, um die Hyperinflation zu stoppen und die Wirtschaft zu stabilisieren. Immerhin eine Zeitlang mit Erfolg.
    1991 koppelte Menem den argentinischen Peso an den amerikanischen Dollar. Ein Peso wurde offiziell mit einem Dollar gleichgesetzt, und der Wechselkurs durfte sich nicht ändern – basta. Wirklich? Um die Menschen davon zu überzeugen, dass die Regierung das Gesetz befolgen wollte, bewog man sie, Dollarkonten zu eröffnen. In den Läden von Buenos Aires durfte mit Dollars bezahlt werden, die überall in der Stadt aus den Bankautomaten gezogen werden konnten. Diese Aktion trug tatsächlich dazu bei, die Wirtschaft zu stabilisieren, doch sie hatte einen großen Nachteil: Argentinische Exporte wurden sehr teuer und ausländische Importe sehr billig. Daraufhin versiegten die Exporte, während die Importe überhandnahmen und nur mit Krediten bezahlt werden konnten. Es war eine unhaltbare Situation. Immer mehr Menschen machten sich Sorgen um die Überlebensfähigkeit des Pesos und zahlten immer mehr Geld auf ihre Dollarkonten ein. Schließlich waren sie nun durch Dollarkonten abgesichert, falls die Regierung beschloss, das Gesetz aufzuheben und den Peso abzuwerten, stimmt’s? Die Bürger machten sich zu Recht Sorgen um den Peso, aber sie waren zu optimistisch, was ihre Dollars betraf.
    Am 1. Dezember 2001 fror die Regierung sämtliche Bankkonten für zunächst 90 Tage ein. Nur eine kleine Bargeldmenge durfte wöchentlich abgehoben werden: zuerst 250 Pesos, die immer noch 250 Dollar wert waren, und dann 300 Pesos; allerdings durften diese Abhebungen nur von Pesokonten erfolgen. Niemand konnte Geld von seinem Dollarkonto abheben, es sei denn, er erklärte sich bereit, die Dollars in Pesos umzutauschen. Dies lehnten alle ab. Die Argentinier bezeichneten die Situation als »El Corralito« (»kleiner Korral«), da die Sparer wie Kühe in einem Korral eingesperrt waren.
    Im Januar fand die Abwertung endlich statt, und plötzlich bekam man für einen Peso nur noch einen Vierteldollar. Damit hätten sich diejenigen, die ihre Ersparnisse in Dollars angelegt hatten, gerechtfertigt fühlen sollen, doch die Regierung konvertierte nun sämtliche Dollar- in Pesokonten, allerdings zu dem alten Wechselkurs von eins zu eins. Wer 1000 Dollar gespart hatte, bekam 1000 Pesos mit einem Gegenwert von nur noch 250 Dollar. Die Regierung hatte drei Viertel der Volksersparnisse enteignet.
    Für Ökonomen ist Argentinien ein verwirrendes Land. Um zu veranschaulichen, wie schwierig es sei, die dortigen Verhältnisse zu verstehen, bemerkte der Nobelpreisträger Simon Kuznets einmal, es gebe vier Arten von Ländern: entwickelte, unterentwickelte, Japan und Argentinien. Zu dieser Meinung gelangte er, weil Argentinien zur Zeit des Ersten Weltkriegs einer der reichsten Staaten der Welt war. Dann begann es gegenüber den anderen reichen Ländern in Westeuropa und Nordamerika einen stetigen Abstieg, der in den 1970er und 1980er Jahren zu einer Talfahrt wurde. Auf den ersten Blick ist die Wirtschaftsleistung Argentiniens tatsächlich verwirrend, doch die Gründe für den Verfall werden deutlicher, wenn man den Staat unter dem Aspekt inklusiver und extraktiver Institutionen betrachtet.
    Zwar erlebte Argentinien vor 1914 rund fünfzig Jahre wirtschaftlichen Wachstums, aber es handelte sich um einen klassischen Fall des Zuwachses unter extraktiven Institutionen. Damals wurde es von einer kleinen Elite regiert, die stark in die Agrar-Exportwirtschaft investierte. Die Wirtschaft gedieh durch die Ausfuhr von Rindfleisch, Leder und Getreide, da die Weltmarktpreise für diese Produkte boomten. Wie in allen derartigen Fällen von Wachstum unter extraktiven Institutionen wurde es jedoch weder von schöpferischer Zerstörung

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